2023, Folge 75–78

  • Folge 75
    Bücherfrühling in Leipzig. Auf der Messe diskutiert Gert Scobel mit den Literaturexpertinnen Barbara Vinken, Sandra Kegel und Katrin Schumacher über ausgewählte neue Romane. Und selten war Lesen so relevant! In Zeiten von Krisen können Bücher für Klarheit sorgen, Gegenentwürfe und Bewältigungsstrategien liefern. Oder sie bereiten der Leserin und dem Leser einfach nur eine gute Zeit. Die „Buchzeit“ hat die Frühjahrsproduktion der Verlage vorsortiert und eine Auswahl getroffen: Vier Romane werden vorgestellt und diskutiert. Dazu gibt es persönliche Lesetipps vom Expertenteam.
    Ruben Blum ist Historiker an einem College der Ostküste. Vom Dekan der Universität wird er dazu verdonnert, einen Bewerber um eine Professur zu betreuen. Benzion Netanjahu ist, wie Blum, Historiker und Jude und der Vater des heutigen Ministerpräsidenten Israels. Die Betreuung dieses Gastes und seiner Familie entwickelt sich für Ruben Blum zu einem wahren Albtraum. Für seinen satirischen Roman über jüdische Identitätsfragen, „Die Netanjahus“, wurde Joshua Cohen 2022 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet.
    Über 50 Jahre teilt die Schriftstellerin Helga Schubert ihr Leben mit ihrem Mann. Seit einigen Jahren ist er ein Pflegefall, dement und muss palliativ betreut werden. Immer an seiner Seite ist sie, reflektiert ihr gemeinsames Leben, ihre Verzweiflung und Einsamkeit, aber auch die kleinen Freuden, die bleiben, die Bedeutung von Liebe: „Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe“.
    Salman Rushdie entführt seine Leserinnen und Leser in seinem jüngsten Roman „Victory City“ nach Südindien ins 14. Jahrhundert. Das Waisenmädchen Pampa Kampana wird im Alter von neun Jahren von einer Göttin dazu auserkoren, aus einer Handvoll Samen eine Stadt zu gründen. Pampa Kampana erschafft ein Reich, in dem Frauen das Geschehen dirigieren und gleichberechtigt leben. Ein hedonistisches Reich, das auf ein tragisches Ende zusteuert.
    Wer weiß schon, dass der Luftkurort Davos ein Vorbild hat: Umgeben von niederschlesischen Bergen ist das kleine Görbersdorf das erste Sanatorium für Tuberkulosekranke. Der junge Student Mieczyslaw Wojnicz aus Lemberg erhofft sich dort Linderung oder Heilung seiner Schwindsucht. Kranke aus ganz Europa kommen im Sanatorium zusammen und diskutieren miteinander die drängenden Fragen der Zeit. Schnell wird Wojnicz aber auch mit mysteriösen Todesfällen konfrontiert und mit dunklen Mächten, die es vielleicht auch auf ihn abgesehen haben. „Empusion“ ist eine „natur(un)heilkundliche Schauergeschichte“ und eine Hommage der Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk an Thomas Mann. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.04.20233sat
  • Folge 76 (58 Min.)
    Der Sommer steht vor der Tür – und mit ihm die Ferienwochen. Zeit für gute Bücher! Das Team der „Buchzeit“ empfiehlt Lektüre für den Reisekoffer oder den heimischen Büchertisch.
    Die Literaturexpertinnen Barbara Vinken, Sandra Kegel und Katrin Schumacher diskutieren mit Gert Scobel über Bücher und so manche existenzielle Frage des Lebens an sich. Das Gespräch wird in der „CADORO“ aufgezeichnet, dem Mainzer Zentrum für Kunst und Wissenschaft.
    Laure ist Dozentin an einer Pariser Universität, verheiratet und Mutter zweier Töchter. Clément ist Single, verdient sein Geld in der Finanzwelt und joggt privat gerne am Seine-Ufer. Beider Leben ist gut eingerichtet – und doch auch irgendwie erstarrt. Als die große Leidenschaft zwischen ihnen ausbricht, geraten ihre Welten außer Kontrolle. Maria Pourchet legt mit „Feuer“ einen Roman vor, der die Komplexität unserer Liebes- und Lebensvorstellungen beschreibt. „Feuer“ war 2021 nominiert für den „Prix Goncourt“.
    Auch John Maxwell Coetzee widmet sich Fragen der Liebe. Ein gealterter, spröder Pianist aus Polen gibt ein Konzert in Barcelona. Dort soll sich die Gesellschaftsdame Beatriz als Gastgeberin um ihn kümmern. Sie weiß weder mit dem Mann noch mit seiner Kunst viel anzufangen, und dennoch kann sie sich seinen Avancen auf Dauer nicht entziehen. Der Beginn einer kurzen Liebesgeschichte, die von beiden höchst unterschiedlich erlebt wird. Der Titel des Romans: „Der Pole“.
    Tatiana Țîbuleac ist Moldawierin, lebt in Paris und schreibt auf Rumänisch. Ihr jüngster Roman „Der Garten aus Glas“ entführt seine Leserinnen und Leser in die 1980er- und 1990er-Jahre nach Moldawien. Das junge Mädchen Lastotschka wächst dort in der trostlosen Ärmlichkeit eines Waisenhauses auf. Die meiste Zeit verbringt sie mit dem Sammeln von Flaschen. Dem willensstarken Mädchen gelingt das Wunder des gesellschaftlichen Aufstiegs. Als Chefärztin denkt sie zurück an die Menschen, die sie prägten und ihr den Weg aus der Armut möglich machten.
    Im Jahr 2003 findet die Mutter der Schriftstellerin Anne Berest zwischen den Neujahrswünschen eine Postkarte, darauf die Namen von vier Angehörigen, die in Auschwitz ermordet wurden, nichts sonst. Anne Berests Mutter beginnt, in der Familiengeschichte zu recherchieren, eine Arbeit, die ihre Tochter fortsetzt. „Die Postkarte“ ist ein tief berührender Roman über die Geschichte einer jüdischen Familie, die überall in Europa letztlich auf Antisemitismus stößt und in der es am Ende nur eine Überlebende geben wird – Anne Berests Großmutter Myriam. Ein Roman, der auch die Frage stellt, was es heute bedeutet, als jüdischer Mensch in Europa zu leben. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.07.20233sat
  • Folge 77 (60 Min.)
    Auf der Frankfurter Buchmesse diskutiert das Team der „Buchzeit“ vier neue Romane, in denen Wagemutige Grenzen überschreiten. Eine Sendung von der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat. Provozieren, Tabus brechen, gesellschaftliche Schranken ignorieren: Wer Grenzen überschreitet, geht Risiken ein. Die Literaturexpertinnen Barbara Vinken, Sandra Kegel und Katrin Schumacher diskutieren mit Gert Scobel neue Literatur über das Spiel mit Grenzen. 30 Jahre arbeitete Louise Kennedy aus Belfast als Köchin. Dann veröffentlichte sie einen Band mit Shortstorys, der von Kritik und Publikum gefeiert wurde. „Übertretung“ ist ihr Romandebut.
    Darin verliebt sich Cushla Lavery, eine katholische Grundschullehrerin, deren Familie ein Pub betreibt, in einen verheirateten Mann. Aber nicht nur das, er ist zudem Protestant. Das alles geschieht in Belfast im Jahr 1975, der Bürgerkrieg erlebt einen blutigen Höhepunkt. „Hund 51“ heißt der neue Roman von Laurent Gaudé, eine dystopische Zukunftsvision: GoldTex ist ein Konzern, der kaputte Länder aufkauft. Darunter auch Griechenland, das wegen der Hitzeentwicklung fast nicht mehr bewohnbar ist. So gelangt der Grieche Zem Sparak in die Megastadt von Goldtex, die in Zonen aufgeteilt ist.
    Reiche leben dort geschützt unter einer Kuppel, Arme in Zone drei unter saurem Regen. Als Polizist ermittelt Sparak in Sachen Organhandel und Mord – und überschreitet dabei manche Grenze. Ivy Lins Familie ist aus China nach Amerika eingewandert und arbeitet sich langsam und mühevoll aus dem gesellschaftlichen Nichts heraus. Ivy begeistert sich früh für die Annehmlichkeiten des Reichtums, den sie bei Verwandten und den Eltern von Freunden erfährt. Im Kampf um gesellschaftliche Anerkennung und Aufstieg ist ihr so manches Mittel recht. „Die kleinen Lügen der Ivy Lin“ ist der Titel des Romandebüts von Susie Yang, die selbst in China geboren wurde und als Kind in die USA kam.
    „Lichtspiel“ heißt der neue Roman des Erfolgsautors Daniel Kehlmann. Sein Protagonist ist der gefeierte österreichische Filmregisseur G. W. Pabst, ein Star seiner Szene. Als die Nationalsozialisten die Macht ergreifen, dreht er in Frankreich und emigriert von dort nach Amerika. Aber niemand kennt ihn dort, er kann sich nicht verwirklichen. Als er nach Österreich zurückkehrt, heißt sein Land „Ostmark“. Pabst glaubt, es müsse möglich sein, zu arbeiten und sich nicht zu verstricken, die eigenen moralischen Grenzen nicht zu überschreiten. Aber schon ruft der Propagandaminister nach ihm. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.10.20233sat
  • Folge 78 (65 Min.)
    Gert Scobel diskutiert mit den Literaturexpertinnen Barbara Vinken, Sandra Kegel und Katrin Schumacher über vier Neuerscheinungen. In der Weihnachtszeit wird besonders viel gelesen, und Romane aus dem aktuellen Sortiment sind begehrte Geschenke. In Filmen und Gesprächen werden Werke vorgestellt, die sich als Lektüre für die langen, dunklen Abende oder den Gabentisch eignen. Wie es aussehen könnte, wenn einige gebildete Mitsechziger eine Alters-WG gründen und aus der Großstadt aufs Land ziehen, beschreibt die renommierte deutsche Autorin Monika Maron in ihrem jüngsten Roman „Das Haus“. Während des Bürgerkriegs erwacht ein Kriegsfotograf aus Sri Lanka plötzlich im Jenseits.
    Aber wer hat ihn umgebracht – und warum? Es bleiben ihm genau sieben Tage, um das herauszufinden. „Die sieben Monde des Maali Almeida“ von Shehan Karunatilaka wurde 2022 mit dem „Booker Prize“ ausgezeichnet. Um das Leben und den Tod und die wahre Urheberschaft der Quantentheorie geht es in „Singularitäten“, dem jüngsten Roman des irischen Autors und „Booker Prize“-Trägers John Banville. Vor 30 Jahren hat die Malerin Johanna den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen. Als sie in ihre norwegische Heimatstadt zurückkehrt, beginnt ein psychologisch spannender Prozess der Aufarbeitung. „Die Wahrheiten meiner Mutter“ ist der jüngste Roman von Vigdis Hjorth, eine der meistrezipierten Autorinnen Norwegens. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.12.20233sat

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