2016, Folge 193–217

  • Folge 193 (60 Min.)
    Scheiden tut weh: Gert Scobel und seine Gäste beleuchten die Gründe für Trennungen und gehen der Frage nach, wie sie seelisch, ökonomisch und juristisch gut bewältigt werden können. In Deutschland scheitert jede dritte Ehe, in anderen europäischen Ländern wie Belgien oder Spanien sogar mehr als jede zweite. Die durchschnittliche Dauer der 2014 in Deutschland geschiedenen Ehen betrug 14 Jahre und acht Monate. Etwa die Hälfte der Paare hatte Kinder. Trennungen können einvernehmlich, sie können aber auch mit Aggressionen und Schuldzuweisungen erfolgen. Nicht selten führen Kränkungen und Vorwürfe zu eskalierenden Interaktionen innerhalb des Familiensystems.
    In solchen Fällen können Beratungsgespräche und Mediationen hilfreich sein. Kinder sind besonders von den Trennungen betroffen, weil sie sich mitten in der schwierigen Phase der Persönlichkeitsentwicklung befinden und der Verlust eines Elternteils in der Regel nicht kompensiert werden kann. Hinzukommt, dass aufgrund eines Scheidungsverfahrens das Umgangs- und Sorgerecht sowie die Unterhaltszahlungen zu regeln sind. Welche Verhaltensmuster festigen Paarbeziehungen auch nach einer Trennung? Welche Strukturen und Störungen machen sie instabil? Gert Scobel und seine Gäste beleuchten sowohl die Gründe für Trennungen als auch die seelischen, ökonomischen und juristischen Folgen von Scheidungen.
    Trennung sind aber nicht nur Krisensituationen, sie bergen auch neue Chancen in sich. Den Beteiligten wird das meistens erst viel später bewusst. Der Literaturnobelpreisträger André Gide stellte fest: „So ist das Leben: Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich die andere. Die Tragik liegt darin, dass wir nach der geschlossenen Tür blicken, nicht nach der offenen.“ (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 14.01.20163sat
  • Folge 194 (60 Min.)
    Wie (un)erwünscht ist behindertes Leben in unserer Leistungsgesellschaft? 2016 soll der Praenatest, ein Gentest, flächendeckend als Kassenleistung angeboten werden. Der Test ermöglicht über die Analyse eines simplen Bluttropfens Informationen über bestimmte genetische Veränderungen eines ungeborenen Lebens. Ist unsere Leistungsgesellschaft moralisch darauf vorbereitet, mit den möglichen Diagnosen umzugehen? Ab 2016 soll der Praenatest flächendeckend als Kassenleistung in Deutschland eingeführt werden. Aufgrund seiner unbestrittenen Vorteile ersetzt er die mit Risiken behaftete Fruchtwasseruntersuchung.
    Doch sind wir ethisch vorbereitet auf immer umfassendere Informationen über das noch ungeborene Leben? Neun von zehn Föten mit Trisomie 21-Diagnose werden in Deutschland abgetrieben. Nur 30 Prozent der Kinder mit der gefürchteten Diagnose „offener Rücken“ werden ausgetragen, obwohl Pränatal-Chirurgen in Leistungszentren erstaunliche Erfolge erzielen. Die Operation des Fötus im Mutterleib mildert die Symptomatik der Erkrankung nachgeburtlich nachweislich ganz erheblich ab. Dennoch wird es den Operateuren nicht leicht gemacht, ihre innovative Technik anzuwenden.
    Mit der zunehmenden Verbreitung von Gentests als Regel-Kassenleistung stellt sich die Frage, ob allein die Diagnosemöglichkeit nicht zu einer noch größeren vorgeburtlichen Auslese führen wird. Bereits jetzt lassen sich Auswüchse und Missbrauch der leichteren vorgeburtlichen Analyse nachweisen. Laut einer Studie des UN-Bevölkerungsfonds wird die mit den Tests verbundene Möglichkeit der Geschlechtsbestimmung in Albanien dazu verwendet, Mädchen gezielt abzutreiben. Fest steht, dass Deutschland in Sachen Inklusion nach wie vor wenig Engagement und Erfolge verzeichnet. Zwar hat Deutschland 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet.
    Bei der Überprüfung der Umsetzung durch die UNO aber erhielt es die „Schulnote“ Fünf. Wie wollen und werden wir zukünftig in unserer Gesellschaft mit Behinderungen umgehen? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über heikle Fragen: Werden Eltern von Kindern mit genetisch bedingten Behinderungen in Zukunft in die Situation geraten, sich rechtfertigen zu müssen? Wie vollkommen muss der Mensch in unserer Leistungsgesellschaft beschaffen sein, um als wertvoll angesehen zu werden? Wer entscheidet, wer leben darf und wer nicht und nach welchen Kriterien? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 21.01.20163sat
  • Folge 195 (60 Min.)
    Hanf, aus dem u.a. Cannabis gewonnen wird, gehört nicht nur zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit, sondern auch zu den medizinisch wirksamsten. Über sechs Jahrtausende war Hanf nicht nur Nahrungsmittel sondern auch ein ökonomisch wichtiger Lieferant für Fasern und Medizin. Gemeinsam mit seinen Gästen spricht Gert Scobel über die Geschichte von Cannabis und dessen Verbot. Hanf wurde in fast allen europäischen und asiatischen Ländern angebaut und stellte eine wichtige Rohstoffquelle für die Herstellung von Seilen, Segeltuch, Bekleidungstextilien, Papier und Ölprodukten dar.
    Die geschichtliche Bedeutung des Rohstoffes Hanf beruht vor allem auf der Nutzung der Faser als technisches Textil. In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts setzte die Marihuana-Prohibition die Produktion von Hanf unter Druck: In vielen Ländern der Erde wurde der Hanfanbau – unabhängig davon, ob es sich um Nutz- oder Drogenhanf handelte – verboten und ist es teilweise bis heute. Erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden in vielen Ländern die Anbauverbote für Nutzhanf aufgehoben.
    Heute findet Marihuana vermehrt Einsatz als medizinisches Therapeutikum. In der Forschung rückt das medizinische Potenzial von CBD, neben dem rauschauswirkenden THC ein weiteres Bestandteil von Cannabis, immer stärker ins Licht: sowohl in der Krebsforschung, etwa bei der Behandlung von Hirntumoren oder Brustkrebs, als auch bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, sowie in der kardiologischen Forschung. Bekannt und erprobt ist auch, dass Multiple Sklerose, Aids, Depressionen, das Glaukom und das Tourette-Syndrom erfolgreich mit Cannabis behandelt werden können.
    Bei 34 weiteren Krankheiten liegt es zudem sehr nahe, dass Cannabis positiv wirkt. Das Spektrum reicht von der Parkinson-Krankheit über Schlaganfall bis zu Anämie. In vielen Ländern der Erde wie z.B. in den USA oder in Israel werden mit Cannabis gute medizinische Erfolge erzielt. Trotzdem halten viele Staaten an einem Verbot von Cannabis fest. Denn der Gebrauch von Cannabis birgt auch Gefahren, insbeson-dere in der Pubertät. Die unmittelbaren Risiken des Konsums von Cannabis sind in erster Linie psychischer Natur.
    Problematisch ist die partielle Unvorhersehbarkeit der Wirkung, die stark von der Konstitution und psychischen Verfassung der Konsumenten abhängt. Selbst bei erfahrenen Konsumenten können sich bei hoher Dosierung unangenehme Wirkungen einstellen. Durch die Einnahme von Cannabis – besonders von hohen Dosen THC – können akute psychotische Symptome ausgelöst werden. Und regelmäßiger Cannabis-konsum kann zu einer psychischen und einer milden körperlichen Abhängigkeit führen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 28.01.20163sat
  • Folge 196 (60 Min.)
    Jährlich finden offiziellen Schätzungen und Statistiken zufolge 10.000 Transplantationen in China statt. 60 Prozent der transplantierten Organe sollen von hingerichteten Gefangenen stammen. Von Menschen, die unter fragwürdigen Umständen inhaftiert und nach Auftragslage ermordet wurden, um gut zahlenden Patienten das Leben zu verlängern. China hält mittlerweile Platz 2 in der weltweiten Transplantationsstatistik. Was in China unter den Augen der Weltöffentlichkeit geschieht, geschieht auch in vielen anderen Teilen der Welt. Der illegale Handel mit menschlichen Organen boomt.
    Er ist Teil eines gut organisierten kriminellen Systems: des globalisiertem Menschenhandels. Armut und Kriege leisten dieser Entwicklung massiv Vorschub. Doch was genau verbirgt sich hinter der Transplantationsmafia? Wie funktioniert ihr global arbeitendes System? Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass nicht nur krude Profitgier hinter den medizinisch getarnten Verbrechen steht, die nicht selten Ärzte begehen, die in Deutschland und anderen westlichen Ländern ausgebildet wurden. Die 3sat-Gesprächssendung „scobel“ dokumentiert Fakten und Zusammenhänge und zeigt, dass der Handel mit menschlichen Organen eine moderne Variante der Sklaverei ist, die zwar offiziell abgeschafft ist, sich aber ungeachtet dessen zu einem der lukrativsten international organisierten Verbrechen entwickelt.
    Außerdem geht „scobel“ der Frage nach, inwieweit Deutschland in diese skandalösen Zustände verstrickt ist, welche menschliche Grundhaltung dafür verantwortlich ist und ob Geld der entscheidende Faktor ist, dass diese besonders brutale Form von Sozialdarwinismus entstehen kann. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 18.02.20163sat
  • Folge 197 (60 Min.)
    Wie wirkt sich der Zustand der Meere weltweit auf Klima, Leben und die Weltgesellschaft aus? Wie gehen wir mit den Ressourcen der Weltmeere um? Welche Entscheidungen sind notwendig, damit die Ökosysteme nicht aus dem Gleichgewicht geraten? Stehen die Weltmeere vor dem Kollaps? Gert Scobel diskutiert die aktuelle Lage der Ozeane mit seinen Gästen. In Milliarden von Jahren entstand unser Wasserplanet. Heute besteht die Oberfläche der Erde zu über 70 Prozent aus Salzwasser. Die Ozeane sind gigantische, weit verzweigte Ökosysteme, die maßgeblich das Klima der Erde beeinflussen und Nahrungsmittel für Meerestiere und Menschen liefern.
    Doch mit dem Reichtum und den Leistungen der Weltmeere gehen die Bewohner des Festlandes kläglich um. Sie plündern die Fischbestände, verschmutzen die Meere mit Erdöl und Dünger, versenken gefährlichen Müll und belasten das Wasser mit Abgasen. Seit Jahren warnen Forscher vor den Gefahren einer Erwärmung und Versauerung des Wassers. Da immer mehr Kohlendioxid in die Luft gelangt und vom Meer aufgenommen wird, verändert sich der ph-Wert des Wassers und damit auch die Biomasse der Ozeane.
    Durch die Erderwärmung schmelzen Eisberge und die Unterwasserströmungen zwischen den Polen verändern ihre Temperaturen, was wiederum Auswirkungen auf das Klima des Festlandes hat. Schließlich führt die Überfischung dazu, dass die Nahrungsketten unterbrochen wird und die Artenvielfalt verlorengeht. Im Grunde spiegelt das Meer die Lebensweisen und Produktionsverfahren unser gesamten Gesellschaft. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 03.03.20163sat
  • Folge 198 (60 Min.)
    Zusammen mit seinen Gästen fragt Gert Scobel nach der Macht der Träume, wie man das Klarträumen erlernen und lehren kann und wie man zu einem bewussten Träumer wird. Der Schlaf dient der Erhaltung der körperlichen und psychischen Gesundheit. Eng verbunden mit dem Schlaf ist der Traum. In der Antike ging man noch davon aus, dass der Traum von Göttern gesandt und der Träumer den Traum passiv empfangen hat. Spätestens seit Sigmund Freud ist jedoch klar, dass Träumen kein passiver Zustand, sondern ein aktives Geschehen ist, das laut Freud vom Unterbewusstsein gesteuert wird.
    Inzwischen hat die empirische Traumforschung gezeigt, dass Träume eine entscheidende Funktion bei der Gedächtnisbildung und der Verarbeitung des Tagesgeschehens haben. In Träumen wird die im Wachzustand aufgenommene und nicht verarbeitete Information des Bewusstseins kanalisiert. Auf diese Weise kann sich das Bewusstsein vor der immensen Flut von Reizen schützen. Der Schlaf ist in verschiedene Phasen gegliedert, die unter anderem mit Hilfe des EEG, der Messung der Hirnstromaktivität, unterschieden werden können. Verschiedene Schlafphasen werden jede Nacht mehrmals durchlaufen.
    Dies gilt auch für den sogenannten REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), in dem sich die Augen schnell bewegen und das Gehirn sehr aktiv ist. Menschen, die im REM-Schlaf geweckt werden, können sich besonders häufig an Träume erinnern. Träume finden sowohl in den REM Phasen als auch in den NON REM Phasen statt. Forscher der Max-Planck-Institute für Bildungsforschung in Berlin und für Psychiatrie in München haben nun entdeckt, dass sogenannte Klarträumer wie ein Regisseur im eigenen Film ihre Erlebnisse lenken können. Menschen, die zum Klarträumen fähig sind, können sich ihre eigenen Träume bewusst machen und sogar aktiv beeinflussen.
    Klarträumer wissen, wenn sie träumen. Es gelingt ihnen dabei, belastende Träume zu verändern. Dieses sogenannte luzide Träumen scheint mit der Fähigkeit zusammenzuhängen, über das eigene Denken nachdenken zu können. Doch wie weit trägt der Eingriff der Metakognition, des Wissens über unser Wissen? Und wie verhalten sich Unbewusstes und metakognitive Fähigkeiten zueinander? Diese Fragen führen in das Herz der gegenwärtigen Diskussion über das Unbewusste, Träume und unsere Fähigkeit, das Bewusstsein durch Denken zu verändern. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 24.03.20163sat
  • Folge 199 (60 Min.)
    Die 3sat-Gesprächssendung „scobel“ stellt bargeldlose Zahlungssysteme vor und diskutiert den Wert des Bargeldes. Wer profitiert von den digitalen Zahlungsmitteln? Was wird aus den Banken? Welche Möglichkeiten bietet das virtuelle Geld den Bürgern? Wird das mobile Payment das Bargeld im nächsten Jahrzehnt verdrängen? Diese Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. „Cash ist fürchterlich teuer und ineffizient“, erklärte John Cryan beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos. Das Bargeld helfe Geldwäschern und anderen Kriminellen, behauptete der Chef der Deutschen Bank, deswegen werde es in den nächsten zehn Jahren verschwinden.
    Dieser Einschätzung widersprach der Bundesbankpräsident Jens Weidmann umgehend: „Bargeld wird auch in Zukunft einige Vorteile haben. Es ist unabhängig von einer elektronischen Infrastruktur und deren Ausfallrisiken. Außerdem sind Bargeldzahlungen einfach und schnell.“ Angeheizt wird die öffentliche Diskussion über das Bargeld auch durch Forderungen wie der Abschaffung des 500-Euro-Scheins oder eine Obergrenze für Barzahlungen. Mit diesen Maßnahmen versprechen sich die Befürworter mehr Sicherheit, weniger Kriminalität und einen Erfolg im Kampf gegen Terrorismus. Ist das Bargeld tatsächlich ein Medium, das uns bedroht und für instabile Verhältnisse sorgt? Oder bietet das generalisierte Tauschmittel vor allem Anonymität, Freiheit und Autonomie? Im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern, in denen bargeldlose Zahlungen schon sehr weit verbreitet sind, werden in Deutschland rund 80 Prozent der Ausgaben nach wie vor mit Bargeld beglichen.
    Die Deutschen hängen am Bargeld und wollen es am liebsten in ihrer eigenen Tasche selbst kontrollieren. Sie gelten als fleißige Sparer und gehen ungern Risiken ein. Doch finanzielle Rücklagen scheinen künftig durch Gebührenerhöhungen und angekündigte Minuszinsen ebenfalls an Bedeutung zu verlieren. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 31.03.20163sat
  • Folge 200 (60 Min.)
    In den letzten zwölf Monate haben Versuche, Zellen bis in die sogenannte Keimbahn hinein genetisch zu verändern, weltweit einen ungeheuren Schub erhalten. Die Ursache ist die erst vor drei Jahren entwickelte CRISPR-Technologie, die leicht anwendbar, äußerst preiswert und präzise ist. „scobel“ erklärt das Verfahren und erörtert mit Blick auf die Anwendungen in der Landwirtschaft seine Möglichkeiten und Gefahren. Tatsächlich war CRISPR auf dem Treffen der National Academy of Sciences Anfang 2016, an dem Hunderte von Wissenschaftlern teilnahmen, das dominante Thema. Das Verfahren bietet scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten der genetischen Veränderung von Pflanzen und Tieren, die eingesetzt werden können, um völlig neuartige und optimierte Nahrungsmittel zu „produzieren“.
    Daher sollen in einem ersten Schritt „alte“, mit herkömmlichen gentechnischen Mitteln oder durch Zucht veränderte Nahrungsmittel, verglichen werden mit den „neuen“, mithilfe von CRISPR erzeugten Pflanzen und Tieren, die als Lebensmittel dienen. Eine zentrale Frage ist dabei, ob es entweder aus genetischer Sicht oder aus der Perspektive des komplexen Zusammenspiels des gesamten Organismus Unterschiede zwischen natürlichen (etwa durch Zucht erzeugten) und künstlichen CRISPR-Nahrungsmitteln gibt.
    Anfang Februar 2016 wies James Clapper, der US-amerikanische Direktor der Geheimdienste, in seinem jährlichen Report über die Gefährlichkeit weltweiter technologischer Entwicklungen vor allem auf die CRISPR-Methode hin. Diese sei extrem präzise aber leicht anzuwenden. Deshalb gehe von ihr als einziger neuer Technologie aus geheimdienstlicher und militärischer Sicht das weitaus höchste Risiko aus mindestens vergleichbar den nordkoreanischen Atombomben. „scobel“ geht auch dieser Einschätzung nach und fragt, wie gefährlich die neue Technologie wirklich ist auch wenn sie unter dem Deckmantel der Abschaffung von Nahrungsmittelknappheit scheinbar bestens begründet erscheint.
    Immerhin erlaubt dieselbe Technik Eingriffe in die Keimbahn. Damit können nicht nur neuartige Bakterien und möglicherweise auch Viren, sondern auch Insekten oder Tiere aus dem Bereich der etablierten Viehzucht verändert werden. Diese Veränderungen können dann unmittelbar auf die nächste Generationen überspringen. Welche positiven Möglichkeiten ergeben sich daraus für Landwirtschaft und Viehzucht und welche Gefahren gehen von derartigen auch als Waffen einsetzbaren „Genprodukten“ aus? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 07.04.20163sat
  • Folge 201 (60 Min.)
    Die Gene, auch die des Menschen, sind inzwischen zu einem Ausgangsmaterial wissenschaftlicher Experimente geworden. Es stellt sich die Frage nach dem ethisch-moralischen Aspekt des Themas. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 14.04.20163sat
  • Folge 202 (60 Min.)
    Gerade in Bezug auf die weibliche Sexualität gibt es bis heute viele Mythen. Gert Scobel geht mit seinen Gästen der Frage nach, was feminine Lust heute ausmacht. Ein Mythos besagt, dass Frauen vor allem von der Aussicht auf eine „solide Beziehung“ stimuliert werden, weil sie beim Mann „echte Gefühle“ statt Sex suchen. Welche Behauptungen sind wissenschaftlich belegt und welche Meinung nicht, aber weit verbreitet? Gert Scobel geht mit seinen Gästen – der bekannten Sexualtherapeutin Ann-Marlene Henning, der Moderatorin der Sendereihe „Make Love“, dem Paartherapeuten und Sexualforscher Ulrich Clement und der Ethnologin Susanne Schröter – der Frage nach, was nach der „Pille für die Frau“ feminine Lust heute ausmacht.
    Was sind ihre physiologischen und psychologischen Voraussetzungen? Was fördert und was hemmt den weiblichen Geschlechtstrieb? Einer dieser Aspekte ist, dass der lebenszeitliche Entfaltungszeitpunkt sexueller Begierde bei Männern und Frauen weit auseinanderliegt. Hinzu kommt, dass trotz „sexueller Revolution“, sexueller Freizügigkeit in den Medien und allgegenwärtiger Pornografie – selbstbestimmte Sexualität für Frauen immer noch alles andere als selbstverständlich ist.
    Und das nicht nur im Islam oder anderen sexualrepressiven Kulturen: Aufs Ganze gesehen sind die meisten Frauen weltweit noch sehr weit davon entfernt, ihre eigene Lust ungehindert empfinden geschweige denn ausleben zu dürfen. Doch wer bestimmt über sie? Und wie sieht eine frei entfaltete weibliche Sexualität aus? Gert Scobel versucht in seiner Sendung, diese Fragen auf Grundlage heutiger wissenschaftlicher, psychologischer und gesellschaftlicher Bedingungen zu beantworten und wagt einen Ausblick in eine möglichst lustvolle Zukunft. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 21.04.20163sat
  • Folge 203 (60 Min.)
    Einem neuen lernfähigen Computersystem ist es gelungen, den Weltmeister im hochkomplexen Go-Spiel zu schlagen. Hierfür sind neben logischen Fähigkeiten auch in hohem Maße intuitive nötig. Was bedeutet dieser Sieg? Müssen wir unser Verhältnis zu künstlicher Intelligenz überdenken und in Zukunft auf eine neue ethische Basis stellen? Über diese Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. „Computer werden die Menschen mit künstlicher Intelligenz innerhalb der nächsten 100 Jahre überholen … wir müssen sicherstellen, dass sie Ziele verfolgen, die mit unseren abgestimmt sind“, mahnte Stephen Hawking auf einer Konferenz im Mai 2015. Knapp ein Jahr später gelingt es einem neu entwickelten Computersystem des IT-Entwicklers DeepMind erstmals einen Menschen im hochkomplexen Go-Spiel zu schlagen.
    Hierfür sind nicht mehr nur einfache logische Fähigkeiten nötig, sondern in hohem Maße auch intuitive. Für Experten stellt der Sieg über den derzeit weltbesten Go-Spieler einen Meilenstein dar. Neben den erstaunlichen Fortschritten in der Robotik hat nun auch die Erforschung sogenannter Künstlicher Intelligenz nach einer Ruhepause von 20 Jahren erheblich an Fahrt aufgenommen. Werden die Träume des Silicon Valley von autonomen, lernfähigen und „smarten“ Maschinen doch schneller wahr als gedacht? Die modernen Glücksritter im kalifornischen Silicon Valley, die bereits von der „Überspielung des Bewusstseins“ träumen, arbeiten auf Hochtouren daran, mit neuen, lernfähigen Algorithmen nicht nur gewaltige Datenmengen zu analysieren, sondern auch Computersysteme zu erschaffen, die diese selbstständig bewerten und deuten können.
    Wenn es Maschinen tatsächlich gelingen sollte, den sogenannten Turing Test zu bestehen: müssen diesen Maschinen dann nicht auch bestimmte Rechte eingeräumt werden? Brauchen wir nach Gen-Ethik und einer Tierethik nun auch eine „Ethik der Maschinen“? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 28.04.20163sat
  • Folge 204 (60 Min.)
    Unsere Gesellschaft scheint zunehmend zu verrohen. Aggressives, rücksichtsloses Verhalten zeigt sich in den verschiedensten Lebensbereichen wie im Sport oder im Straßenverkehr. Auch die Zahl an Gewalttaten steigt an: Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte haben sich laut BKA im Jahr 2015 verfünffacht. Gert Scobel geht mit seinen Gästen der Frage nach, wo die Ursachen für die Verrohung der Gesellschaft und für den Mangel an Empathie liegen. Die Kölner Oberbürgermeisterin wird von einem einzelnen Täter mit einem Messer lebensbedrohlich verletzt, weil ihm ihre Flüchtlingspolitik nicht passte. Auch in Gruppen ist es nicht anders: 30 Deutsche machten in Magdeburg auf syrische Flüchtlinge mit Baseballschlägern Jagd.
    Inzwischen geht es nicht nur um Verbalattacken, aggressive Beleidigungen und Morddrohungen im Internet, sondern um eine weithin sichtbare, offen ausgelebte Gewalt, die nur einen Schluss zulässt: es hat sich etwas Grundlegendes verändert. In der Anonymität der sozialen Netzwerke wird völlig skrupel- und schamlos gemobbt, beleidigt und gepöbelt. Shitstorms und Morddrohungen sind zur neuen Freizeitbeschäftigung geworden. Im Straßenverkehr wird gedrängelt, genötigt, gerast. Viele Verkehrsteilnehmer scheinen ihr Fahrzeug als Waffe zu betrachten.
    Aggressive Fahrweise ist der Grund für ein Drittel aller Unfälle im Straßenverkehr. Auch der Sport ist von der aggressiven Verrohung gezeichnet. Schiedsrichter, vor allem in den unteren Klassen, fühlen sich zunehmend bedroht und Gewalttätigkeiten ausgesetzt. 600 Spiele werden pro Jahr im Amateurbereich wegen gewalttätiger Ausschreitungen abgebrochen. In einem Freizeitbereich, in dem es doch um Entspannung und Freude gehen sollte. Gert Scobel geht mit seinen Gästen der Frage nach, wo die wahren Ursachen der Verrohung in Gesellschaft und Privatleben liegen und was ihnen entgegen gesetzt werden kann. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 19.05.20163sat
  • Folge 205 (60 Min.)
    Gert Scobel diskutiert Ursachen und Symptome von Autoimmunerkrankungen insbesondere den Umgang und die Behandlung von „Multiple Sklerose“ und „rheumatoider Arthritis“. Welche neuen Erkenntnisse gibt es? Wie sehen Forschungsperspektiven für den Irrtum im Immunsystem aus? Bei Autoimmunerkrankungen greift ein fehlgeleitetes Immunsystem das eigene, gesunde Gewebe an. Die Folgen sind oftmals chronische Entzündungen, funktionelle Störungen von Knochen, Gelenken und Organen sowie heftige Schmerzen. Wie kommt es eigentlich dazu, dass die Abwehrkräfte nicht fremde Erreger zerstören, sondern den eigenen Körper attackieren? Was löst diesen Irrtum im Immunsystem aus? In der „scobel“-Sendung werden Ursachen und Symptome von Autoimmunerkrankungen diskutiert.
    Dabei liegt der Schwerpunkt auf den beiden Krankheiten „Multiple Sklerose“ (MS) und „rheumatoide Arthritis“. Mit führenden Forschern auf dem Gebiet geht die Sendung der Frage nach, welche neuen Erkenntnisse es über die Entstehung von Autoimmunerkrankungen gibt. Diese treffen ja nicht nur MS und Rheuma-Patientinnen und Patienten, sondern noch viele weitere Menschen, die an einer Autoimmunkrankheit leiden.
    An Beispielen wird gezeigt, wie Ärzte/​Innen und Patienten/​Innen mit den Erkrankungen MS und Rheuma umgehen. Dabei wird auch geklärt, welche medizinischen Behandlungen derzeit Standard sind und was in Zukunft von der Forschung erwartet werden kann. Heilbar sind zurzeit weder MS noch Rheuma. Dennoch gibt es Medikamente, Ernährungsratschläge, Bewegungs- und alternative Therapieansätze, mit denen die Beeinträchtigung der Lebensqualität zumindest erträglich gemacht werden kann. „scobel“ zeigt in Filmbeiträgen vier Menschen, die sich intensiv und auf sehr persönliche Wese mit ihrer Krankheit beschäftigt haben.
    Sie schildern den Verlauf ihrer Erkrankung und sprechen über die Bewältigung ihrer alltäglichen Probleme. Im Anschluss daran wird Gert Scobel mit Experten ein Gespräch über die neuen Erkenntnisse in der Immunforschung führen und über die Behandlungsmöglichkeiten von MS und Rheuma. Teilnehmen an der Sendung werden die Rheumatologin Gabriela Riemekasten, der Neurologe Heinz Wiendl und der Humanbiologe und Immunforscher Hansjörg Schild. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung und der Zeitschrift „Gehirn und Geist“ in Frankfurt am Main statt. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 02.06.20163sat
  • Folge 206 (60 Min.)
    Gert Scobel und seine Gäste diskutieren über das neue Weißbuch der Bundesregierung, das im Sommer erscheinen soll. Wie wird die Bundeswehr den großen inneren und außenpolitischen Herausforderungen der Zukunft begegnen? Wie umgehen mit dem eklatanten Geld- und Nachwuchsmangel? Könnte eine europäische Armee diese Probleme lösen? Vor einem guten Jahr gab Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Startschuss zur Entwicklung einer neuen, grundlegenden Verteidigungsstrategie. Ein Thema stand dabei im Zentrum: die neue internationale Sicherheitspolitik und insbesondere die Beziehungen zu Russland.
    Hier soll eine bedeutende Neuorientierung stattfinden: „Die neue Politik des Kreml hat schon lange vor der Ukraine-Krise begonnen und wird uns noch sehr, sehr lange beschäftigen“, kündigt von der Leyen schon auf der Auftaktveranstaltung in Berlin am 17. Februar 2015 an. Und auch beim kommenden Nato-Gipfel in Warschau Anfang Juli wird dieses Thema ganz oben auf der Agenda stehen. Das Weißbuch soll unter anderem Ideen dazu liefern, wie auf den Versuch Russlands zu reagieren ist, „geostrategische Machtpolitik und militärische Gewalt als Form der Interessensdurchsetzung zu etablieren, wir müssen fast sagen zu re-etablieren“, so von der Leyen.
    Weitere neue „Kriegsschauplätze“, mit denen sich das Grundsatzdokument, das ungefähr alle zehn Jahre neu veröffentlicht wird, strategisch befassen soll: der Inlandseinsatz der Streitkräfte, der Kampf gegen ISIS, gegen Seuchen wie Ebola und gegen die Herausforderungen des Klimawandels. Den globalen Problemen und Krisen wird sich die Bundeswehr aber nur zuwenden können, wenn sie neue Ordnung im Innern geschaffen hat. Eine stärkere Führungsposition Deutschlands innerhalb der internationalen Sicherheitspolitik, die von vielen Seiten immer wieder eingefordert wird, wird ohne solche Reformen nicht machbar sein.
    Denn seitdem die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt wurde, herrscht ein eklatanter Nachwuchsmangel. Massive Budgetkürzungen über Jahre, schlecht funktionierende Waffen, fehlende Ausrüstung und „Fremdaufgaben“ wie die Versorgung tausender Flüchtlinge tragen nicht gerade dazu bei, die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Könnte eine Europa-Armee, ein EU-weites Verteidigungsbündnis also, die Antwort auf bedrohliche Szenarien der Zukunft sein? Eine Idee, die so alt ist wie die Europäische Union und selbst nach den jüngsten Terror-Anschlägen in Paris und Brüssel so attraktiv zu sein scheint wie selten zuvor.
    Eine weitere Herausforderung besteht in der strategischen Entwicklung neuer und globaler Hightech-Lösungen im sogenannten Cyberwar. Wie wird die Bundeswehr den großen inneren und außenpolitischen Herausforderungen der Zukunft begegnen? Wie umgehen mit dem Geld- und Nachwuchsmangel? Könnte eine europäische Armee diese Probleme lösen? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 09.06.20163sat
  • Folge 207 (60 Min.)
    Das Limit ist im Spitzensport erreicht. Das sagen nicht nur die Berufssportler, sondern auch Wissenschaftler. Auch der Gebrauch von Schmerz- und Schlafmitteln und leistungs- und fitnesssteigernden „Nahrungsergänzungen“ boomt wie nie zuvor. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen darüber, ob man in der Leistungsgesellschaft überhaupt noch so sein darf, wie man ist. Doch statt Leistungsgrenzen anzuerkennen, wird der Körper des Sportlers weiter optimiert: oft mit illegalen Mitteln. Neben dem sportlichen Wettkampf spielt das Wettrennen zwischen der Doping Industrie und den Doping-Wächtern eine immer größer werdende Rolle.
    Benutzt werden kann, was zu Leistungssteigerung verhilft, solange es nicht verboten oder nachweisbar ist. Doping scheint nicht nur die konsequente Fortsetzung des Spitzensports mit illegalen Mitteln zu sein, sondern ist in vielen Bereichen des Lebens längst zu einem milliardenschweren industriellen Komplex geworden, der zum Kern des Wirtschaftsgeschehens in modernen Gesellschaften gehört. Angesichts dessen erscheinen Anti-Doping Kampagnen verlogen. Dem Sog von Leistung und Wettbewerb scheint niemand mehr entkommen zu können.
    Von der Vorschule bis zum Grab sind wir unter ständiger – und immer perfekter organisierter – Leistungskontrolle. Wer dem nicht standhält, bleibt auf der Strecke. Während in den 1960er und 1970er Jahren Grenzen des Wachstums, des Leistungsdrucks und des Konsums in eine andere, alternative gesellschaftliche Richtung zu zeigen schien, greifen heute immer mehr Menschen zu Drogen und Medikamenten, die das Leben unter diesen Bedingungen erträglicher machen sollen. Man dopt, um die gestellten Erwartungen überhaupt erfüllen zu können.
    Der Gebrauch von Schmerz- und Schlafmitteln und leistungs- und fitnesssteigernden „Nahrungsergänzungen“ boomt wie nie zuvor. Es scheint so, als wären wir alle auf dem Weg in die „gedopte Gesellschaft“ – und als sei dies unsere einzige vorstellbare Perspektive. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen darüber, ob dieser Befund alternativlos ist, oder ob es Wege aus dem „Spiel ohne Grenzen“ gibt, und wie mögliche – sowohl realistische als auch attraktive – Ausstiegsszenarien aus einer Welt aussehen könnten, in der nichts so bleiben darf, wie es ist. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 25.08.20163sat
  • Folge 208 (60 Min.)
    Seit vor etwa 65,5 Millionen Jahren nahe der Halbinsel Yucatan ein Mereorit einschlug, hat sich das Leben auf der Erde nicht mehr so verändert wie durch das Handeln des Menschen. Während die Umbrüche in der Antike noch weitgehend regional blieben, verändern die zunehmend schnelleren technologischen Entwicklungen der letzten 250 Jahre die Umwelt in einem bislang nicht gekannten Ausmaß. Die fundamentalen Eingriffe des Menschen in die Natur spiegeln sich im CO2 Anstieg, in der Versauerung der Meere, dem Korallensterben, den Monokulturen in der Landwirtschaft, dem Artensterben, dem Kahlschlag der Regenwälder und dem Ausbau der Metropolen.
    Da all diese Einflussfaktoren des Menschen sich auch auf der Oberfläche der Erde abbilden und geologisch nachweisbar sind, schlug der Chemie-Nobelpreispräger Paul Crutzen zur Jahrtausendwende vor, diese Entwicklungen als ein neues geologisches Erdzeitalter zu betrachten, das er „Anthropozän“ nannte. Seitdem versuchen Natur- und Geisteswissenschaftler zu verstehen, welche Prozesse diese neue Epoche bestimmen und ob sich die Vorgänge noch beeinflussen lassen.
    Ist der Mensch dabei, die Natur abzuschaffen und sie durch kulturelle Formen zu ersetzen, um dem gesamten Planten sein Bild aufzuzwingen? Gert Scobel und seine Gäste begeben sich auf Spurensuche und hinterfragen Wert und Nutzen eines geologischen Theorieansatzes. Ist „Anthropozän“ nur ein Deckmantel für das ökologische Denken und die Grenzen des Wachstums, oder schließt das Phänomen auch Wirtschafts- und Sozialkritik mit ein? Was können im Licht interdisziplinärer Forschung andere Wissenschaftsdisziplinen mit dem neuen Denkmodell anfangen? Ist in Wahrheit die treibende Kraft hinter den geologischen, klimatischen und biologischen Veränderungen des Planeten vor allem die Wirtschaft? Und wenn das so ist – warum belasten wir die Erde immer mehr, obwohl wir seit Jahren um die Gefahren und Risiken eines Klimawandels wissen? Wie lässt sich ein nachhaltigerer Umgang mit Ressourcen umsetzen? Müssen wir mehr Verantwortung nicht nur gegenüber unserer Umwelt sondern auch gegenüber Gesellschaft und Wirtschaft übernehmen, um etwas zu verändern? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 08.09.20163sat
  • Folge 209 (60 Min.)
    Mehr als eine Million Flüchtlinge sind 2015 nach Deutschland gekommen. Viele von ihnen, etwa die Hälfte, wird dauerhaft bleiben. Sie hoffen auf ein besseres Leben. Ist das realistisch? Die Gefahr, dass Flüchtlinge als Lohn-Dumping-Arbeitnehmer eingesetzt werden, ist hoch. Die Bildungs- und Berufsabschlüsse ihrer Herkunftsländer entsprechen oft nicht deutschen Anforderungen. Und noch immer gibt es zu wenige Angebote für Sprach- und Integrationskurse. Genau 54 Flüchtlinge, so berichtet die „FAZ“ Anfang Juli 2016, wurden bisher von den 30 größten Börsendotierten Unternehmen in Deutschland fest angestellt.
    Der größte Teil der Flüchtlinge wird in Zukunft auf Unterstützung durch die Sozialkassen angewiesen sein. Die Gefahr, dass es zu einer Konkurrenz mit deutschen Sozialhilfeempfängern um prekäre Jobs und billigen Wohnraum kommen kann, ist groß. Denn auch im reichen Deutschland ist nahezu jeder fünfte von relativer Armut betroffen. Dabei ist besonders der Anteil von Kindern, die in Armut leben, extrem hoch. In Bremen gelten 33 Prozent aller Kinder als arm oder armutsgefährdet.
    Seit Jahren mahnt die OECD an, dass diese Kinder im deutschen Schulsystem kaum eine Chance haben, Bildungsarmut wird vererbt. Für Kinder aus Arbeiterfamilien gibt es kaum Aufstiegschancen. Von Deutschlands wirtschaftlicher Hochphase kommt bei ihnen nichts an. Wird der Flüchtlingsandrang ihre Situation noch verschärfen? Und wenn es jetzt um Integration und Förderung geht, muss es dann nicht auch um die Integration und Förderung dieser Bevölkerungsgruppe gehen? Über die Zusammenhänge von Integration und Armut diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen.
    Professor Dr. Louis Henri Seukwa ist an der Universität Hamburg Professor für Erziehungswissenschaften an der Fakultät Wirtschaft und Soziales. Seine Forschungsgebiete: Erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung, Kritische Kompetenzforschung, interkulturelle Bildungsforschung. Dr. Dorothee Spannagel ist Referatsleiterin für Verteilungsanalyse und Verteilungspolitik am Wirtschafts und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Außerdem ist sie Mitglied des Wissenschaftlichen Gutachtergremiums zum 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 15.09.20163sat
  • Folge 210 (60 Min.)
    Naturkatastrophen, Kriegsgeschehnisse, Verkehrsunfälle, Terror- oder andere Gewalterfahrungen, aber auch Erfahrungen von Hunger, Durst und extremer Armut können Auslöser für Traumata sein. Für die Betroffenen hat das meist schwerwiegende Folgen. Die Symptome reichen von Panik-, Konzentrations- und Angststörungen über Zwangserkrankungen, und Flashbacks bis hin zu schweren psychosomatischen Erkrankungen und starken Minderwertigkeitsgefühlen. Sie können bis zum Suizid führen. Auch lang anhaltende Depressionen, soziale Störungen sowie Abhängigkeits- und Essstörungen sind häufige Folgen traumatischer Erfahrungen.
    Schätzungen gehen davon aus, dass mindestens 25 Prozent der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge aufgrund von Kriegserlebnissen und Fluchterfahrungen traumatisiert sind. Die wenigsten Menschen sind in der Lage, aus eigener Kraft traumatische Erfahrungen zu verarbeiten. Und doch sind diese Menschen Teil unserer Gesellschaft. Es fragt sich daher, wie es um die Situation der an traumatischen Störungen erkrankten Menschen in Deutschland bestellt ist gleich ob es sich um Flüchtlinge handelt oder nicht.
    Wie werden traumatisierte Menschen erfasst und versorgt? Wie lässt sich sogenannte Resilienz zurückgewinnen – und damit die Fähigkeit, Probleme und Störungen gut zu bewältigen? Die Behandlung von Betroffenen ist meist langwierig und erfolgt in der Regel über mehrere Phasen: Krisenintervention, Stabilisierung, Therapie und Integration. Zunächst gilt es, den massiven Stress abzubauen, den die unmittelbar traumatisierende Erfahrung zur Folge hat. Erst wenn sich nach Wochen, manchmal auch erst nach Monaten die Situation der Patienten stabilisiert hat, wird mit der Kerntherapie begonnen.
    Dabei können verschiedene therapeutische Verfahren zum Einsatz kommen, wie das häufig angewandte Eye Movement Desensitiziation and Reprocessing (EMDR), aber auch Gestalt-, Gesprächs- und Verhaltenstherapie, Hypnose, Neurolaterale Imaginative Traumatherapie (NLITT), Psychodrama, Psychoanalyse und tiefenpsychologische fundierte Therapien. „scobel“ stellt einige dieser Methoden vor und zeigt, wie diese Therapien eingesetzt werden können.
    Ein Problem bei der Behandlung traumatischer Störungen bleibt jedoch häufig bestehen: die Auswirkungen auf andere Menschen. Nicht nur die direkt Traumatisierten sind von den psychischen Auswirkungen ihrer Erfahrungen betroffen, sondern auch deren Bezugspersonen und Familien, insbesondere Kinder und Enkel. Das Phänomen der Weitergabe von Traumata über die Generationen hinweg ist als sogenannte „Gefühlserbschaft“ vor allem bei Holocaust-Überlebenden untersucht worden. Bindungstheorie und Psychoanalyse bestätigten, dass schon in frühesten Lebensphasen rudimentäre Wahrnehmungsmechanismen entstehen, die anschließend Übertragungsmechanismen auch von psychischen Erkrankungen ermöglichen.
    Eine solche Weitergabe von Traumata in die nachfolgenden Generationen hinein findet jedoch nicht zwangsläufig statt, ist durchaus reversibel und kann verhindert werden. „scobel“ blickt auf einige psychoanalytische und sozialpsychologische Studien über die „unbewussten Erbschaften von Traumata“ und zeigt Möglichkeiten der Vorbeugung auf, die für eine gestresste, in Angst versetzte Gesellschaft immer wichtiger werden. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 22.09.20163sat
  • Folge 211 (60 Min.)
    Lügenpresse-Vorwürfe, Hetzjagden auf Journalisten und ein allgemeiner Vertrauensverlust des Berufsstandes prägen die Wahrnehmung des Journalismus in der Öffentlichkeit. Die Diagnose eines „Niedergangs des Journalismus“ scheint mehr als berechtigt. Der Generalverdacht gegen die Medien in Deutschland lautet, dass sie einem Prozess der schleichenden Monopolisierung unterliegen. Die Medien werden angeblich zunehmend von Politikern, Wirtschaftsunternehmen und mächtigen Lobbys gelenkt und die Öffentlichkeit auf diese Weise manipuliert. Treffen diese Vorwürfe zu, oder handelt es sich um opportune Verschwörungstheorien? Während die demokratischen, westlichen Gesellschaften um Vielfalt, Qualität und Glaubwürdigkeit ihrer Medienlandschaft ringen, müssen Journalistinnen und Journalisten in vielen Ländern um die Pressefreiheit als demokratisches Grundrecht fürchten und aktiv um sie kämpfen.
    Beispielsweise schaut die Welt seit dem Putschversuch des Militärs in der Türkei zu, wie die Regierung Erdogan nicht nur Justiz und Wissenschaft, sondern auch die vierte Gewalt im Staat, freie Presse, Rundfunk und soziale Medien, einer systematischen „Gleichschaltung“ und massiver Zensur unterzieht. Auch im vermeintlich aufgeklärten Westen verliert Qualitätsjournalismus zunehmend an Terrain an die Macht des Marktes, Lobbygruppen und geschickte Polit-PR.
    Statt um Information, Aufklärung und Meinungsbildung geht es um Quoten, Auflagen und Klick-Zahlen im Internet. In den Sozialen Medien definieren Twitterer, Youtuber und Netz-Reporter den Journalismus scheinbar neu. Gegenüber dem pseudodemokratischen Laienjournalismus der neuen Medienkanäle bleiben journalistische Aufklärung und Qualität zunehmend auf der Strecke. Doch wie lässt sich diese Qualität definieren? Ausgerechnet Satire-Formate wie die „heute-show“ oder „Die Anstalt“ werden von vielen Zuschauern über Generationengrenzen hinweg zunehmend zum eigentlichen Hauptinformationsmedium, weil sie kritische Distanz mit Information verbinden.
    Ist Satire damit zur zentralen Instanz journalistischer Wahrheitsfindung geworden? Was sind die Maßstäbe für journalistische Objektivität? Verliert die vierte Gewalt und mit ihr die Demokratie ihr freiheitliches und aufklärerisches Fundament? Gert Scobel und seine Gäste diskutieren über Lügenpressevorwürfe, (neue) Medienmacht und -Monopole, den Verlust der Öffentlichkeit, Whistleblower, das kostbare Gut der Pressefreiheit und die Suche nach der journalistischen Wahrheit. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 29.09.20163sat
  • Folge 212 (60 Min.)
    „scobel“ stellt die neusten Beobachtungen und Erkenntnisse über Gravitationswellen und -theorie, über dunkle Materie und dunkle Energie sowie neue Überlegungen zur „Fünften Kraft“ vor. Selten dauert es in den modernen Wissenschaften 100 Jahre, bis eine der theoretischen Kernannahmen aller grundlegenden Gleichungen empirisch bestätigt wird. Der Nachweis von Gravitationswellen, 1916 von Einstein postuliert, konnte erst 2015 geführt werden. Und dies ist nicht das einzige Beispiel für eine schwierige Beziehung zwischen Theorie und Beobachtung in der Astrophysik. So wusste man bereits 1927, dass das Universum expandiert.
    Seit einigen Jahren weiß man, dass dieser Prozess in beschleunigtem Maße erfolgt. Doch warum? Die Existenz sogenannter „Dunkler Materie“, auf die der niederländische Astrophysiker Jan Hendrik Oort 1932 hingewiesen hatte, ist erst in den letzten Jahren in radikaler Weise ernstgenommen worden. Doch was weiß man über diese Dunkle Materie, die offensichtlich nicht nur die Prozesse der Sternentstehung maßgeblich beeinflusst hat, sondern, wie Lisa Randall behauptet, auch für die Evolution eine große Bedeutung hatte? Die 3sat-Gesprächssendung „scobel“ lotet aus, was man heute über Gravitationswellen und Gravitationstheorie weiß und was die Forschung lediglich vermutet.
    Denn nach wie vor ist das Verhältnis zwischen Beobachtung und Theoriebildung in der Astrophysik spannungsreich und geladen. Die Frage ist, ob die komplizierten modernen Theorien über die Entstehung und die Struktur des Universums nicht am Ende reine mathematische Fingerübungen sind oder ob sie sich tatsächlich in beobachtbare Experimente überführen lassen, ist noch ungeklärt. Nur wenn es gelingt, Theorien beobachtbar zu machen, lassen sie sich auch empirisch überprüfen und gelten im strengen Sinn als wissenschaftlich. In manchen Bereichen jedoch ist die Astrophysik davon weit entfernt, obwohl die Auswirkungen astrophysikalischer Theorien auf andere Disziplinen und auf das Menschen- und Naturbild der Moderne ungeheuer stark sind.
    Ist die Astrophysik zur reinen Mathematik geworden? Müssen wir uns ein Scheitern eingestehen, weil wir von dem, was wir bislang am Himmel und auf der Erde gesehen haben, lediglich die rund vier Prozent der bekannten Materie beobachtet haben, während uns der gesamte Rest unserer Welt – sinnigerweise Dunkle Materie und Dunkle Energie genannt – entgangen ist? Über die Rätsel der Astrophysik und ihre möglichen Lösungen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 20.10.20163sat
  • Folge 213 (60 Min.)
    Obwohl es viele Kochsendungen im Fernsehen gibt, wird laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse in Deutschland immer weniger selbst gekocht. Was sind die Gründe? Sind es Zeitmangel, Trägheit, geringes Einkommen oder das große Angebot an Fertigprodukten der Nahrungsmittelindustrie? Tragen Mikrowelle, Fastfood und Lieferservice dazu bei, dass sich Essgewohnheiten und Geschmack verändern? Auch das Fasten liegt im Trend. Es soll den Körper reinigen, vorteilhaft bei chronischen Krankheiten und gut für die Seele sein. Forscher des Münchner Helmholtz Zentrums und des Deutschen Krebsforschungszentrums haben in einer Studie einen positiven Effekt des Fastens auf den Stoffwechsel und die Gen-Aktivitäten von Leberzellen nachgewiesen.
    Denn das Intervall-Fasten beispielsweise optimiert den Energiestoffwechsel und schützt vor Typ-2-Diabetes. Aber welche Formen des Fastens machen Sinn? Und welche Ratschläge sollten ignoriert werden? Mit mehr als einer halben Million Beschäftigten in 6000 Betrieben gehört die Nahrungsmittelindustrie zu den fünf größten Branchen in Deutschland. 2012 erzielte dieser Wirtschaftszweig einen Umsatz von 170 Milliarden Euro. Zu den großen Teilbereichen gehören in Deutschland vor allem die Fleisch- und Milchproduktion.
    Die industrielle Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln verbraucht viele Ressourcen und ist in manchen Bereichen äußerst umstritten. Als problematisch gelten beispielsweise das Schreddern von Küken, die Massentierhaltung und der Einsatz von Pestiziden. Auch die Umweltbelastungen durch die Landwirtschaft sorgen immer wieder für Kritik. Welche Produkte und Preise sind heute ethisch und ökologisch vertretbar? Sind Bio-Produkte wirklich qualitativ wertvoller als die Waren aus dem konventionellen Anbau? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 27.10.20163sat
  • Folge 214 (60 Min.)
    Erst langsam beginnen Mediziner, Mikrobiologen, Psychologen und Neurologen zu erkennen, wie einschneidend die Symbiose von Mensch und Mikroben die Gesundheit von Körper und Psyche mitbestimmt. Die Ergebnisse der bisherigen Forschung, die sich 2007 zum „Human Microbiome Project“ zusammengeschlossen hat, um die Erkenntnisse weltweit zu bündeln, haben zu einer regelrechten Revolution in der Medizin geführt. Eines der Hauptergebnisse lautet: Wir leben nicht allein! Jeder Mensch trägt 40 bis 100 Billionen von Mikroorganismen in und auf sich. Haut, Schleimhäute und insbesondere der Darm sind mit einer komplexen Lebensform besiedelt, die „Mikrobiom“ genannt wird.
    Die Wurzeln dieser Symbiose zwischen Mensch und Mikroorganismen reichen tief in die gemeinsame Evolutionsgeschichte zurück. Insbesondere Vergleiche der bakteriellen Flora von Menschenaffen und Menschen sind aufschlussreich. Aber auch die Betrachtung der sich im Laufe der Jahrtausende verändernden Lebensweise der Menschen führte zu überraschenden Ergebnissen. Eine wichtige Frage ist dabei, wie sich das Mikrobiom von Jägern und Sammlern unterscheidet und welche Darmbakterien sich bei sesshaften Ackerbaugemeinschaften ausbildeten. Wie greifen die moderne Krankenhaushygiene, industrielle Nahrung, Arzneimittel und Umweltgifte massiv in die gesunde Vielfalt der Mikroorganismen ein? Das „Human Microbiome Project“ hat nicht nur dazu beigetragen, die sogenannte Verstoffwechslung der Nahrung, sondern auch die Vielzahl von unübersichtlichen hormonellen und mikrobiologischen Prozessen im gesamten Körper besser zu verstehen.
    Was passiert beispielsweise, wenn ein Teil des bakteriellen Ökosystems im Darm aus der Balance gerät? Übergewicht, Alzheimer, Diabetes und Depressionen, Autismus, Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten: Inzwischen sehen Forscher immer mehr Zusammenhänge einer Vielzahl von Krankheiten mit bakteriellen Dysbalancen im Darm.
    Sie erkennen im Mikrobiom die Schaltzentrale des Immunsystems und erforschen neuerdings auch den Zusammenhang der Darmflora mit neurologischen Prozessen im Gehirn. Gert Scobel und seine Gäste diskutieren über die revolutionären Erkenntnisse der Mikrobiom-Forschung. Was ist eine gesunde Darmflora? Welche Mikroben machen schlank und schlau? Warum fördern Haustiere und Gartenarbeit die Gesundheit, übertriebene Hygiene jedoch nicht? Wie funktioniert eine Fäkaltransplantation? Und welche Risiken bergen Antibiotika? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 17.11.20163sat
  • Folge 215 (60 Min.)
    Schläft die Vernunft im 22. Jahrhundert? Welchen Sinn hat es, an die Vernunft zu appellieren? Ein Gespräch über eine unvernünftige Zeit und die Frage, wie die Vernunft wieder siegen kann. Eines der bekanntesten Bilder des spanischen Künstlers Francisco de Goya (1746 1828) ist eine Radierung mit dem Titel „Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer“. Es ist eines der bedeutendsten und meist interpretierten grafischen Werken der Kunstgeschichte. Die Radierung zeigt einen über seinem Schreibwerkzeug schlafenden Mann, hinter dem Nachtgetier, Eulen und Fledermäuse flattern und ein Raubtier lagert.
    Geläufiger als „Traum der Vernunft“ ist die Übersetzung „Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“. Aber, was bedeutet „Schlaf der Vernunft“? Auf der einen Seite sind die Ungeheuer des Traumes, der Nacht, gemeint. Der Traum lässt der Fantasie freien Raum: Ängste, negative wie auch übersteigert positive Erfahrungen oder grauenvolle und schöne Erlebnisse werden zu Traumbildern verarbeitet.
    Auf der anderen Seite macht der Schlaf der Vernunft gerade – weil die Vernunft als kontrollierende Instanz nicht wachsam ist – der Unvernunft Platz. Das mühsame Werk der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, das Kantsche Vernunftsprinzip, besteht in dem Apell an die Vernunft, endlich aufzuwachen, statt sich von unvernünftigen Gedanken und irrationalen Taten regieren zu lassen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Radierung Goyas hatte die Aufklärung, die nicht zuletzt mit Hilfe der Wissenschaften die Herrschaft der Vernunft durchsetzen wollte, bereits ihren Siegeszug begonnen.
    Verbunden war dies mit großen Hoffnungen auf Besserung der politischen und ökonomischen Verhältnisse. Übel galten als Folgen der Abwesenheit von der Vernunft. Heute hat sich mit dem Kapitalismus die rational-betriebliche Vernunft im großen Stil durchgesetzt. Dies hat jedoch nur bedingt für Fortschritte gesorgt. Die Produktivkraft der Menschen wurde zwar gewaltig gesteigert, doch Hungersnöte, Kriege und verheerende Seuchen konnten bis heute nicht erfolgreich bekämpft werden.
    Abgesehen von den sich deutlich abzeichnenden Folgen einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung, zu der zunehmende Ungleichheit, ein Anstieg der Armut sowie eine möglicherweise nicht mehr rückgängig zu machende Schädigung der Umwelt gehören, gibt es auch in anderen Bereichen des Lebens Anzeichen dafür, dass die Vernunft trotz versprochener aufgeklärter Wachsamkeit schläft. Beispielsweise sterben täglich mehrere 100 Menschen in Syrien und sehen Flucht als einzigen Ausweg, ihr Leben zu retten.
    Auf diese Not wird von Seiten der EU und anderer Staaten mit stabiler Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung nur bedingt eingegangen. Stattdessen wird die Anwesenheit von Flüchtlingen europaweit von rechten Parteien wie der AFD genutzt, um gegen Ausländer oder den islamischen Glauben Ängste zu schüren. Der amerikanische Präsidentschaftsanwärter, Donald Trump, sagt nachgewiesener Weise in vielerlei Hinsicht nicht die Wahrheit – trotzdem liegt er in den Umfragen nahe an seiner Konkurrentin Hillary Clinton.
    Zwischen den USA und der Sowjetunion deutet sich ein neuer Kalter Krieg an, da Vladimir Putin die syrische Krise nutzt, um die Sowjetunion wieder zu der starken internationalen Macht zu machen. Die israelische Regierung plant neue jüdische Siedlungen im Westjordanland, was einer Zweistaatenlösung deutlich widerspricht und neue Eskalationen der Gewalt garantiert. Zusammen mit seinen Gästen diskutiert Gert Scobel über eine unvernünftige Zeit und die Frage, wie die Vernunft wieder obsiegen kann. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 01.12.20163sat
  • Folge 216 (60 Min.)
    Gutes Aussehen schafft Anerkennung und Bewunderung, aber auch Neid und Eifersucht. – Gemeinsam mit Schönheitsforscher Winfried Menninghaus durchleuchtet Gert Scobel den Schönheitskult. Schönheit sei subjektiv, behaupten viele und verweisen auf den guten und schlechten Geschmack. Aber ist es wirklich so? Vieles deutet darauf hin, dass Schönheit nicht nur das Hässliche, sondern vor allem das Mittelmaß braucht, um sich besonders abzuheben. Die Differenz des Aussehens schafft Anerkennung und Bewunderung, aber auch Neid. Schöne Menschen werden einerseits umworben und begehrt, was ihnen Privilegien und Macht verschafft, stehen andererseits aber auch am Rande einer Gemeinschaft und müssen gegen Eifersucht und die daraus resultierenden hinterlistigen und heimtückischen Machenschaften kämpfen.
    Es ist also kein Wunder, dass sich viele Menschen mit einem eher durchschnittlichen Erscheinungsbild zufrieden geben wollen, auch wenn sie Schönheit anzieht. Von dieser Anziehung profitieren vor allem die Werbeindustrie, die Kosmetikbranche, Fitnesscenter, Designer oder Schönheitschirurgen. Sie alle bieten kommerzielle Dienste für eine Optimierung des äußeren Erscheinungsbildes. Auf dem Markt der Schönheit herrscht großer Andrang, weil fast jeder beachtet und bestätigt werden möchte.
    Doch was ist „schön“ überhaupt? Lassen sich Kriterien und Normen definieren, die helfen klar zu entscheiden, wer oder was schön ist? Gemeinsam mit Winfried Menninghaus, dem Gründungsdirektor des Frankfurter Max-Planck-Instituts für Empirische Ästhetik, durchleuchtet Gert Scobel den menschlichen Schönheitskult. Wie hoch ist der Preis der Schönheit wirklich? Ist Schönheit universell? Oder entwickeln unterschiedliche Kulturkreise verschiedene Schönheitsideale? Haben sich die Vorstellungen von Schönheit im Laufe der Geschichte tatsächlich verändert? Und wo stehen wir heute im Umgang mit Schönheit? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 08.12.20163sat
    • Alternativtitel: Warum das egoistische Gen nur die halbe Wahrheit ist
    Folge 217 (60 Min.)
    Uneigennützigkeit und Empathie sind angeborene Eigenschaften des Menschen. Wie man altruistisches Verhalten lernen, kultivieren und noch dazu glücklich werden kann, diesmal in „scobel“. Gert Scobel spricht mit Matthieu Ricard, französischer Molekularbiologe und Philosoph, Michael Tomasello, amerikanischer Anthropologe und Verhaltensforscher, und Thomas Metzinger, Philosoph und Experte für Neuroethik über effektiven Altruismus. „Altruismus ist kein Luxus, sondern eine ganz pragmatische Notwendigkeit“, so äußerte sich der französische Molekularbiologe und Philosoph Matthieu Ricard vor wenigen Tagen in einem Gespräch mit Gert Scobel.
    Die lange vorherrschende Theorie vom egoistischen Gen als treibender Kraft der Evolution ist nur die halbe Wahrheit. Gerade haben Wissenschaftler eine sensationelle Entdeckung gemacht: Blauelstern versorgen Artgenossen mit Futter, ohne selbst eine Chance haben, davon einen Bissen abzubekommen. Bisher kannte man ein derart altruistisches Verhalten nur von Menschen und bestimmten Affenarten.
    Ohne die Fähigkeit zur Kooperation hätte die Spezies Mensch nie zu einem evolutionsbiologischen Erfolgsmodell werden können, vermutlich hätte sie nicht einmal überlebt. Heute weiß man: Uneigennützigkeit und Empathie sind angeborene Eigenschaften des Menschen. Allerdings führt Kooperationsfähigkeit allein noch nicht zu altruistischem Verhalten. Die gute Nachricht. Altruismus kann man lernen und weiter kultivieren. Gert Scobel stellt dazu Experimente, Strategien und eine neue soziale Bewegung vor – den effektiven Altruismus, dessen erklärtes Ziel es ist, die beschränkten Ressourcen Zeit und Geld optimal einzusetzen, um das Leben möglichst vieler Menschen zu verbessern.
    Er spricht unter anderem mit Matthieu Ricard, französischer Molekularbiologe und Philosoph, Michael Tomasello, amerikanischer Anthropologe und Verhaltensforscher, und Thomas Metzinger, Philosoph und Experte für Neuroethik und zeigt, warum uneigennützige Fürsorge nicht nur die Empfänger glücklich macht. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 15.12.20163sat

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