2018, Folge 243–266

  • Folge 243 (60 Min.)
    Wir optimieren unsere Körper, unsere Karrieren, unser Privatleben. Ist die Selbstoptimierungswelle die neue Sinnstiftung? Überholt das Ich-Prinzip das Wir-Prinzip? Nie war es leichter, sich selbst zu verwirklichen. Doch immer mehr wandelt sich die Freiheit der unendlichen Möglichkeiten zur Qual für den Einzelnen. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen die Frage der Selbstoptimierung des um sich selbst kreisenden Individuums. Den Beginn eines neuen Jahres nehmen viele Menschen zum Anlass für gute Vorsätze: mehr Sport treiben, abnehmen, sich mehr Zeit nehmen für sich selbst.
    Abgesehen davon, dass viele dieser Vorsätze nach einigen Wochen schon Makulatur sind, stellt sich die Frage, ob wir eine Gesellschaft der Selbst-Optimierer geworden sind. Werden – sich wandelnde – Schönheitsideale verwechselt mit dem Sinn des Lebens? Die Selbstoptimierung ist ein Luxusproblem der Eliten, darin manifestiert sich die Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die Frage ist, ob unter dem Optimierungswahn die Solidargemeinschaft leidet.
    Wir quantifizieren uns selbst in jeder Hinsicht – im Sport, bei der Ernährung, sogar im Schlaf oder gar in der Partnerwahl. Doch wir wissen nicht, ob wir dann wirklich mehr über uns selbst wissen. Oder was wir damit anfangen sollen. Auch im Arbeitsleben wird gecoacht und optimiert, was das Zeug hält. Wozu ist das gut? Andererseits: Ist es wirklich so schlecht? Schließlich ist es ja ein löbliches Vorhaben, an den eigenen Fehlern zu arbeiten. Möglicherweise heiligt der Zweck die Mittel? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 11.01.20183sat
  • Folge 244 (60 Min.)
    Moderne Lebensweisen und Technologien zwingen Männern, Frauen, Paaren und Familien neue Modelle für Lebens- und Liebeskonzepte auf. Oder schaffen sie vielmehr neue Freiheiten? Gert Scobel spricht mit der Sexologin Ann-Marlene Henning, Moderatorin der Sendung „Make Love“ im ZDF, dem Psychologen und Sexualwissenschaftler Ulrich Clement und einem dritten Gast über die Zukunft der Liebe. Nachwuchs kommt aus dem Reagenzglas. Männer und Frauen gehen im Internet auf Partnersuche, bleiben Single oder gehen in Serie unverbindliche Beziehungen ein.
    Konventionelle Geschlechterrollen sind – scheinbar – passé, althergebrachte Vorstellungen von Mutter- und Vaterschaft verlieren ihre Notwendigkeit. Das „phallozentrische Weltbild“ scheint überwunden. Gleichzeitig wächst die Akzeptanz alternativer Formen und Lebensweisen menschlicher Sexualität. Wie man sich verliebt, mit wem man Partnerschaften eingeht, wie Trennungen verlaufen, wie man miteinander Sex hat: Die Zukunft der Familien- und Paarbeziehungen hat längst begonnen. Doch wie ist diese Zukunft zu bewerten? Unstrittig ist, dass neue Technologien sowie Kommerzialisierung, Emanzipation und Globalisierung zu größeren Veränderungen führen, die auch Liebe und Sexualität erfassen.
    Liegt in diesen Veränderungen eine größere Freiheit? Oder erhöhen diese Entwicklungen gegebenenfalls sogar die Ungleichheit der Geschlechter auf dem Heiratsmarkt, wie die israelische Soziologin Eva Illouz befürchtet? Welche Szenarien sind denkbar? Ist das romantische Liebesideal noch gültig und zeitgemäß, und ist auf der anderen Seite das Gegenmodell der partnerschaftlichen Liebe wirklich lebbar? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 18.01.20183sat
  • Folge 245 (60 Min.)
    Die Welt der Symbiosen ist existenziell und faszinierend. „scobel“ zeigt, wie Wissenschaft und Forschung sich dieses Prinzip zu Nutze machen und was die Gesellschaft daraus lernen kann. Symbiosen sind ein biologisches Überlebensprinzip mit zentralem Einfluss auf die Evolution. Gert Scobel diskutiert darüber unter anderem mit Nicole Dubilier, Symbiose-Forscherin und Professorin am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Tauschgeschäfte und Partnerschaften zwischen Lebewesen unterschiedlicher Arten zum gegenseitigen Nutzen sind keine Ausnahmen – sie sind die Regel. Lange wurden sie unterschätzt. Dabei gibt es zahllose Beziehungen, bei denen keiner der beiden Partner ohne den anderen überleben kann.
    Der Mensch könnten beispielsweise ohne Abermillionen verschiedenster Bakterien nicht überleben. Bäume kommunizieren kilometerweit über Pilzstrukturen im Boden. Beide profitieren existenziell von ihrer Lebensgemeinschaft und sorgen füreinander. Es gibt Beziehungen zwischen Organismen, in denen sich die Partner wechselseitig ergänzen und sich in kürzester Zeit neue Eigenschaften aneignen, wie zum Beispiel Gefahrenabwehr und die bessere Nutzung von Ressourcen. Selbst auf zellulärer Ebene gibt es Symbiosen. Ohne diese Formen des Miteinander gäbe es weder Menschen, Tiere noch Pflanzen auf der Erde.
    Symbiosen sind die Voraussetzung für Biodiversität und ein bedeutender Faktor der Evolution. Dass wir heute über dieses Wissen verfügen und es sich gegen starke Widerstände durchsetzen konnte, ist der 2011 verstorbenen amerikanischen Evolutionsbiologin und Pionierin der Symbioseforschung, Lynn Margulis, zu verdanken. Ihre Forschung legte die Grundlage zum heutigen Verständnis von Symbiose und begründete damit nicht nur ein neues Weltbild, sondern auch ein neues Verständnis von uns selbst, das unsere Existenz bis zu den ersten Bakterien vor Milliarden von Jahren zurückführt und die Theorie Charles Darwins um einen entscheidenden Faktor ergänzt. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 01.02.20183sat
  • Folge 246 (60 Min.)
    Trendige Befunde wirken sich nicht nur auf einzelne Patienten aus, sondern sie belasten auch das Gesundheitssystem. „scobel“ beschäftigt sich mit Mode-Diagnosen in der Medizin. Aus dem gigantischen Fundus für Laien-Mediziner im Internet ziehen nicht wenige Patienten ihre Meinungen und Behandlungsmethoden. Kann das Wissen von Amateuren die Fachkenntnisse von Experten und unabhängigen Forschern ersetzen? Diagnosen sind nicht immer wissenschaftlich fundiert. Ärzte und Patienten unterliegen ihren subjektiven Eindrücken und neigen manchmal zu voreiligen Schlüssen.
    Im Internet gibt es unendlich viele Informationen über medizinische Themen, Diagnosevorschläge und Empfehlungen für Therapien. Selbst Ärzte sind nicht frei von fehlerhaften Beurteilungen und überflüssigen Therapien. So werden manche vorrübergehende Auffälligkeiten sehr schnell den weitverbreitenden Modekrankheiten zugeordnet, zum Beispiel ADHS oder Burnout. Häufig ist es nur eine Frage der Interpretation, ab wann ein auffälliges Verhalten auf eine zu behandelnde Krankheit hinweist. Und ist erst einmal der Befund erstellt, gibt es gleich dazu die passenden Therapien und Medikamente.
    Manchmal ist es sogar umgekehrt: Zuerst gibt es die Pille, und anschließend wird die dazugehörige Krankheit kreiert. Pharmahersteller haben ein großes Interesse, ihre Produkte zu verkaufen, und freuen sich deshalb über jeden neuen Krankheitsbegriff, der sich durch gezielte Werbekampagnen kommerziell vermarkten lässt. Manchmal genügt auch die Absenkung von Grenzwerten oder die Ausweitung des Krankheitsbildes, um aus ärztlicher Sicht eine Medikation zu erreichen. Für bestimmte Erkrankungen, deren Behandlungskosten hoch sind, können Krankenkassen aus dem staatlichen Gesundheitsfonds Zuschüsse erhalten.
    Da es scheinbar einen Missbrauch von bestimmten Diagnosen und deren Zuschüsse gegeben hat, haben Staatsanwaltschaften inzwischen Ermittlungen wegen Verdacht des Betrugs und der Untreue aufgenommen. Sind Ärzte von Krankenkassen zu begehrten Diagnosen angestiftet worden? Brauchen wir mehr öffentliche Debatten und unabhängige Forschungsarbeiten, damit die Mode-Diagnosen nicht ausufern? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 22.02.20183sat
  • Folge 247 (60 Min.)
    Deutschland im Krimifieber: Jedes vierte verkaufte Buch ist ein Krimi. Keine Stadt ohne fiktiven TV-Kommissar, keine Region ohne Mord mit regionalem Charme im Vorabendprogramm. Die Lust am Mord ist ungebrochen, bringt Auflage und Quote. Vor allem Frauen lesen und schauen Krimis. Die neue Lust an der Angst? Oder ist einfach der Charme des Genres unschlagbar? Was fasziniert so am Krimi? Scobel ermittelt. Gibt es nichts Besseres als Krimis, oder sind wir Menschen tatsächlich so blutdurstig und mordlüstern, wie Fernsehprogramm und Bestsellerlisten uns glauben machen? Das Vorhandensein von Krimis in Literatur, Film und Fernsehen steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Vorkommen von Mord in der Kriminalstatistik.
    Dennoch ist der Erfolg von „Tatort“, „SoKo“ und Co. ungebrochen. Was macht die Faszination des Krimis aus? Ist es das gute Gefühl, dass sich das Verbrechen zwischen Buchdeckeln oder auf dem Fernsehschirm sicher und ungefährlich für das eigene Leib und Wohl verwahren lässt? Hat das Festhalten an dunklen Skandinavien-Thrillern oder landenglisch-hellen Wohlfühl-Kommissaren etwas damit zu tun, dass es der Überflussgesellschaft an nichts fehlt? Blut fließt, Körperteile finden sich verteilt im Wald, Leichen werden weit vor 22 Uhr seziert drastische Szenen sind ständig und überall verfügbar.
    Eine krasse Entwicklung hat in den letzten Jahrzehnten stattgefunden, deren Gründe noch zu finden sind. Auch die Krimis und ihr Auftrag haben sich verändert. Nimmt man allein die Ermittler-Figuren, kann man an ihnen fast die Bedürfnisse der Bundesrepublik im Lauf der Jahrzehnte ablesen Vertrauen in die Polizei in der Nachkriegszeit wiederzugewinnen. Später ermittelten sich onkelhafte Kommissare durch wilde Zeiten und vermittelten Sicherheit.
    Heute ist zwischen Gut und Böse kaum mehr zu unterscheiden: Ermittler sind auch Täter und Opfer sind nicht mehr über jeden Zweifel erhaben. Der „CSI-Effekt“ wird wissenschaftlich erforscht: Wie wirken die akribischen Abbildungen vor allem amerikanischer Krimi-Serien um forensische Experten auf ihre Zuschauer? Wie viel Realität steckt also in der Fiktion, gibt es womöglich einen Wettbewerb zwischen Ermittlungsmethoden und dem Streben nach dem perfekten Mord? Gert Scobel erörtert mit dem „Tatort“-Drehbuchautor und Schriftsteller Andreas Pflüger und weiteren Gästen die Frage, warum sich die Nation die Kugel gibt. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 01.03.20183sat
  • Folge 248 (60 Min.)
    Die traditionellen christlichen Kirchen sind in der Krise. Es fehlen Geistliche. Es fehlen Gläubige. Vor allem aber fehlen Ideen, sich in einer modernen Welt zu definieren. Gert Scobel analysiert mit seinen Gästen, ob die Kirchen gegen die anhaltende „Entkirchlichung“ Westeuropas noch eine Chance haben und welche strukturellen Veränderungen den Kirchen möglicherweise einen Weg aus der Krise weisen können. Die Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland hat in den letzten Jahren drastische Ausmaße erreicht: Zirka 300 000 Mitglieder verlieren die beiden großen christlichen Kirchen jedes Jahr.
    2016 wurden in Deutschland gerade mal 77 Männer zum Priester geweiht. „Heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter“, klagte schon vor einigen Jahren ein deutscher Kardinal. Bislang fehlt es, so viel steht fest, an professionellem Krisenmanagement. Die Kirchen können in Westeuropa nicht an Boden gewinnen und verharren in traditionellen Strukturen und veralteter Glaubenspraxis. Der Islam sucht gleichsam einen Weg, findet zwischen Moderne oder Tradition oft nur den Weg ganz zurück. Von den radikalen Ausprägungen ganz zu schweigen. Die Religionen haben Probleme mit modernen säkularen Gesellschaften.
    Um nicht obsolet zu werden, müssen sie sich dringend rundum erneuern. Das gilt besonders in Zeiten großer Umbrüche und Unsicherheiten, nämlich dann, wenn Menschen auf der Suche nach Sinn, Sicherheit und Orientierung sind. Dieses Bedürfnis scheinen andere spirituelle Bewegungen zu befriedigen. Immer mehr Menschen wenden sich zum Beispiel dem Buddhismus und der Meditation zu. Gert Scobel und seine Gäste beschäftigen sich unter anderem mit den Fragen, welche Rolle Glaube in einer liberalen Gesellschaft und globalisierten Welt für die Menschen spielt, ob Wissenschaft eine Bedrohung für den Glauben ist und inwieweit der Friede der Religionen überhaupt realistisch sein kann.
    Mit folgenden Gästen: Michael Blume ist Religionswissenschaftler und lehrt an der Universität Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Evolutionsbiologie der Religiosität, Religion, Identität und Kultur. Hans Joas ist Soziologe und Sozialphilosoph. Er ist Professor an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin und am Institut für Soziologie der Universität Chicago. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Religionssoziologie und Wertewandel. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 22.03.20183sat
  • Folge 249 (60 Min.)
    Lobbyisten sind Agenten von Organisationen. Sie beeinflussen stark politische Entscheidungen. – Eine Diskussion über Strukturen, Mechanismen und Gefahren des Lobbyismus. Es gilt, bestimmte Firmen und Organisationen zu protegieren und Vorteile für sie im Wettbewerb zu verschaffen. „scobel“ fragt: Wie sehr sind die Informationen und Gutachten gefiltert, die Lobbyisten in Vorträge und Gespräche einfließen lassen? In den Vorständen der Unternehmen und in den beauftragten Agenturen der Wirtschaft und Politik sitzen nicht selten Politiker, die kein politisches Mandat im Parlament mehr haben.
    Mit ihren Kontakten und Netzwerken versuchen sie, politische Einflussnahme auszuüben. Mit einem Ziel: die Interessen der jeweiligen Unternehmen und Organisationen zu stärken und die Zahl ihrer Kunden zu steigern. Führt Lobbyismus in der Forschung immer wieder zu gefälschten Studien? Und wer trägt die Kosten für die Einflussnahme der Lobbyisten auf politische Entscheidungen? Die Auftraggeber oder die Bürger? Ist Lobbyismus beispielsweise für eine „gute“ Sache – wie Umweltschutz oder Menschenrechte – gerechtfertigt? Etwa 2000 Interessenverbände gibt es in Berlin, in Brüssel wird die Zahl der Lobbyisten auf 20 000 geschätzt.
    Trägt Lobbyismus zur demokratischen Meinungs- und Willensbildung bei? Sind die Interessenvertreter ein wichtiger Teil der Öffentlichkeit, oder erfolgen die meisten Absprachen zwischen Politikern und Lobbyisten hinter verschlossenen Türen? Diese und andere Aspekte diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 29.03.20183sat
  • Folge 250 (60 Min.)
    Psychische Gewalt ist grausam. Obwohl sie unsichtbar scheint und im Verborgenen wirkt, kann sie mehr verletzen als körperliche Gewalt. Gerade das macht sie so gefährlich. Gert Scobel spricht mit seinen Gästen über „Schwarze Pädagogik“, die Neurobiologie psychischer Schmerzen, die Ursachen von psychischer Gewalt und Menschenfeindlichkeit, ihre traumatischen Folgen und darüber, wie man sich dagegen schützen kann. Psychische Gewalt ist schwer zu erkennen, noch schwerer nachzuweisen und damit kaum justiziabel.
    Seelische Grausamkeit ist Alltag: In Familien, Schulen, am Arbeitsplatz, im Altenheim, auf der Straße oder im Internet. Oft nimmt psychische Gewalt ihren Anfang in der Familie, im Beziehungsgeflecht zwischen Eltern und Kindern. „(E)motionaler Missbrauch (ist) möglicherweise die am weitesten verbreitete und zugleich vielleicht die zerstörerischste Form der Misshandlung“, heißt es im jüngst erschienen Buch „Bindung und emotionale Gewalt“ des Kinderpsychiaters Karl Heinz Brisch. Gerade weil sie im Verborgenen wirkt, ist eine der wichtigsten Fragen, woran man psychische Gewalt erkennen kann.
    Wo fängt sie an, wie entsteht sie, und was bewirkt sie? Im Gehirn sind emotionaler und körperlicher Schmerz eng verknüpft. Diesen Mechanismus hat die amerikanische Hirnforscherin Naomi Eisenberger entdeckt. Eine mögliche neurobiologische Folge von psychischer Gewalt sind Stressreaktionen, die sich dauerhaft im Emotionssystem und auch neuronal manifestieren können und zu Veränderungen im Gehirn und damit auch im Verhalten führen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 05.04.20183sat
  • Folge 251 (60 Min.)
    Vor 200 Jahren wurde der Philosoph und revolutionäre Vordenker Karl Marx geboren. Seine Ideen scheiterten im Praxistest Ende des 20. Jahrhunderts, doch seine Philosophie ist lebendig. Gert Scobel nähert sich mit seinen Gästen – dem Autoren der Marx-Biografie „Marx. Der Unvollendete“ (2017), Jürgen Neffe, und dem Philosophen Michael Quante – der Person Karl Marx und ergründet die Tiefen und Untiefen seiner Philosophie. Was würde Karl Marx zur heutigen Gesellschaft sagen? Wäre er mit der sozialen Marktwirtschaft zufriedener als mit dem Manchesterkapitalismus seiner Tage? Marx: Kaum ein Philosoph hat in der Geschichte so tiefe Spuren hinterlassen, sowohl in negativer als auch in positiver Hinsicht.
    War er am Ende eher Visionär oder Revolutionär? Seine Lehre zumindest wollte er niemals als Utopie verstanden wissen. Der Historische Materialismus und seine davon abgeleiteten Ideen für eine gerechtere Gesellschaft waren für ihn stattdessen stets wissenschaftliche Gesetze, die nicht mit frühsozialistischen Träumereien von einer gerechteren Gesellschaft verwechselt werden dürfen.
    Seine Analysen und Visionen, übertragen ins Zeitalter der digitalen Revolution und der grenzenlosen Globalisierung, entwickeln heute – fast 30 Jahre nach dem Untergang des real existierenden Sozialismus sowjetischer Prägung – plötzlich wieder eine ganz neue Dynamik. Und so ist Marx noch lange nicht in der Mottenkiste der Philosophiegeschichte verschwunden. Allein seine Analyse des Kapitalismus und der Entfremdung des Menschen von seiner natürlichen Umwelt gilt heute noch genauso wie zu seinen Lebzeiten.
    Und so überrascht es nicht, dass es auch in der Gegenwart wieder zahlreiche Denker, Autoren und Ökonomen gibt, die neue Visionen auf der Grundlage der Ideenlehre von Karl Marx entwerfen. Ob bedingungsloses Grundeinkommen oder Gemeinwohl-Ökonomie: Für all diese neuen Ansätze und gesellschaftlichen Debatten findet man bei genauem Hinsehen schon Entsprechungen in den Werken von Marx und Engels. Grund genug für Gert Scobel und seine Gäste, die Ideenwelt des großen Philosophen ins Hier und Jetzt zu übertragen – und natürlich das Geburtstagskind gebührend zu würdigen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 12.04.20183sat
  • Folge 252 (60 Min.)
    Früher hieß sie „Hausarbeit“, heute „generative Sorgearbeit“ oder „Care-Arbeit“. Sie wird immer mehr von Dienstleistern erledigt – weiterhin vornehmlich von Frauen – und schlecht bezahlt. Kochen, putzen, einkaufen, waschen, Kinder erziehen – und dann noch die häusliche Pflege, die der Staat zunehmend an die Familien abschiebt, die häufig darunter zerbrechen: Wie kann die Gesellschaft alle Arten von Arbeit auf alle Geschlechter verteilen? Die bundesdeutsche Gesellschaft hat einen tiefgreifenden Strukturwandel hinter sich: von der fordistischen Industriegesellschaft hin zu einer wissensbasierten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft im 21. Jahrhundert.
    Vor diesem Hintergrund diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen verschiedene Facetten der Thematik haushaltsnaher Dienste: Gleichstellungs- und rechtspolitische Aspekte der Regulierung des Arbeitsplatzes Privathaushalt sind inzwischen ebenso in den Fokus wissenschaftlicher Betrachtung gerückt wie sozialhistorische und beschäftigungsrelevante Perspektiven. Hausarbeit stellt einen erheblichen ökonomischen Faktor da – wird aber bislang von Wirtschaft, Politik und anderen Bereichen der Gesellschaft kaum wahrgenommen.
    „Das bisschen Arbeit“ könne man doch nebenbei machen. „Man“ – das sind, wie Untersuchungen zeigen, in erster Linie Frauen, denen die sogenannte „generative Sorgearbeit“ nebenbei und ohne Bezahlung aufgebürdet wird. Der sogenannte „Gender-Care-Gap“, also die ungleiche Verteilung von Hausarbeit zu Lasten der Frauen, führt letztlich auch noch dazu, dass Frauen nach der Verrentung im Schnitt 53 Prozent weniger Geld zur Verfügung haben als Männer – und das, obwohl sie mehr gearbeitet haben.
    Diese Situation stellt die Gesellschaft nicht nur vor große, bislang kaum wahrgenommene Probleme mit Blick auf Kindererziehung, häusliche Pflege und vieles andere, sondern bedeutet auch eine erhebliche Belastung für heutige Paarbeziehungen und Familien. Gerade gesellschaftlich ist Deutschland weit von einer geschlechtergerechten Verteilung und Bewertung von Arbeit entfernt. In einer Zeit, in der häusliche Pflege zwar moralisch die Norm darstellt, die Überlastung des familiären Pflegesystems aber immer weiter zunimmt, stellt sich die Frage, wie häusliche Pflege ohne reale Überforderung und wirtschaftliche Benachteiligung für die Betroffenen gestaltet werden kann.
    Denn auch diejenigen, die von „außen“ als sogenannte „Live-ins“ im Haushalt arbeiten, müssen dies häufig unter illegalen Bedingungen tun, die sie in den systematischen Burn-out treiben. Es scheint höchste Zeit, diese Krise wissenschaftlich aufzuarbeiten und gesellschaftliche Antworten zu finden. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 26.04.20183sat
  • Folge 253 (60 Min.)
    Der Mensch ist ein soziales Wesen – in der analogen wie in der virtuellen Welt. Führen digitale Technologien zu Veränderungen unseres Verhaltens? Eine Diskussion von der „re:publica“. Unsere soziale Umgebung im Netz ist relativ jung und gestaltet sich in immer kürzeren Zyklen neu. Entsprechend neu sind auch die Regeln unseres digitalen Sozialverhaltens – sofern es sie gibt. Der stete Wandel im Virtuellen verändert uns auch in der analogen Welt. Dort stoßen Menschen unterschiedlicher digitaler Prägung oder Erfahrung aufeinander und müssen ihr Sozialverhalten immer wieder neu austarieren. Informations- und Kommunikationstechnologien transformieren die Gesellschaft in allen Bereichen. Sie beschleunigen die Abläufe und erhöhen den Druck auf schnelle Entscheidungen.
    Soziale Medien steigern zudem die Vielfalt an Betätigungsmöglichkeiten. Befriedigen sie aber auch die Bedürfnisse ihrer Nutzer? Lernt man durch den Umgang mit digitalen Medien die moderne Gesellschaft besser zu verstehen? Oder führen die Veränderungen nur zu standardisierten Normen im beruflichen und privaten Leben? Welche Bereiche sind in einer digitalen Gesellschaft überhaupt noch privat? Was ist kontrollierbar? Wird es in Zukunft vielleicht hybride Wesen geben, die wie Maschinen „handeln“ und wie Menschen fühlen? Diese und weitere Fragen erörtert Gert Scobel mit seinen Gästen live aus Berlin von der diesjährigen re:publica (2.-4.5.2018). (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 03.05.20183sat
  • Folge 254 (60 Min.)
    Der Mensch weiß, was gut für ihn ist – für die eigene Gesundheit, für seine Umwelt, die Gesellschaft – dennoch handelt er oft nicht danach. Warum? Was steckt hinter der Selbstsabotage? Gibt es Möglichkeiten, das System Selbstsabotage – zumindest gelegentlich – auszuschalten? Diese und weitere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. Verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Gesundheit, Schutz des Lebensraums und verantwortungsbewusste Politik wären realisierbar, wenn sich der Mensch nur konsequent verhielte. Gesunde Ernährung, Bewegung, Achtsamkeit: Gesund leben ist einfach. Wir wissen alle, wie es geht. Und doch handeln wir oft nicht danach.
    Wir essen zu viel, bewegen uns zu wenig, und Stress gehört zum Lifestyle. Ein permanenter Selbstbetrug, eine ständige Selbstschädigung. In unserem Körper scheint ein Selbstzerstörungsmechanismus wirksam zu sein. Inkonsequent ist menschliches Handeln auch dann, wenn es über das Individuelle hinausgeht, zum Beispiel um den Schutz des Lebensraumes oder das soziale und politische Umfeld. Auch hier handelt der Mensch selten zu seinem Besten. Warum tut der Mensch nicht das, was gut für ihn ist? Immerhin gibt es Situationen, in denen er das kann und auch tut: Er flieht bei Gefahr, er schützt sich vor Kälte oder Hitze, er kümmert sich um Nachwuchs. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 17.05.20183sat
  • Folge 255 (60 Min.)
    Unser Leben wird immer mehr von Computern bestimmt. Aber nach welchen Regeln handeln die Algorithmen – nach unseren oder nach ihren eigenen? Gibt es eine Ethik für Algorithmen? Gert Scobel und seine Gäste diskutieren ethische Fragen im Bereich der Algorithmen, der Robotik und der künstlichen Intelligenz, von deren Beantwortung unsere Zukunft als Menschen und als Gesellschaft maßgeblich mitbestimmt wird. Immer mehr Aufgaben des Alltags werden – nicht erst seit dem „Internet der Dinge“ – an Algorithmen delegiert. Dies geschieht insbesondere dann, wenn es sich um schwer zu übersehende und komplexe Zusammenhänge handelt, etwa bei der Steuerung von Stromnetzen und Kernkraftwerken, Krankenhäusern oder des Bahn- und Flugverkehrs.
    Neue, selbstständig lernende Technologien haben zu Durchbrüchen in vielen Bereichen der Technik geführt. Sie ermöglichen bereits den Einsatz komplexer Industrieroboter, autonomer Drohnen und Kampfroboter oder hochautomatisiert fahrender Autos. Darüber hinaus dienen Algorithmen in der Finanz- und Bankenwelt, zunehmend auch in der Verwaltung, im Management und Governance-Bereich dazu, Entscheidungen zu treffen. Bei solchen komplexen Systemen und Risiken stellt sich die Frage: Gibt es eine Ethik für Algorithmen? Brauchen wir Regeln für die Anwendung von neuen Technologien? Schließlich hat es bei autonom fahrenden Autos schon die ersten Todesfälle gegeben.
    Aber auch im Finanzbereich sind zwei der großen Börsencrashs von autonom agierenden Handelsalgorithmen verursacht worden. Noch problematischer wird es, wenn man bedenkt, dass Algorithmen, die mit dem „Deep Learning“-Verfahren entwickelt werden, anschließend für keinen der Programmierer mehr einsehbar sind. Das vollkommen selbstständige Lernen von künstlichen Systemen führt zu individuellen Architekturen, deren Aufbau und vor allem deren Kriterien, Entscheidungen zu treffen, unsichtbar sind.
    Entscheidungen aber, die weder transparent noch durchschaubar sind, stellen ein gravierendes Problem dar. Und auch auf einfachen Ebenen stellen sich ethische Fragen, etwa im Umgang mit Software wie „Alexa“ oder „Amazon Echo“. Kinder nehmen diese Geräte schnell wie Personen wahr und vertrauen ihnen. Die Grenzen zwischen Software und menschlichem Verhalten drohen, mit Blick auf kommende Generationen, zu verschwimmen. Ist dies eine gute Entwicklung für das Individuum und das Zusammenleben in der Gesellschaft? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 24.05.20183sat
  • Folge 256 (60 Min.)
    Menschen werden immer älter. Aber (warum) wollen wir das? Und was bedeutet das für die Gesellschaft? Gert Scobel diskutiert mit dem Philosophen Sebastian Knell und weiteren Gästen. Was ist erstrebenswert am Ältersein? Was macht die Qualität des Lebens im Alter aus? Bedeutet ein längeres Leben immer auch ein besseres Leben? Ist womöglich unsere aktuelle Lebensunzufriedenheit das Motiv, alt werden zu wollen? In den vergangenen 100 Jahren haben wir insgesamt 20 Lebensjahre dazugewonnen. Der Mensch altert langsamer. Doch das trifft nicht auf alle Organe des Menschen zu: Gehirn, Innenohr und Auge – die neurosensorischen Bereiche des Menschen – altern immer noch so wie früher.
    Daher die starke Zunahme an degenerativen Erkrankungen von Gehirn, Netzhaut und Innenohr. Der Philosoph Sebastian Knell ist der Ansicht, dass das Projekt der Lebensverlängerung nicht nur die biomedizinische Forschung, sondern auch die Gesellschaft vor große Herausforderungen stellt. Im Jahr 2050 werden in Europa 70 Millionen Menschen über 80 sein. Der Herbst des Lebens verlängert sich. Neue Ideen für das „vierte“ Lebensalter zwischen Arbeit und hohem Alter müssen entwickelt werden.
    Lebensläufe können sich verändern. So wäre es beispielsweise möglich, mehrere Berufe nacheinander auszuüben. Eine alternde Gesellschaft erfährt demografische und soziologische Auswirkungen. Wird es sich jeder und jede leisten können, über 100 zu werden? Wird es Verteilungskämpfe geben, wenn sieben statt vier Generationen gleichzeitig leben? „scobel“ blickt auch auf Visionen vom Alt- und Älterwerden in anderen Kulturen und sucht Antworten auf die Frage, was Menschen am Ende Ihres Lebens wirklich wollen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 07.06.20183sat
  • Folge 257 (60 Min.)
    Der Körper ist ein wahres Meisterwerk. Er ist in der Lage, sich selbst zu reparieren und Heilungsprozesse anzukurbeln. Wie funktionieren Regeneration und Selbstheilung? Welche neuen Erkenntnisse haben Gesundheitsforscher, Psychologen, Resilienz-Forscher und Psychoneuroimmunologen für die Prozesse der Selbstheilung, und wie kann man sie fördern? Darüber spricht Gert Scobel mit seinen Gästen. Der Körper kann Wunden schließen und bakterielle Eindringlinge in Schach halten. Er kann mechanische Schädigungen beseitigen, Krebszellen bekämpfen – und viele Krankheiten heilen.
    Was dabei manchmal aus dem Blick gerät: Selbstheilung ist ein natürlicher, physiologischer Vorgang, ein Anpassungsverhalten des Körpers, keine Magie. Oft braucht es dazu nur einen einfachen Antrieb: die zuversichtlichen Worte eines Arztes oder eine Pille, die nicht einmal wirksame Arzneistoffe enthalten muss. Die Psyche hat einen fundamentalen Anteil an Selbstheilungsprozessen, eine Erkenntnis, die nicht zuletzt die Placebo-Forschung belegt. Und Stress, beziehungsweise die gestörte Verarbeitung von Stress, ist einer der größten Widersacher dieser Selbstregulation.
    Wie funktionieren Regeneration und Selbstheilung, welche zentrale Rolle spielt dabei die sogenannte „Homöostase“, ein besonderer Mechanismus der Selbstregulation. Und wodurch können Selbstheilungsprozesse gestört und verhindert werden? Gesundheitsforschung, Integrative Medizin und „Mind-Body-Medicine“ sind die Disziplinen, die diese Prozesse wissenschaftlich zu verstehen und in neue Behandlungsmodelle zu übersetzen versuchen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 16.08.20183sat
  • Folge 258 (60 Min.)
    Hormone sind Taktgeber unseres Lebens. Sie läuten Lebensphasen wie Pubertät oder Menopause ein und steuern deren Verlauf. Sie beeinflussen Stoffwechsel, Stimmungen, sogar unser Wesen. Doch haben wir sie ganz verstanden? Hormone werden auch therapeutisch eingesetzt – etwa bei bestimmten Krebserkrankungen. Dabei ist das Wissen über Hormone, ihre Steuerung durch das Gehirn und ihr Einfluss auf den Organismus längst noch nicht komplett. Hormonähnliche Stoffe aus der Umwelt stören diese Wechselwirkungen obendrein.Wasserbüffel haben keine Stresshormone.
    Als im Mai 2018 ein paar ausgebüxte Exemplare die A3 für mehrere Stunden blockierten, ließen sich die Büffel durch anrückende Polizei, Feuerwehr und andere Rettungskräfte nicht aus der Ruhe bringen und blieben, wo sie waren.Beim Menschen sieht das ganz anders aus: Hormone steuern unser Leben in den großen Phasen der Entwicklung und in den kleinen des Alltags: Erwachsen werden, Altern, Stress, Glück, Zufriedenheit, Liebe, Aggression – alles ohne Hormone nicht denkbar. Ganz erforscht sind die komplexen Botenstoffe noch nicht.
    Oxytocin, das Hormon, das für mütterliche Gefühle und Bindungsfähigkeit zuständig ist, soll als Medikament bei Autismus helfen. Wie genau und in welcher Dosierung, ist noch unklar. Auch andere Hormone wie das weibliche Sexualhormon Östrogen und seine Wirkung bei neurosensorischen Erkrankungen stehen im Mittelpunkt der Forschung.Doch nicht nur die körpereigenen Hormone bestimmen unser Leben: Seit etwa 50 Jahren bemerken Forscher, dass sich Umweltgifte negativ auf die Fortpflanzungsfähigkeit von Tieren auswirken.
    Dasselbe gilt auch für Menschen: Stoffe wie Bisphenol A oder DDT wirken im menschlichen Organismus wie Hormone. Sie könnten – schon in geringster Dosis – die Ursachen für verfrühte Pubertät, Fettleibigkeit bei Jugendlichen, zu früh einsetzende Wechseljahre oder gar das generelle Absinken des Intelligenzquotienten sein. Durch das komplexe Wechselspiel des Hormonhaushalts sind diese Auswirkungen noch längst nicht ausreichend erforscht.Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen die Rolle der Hormone als Taktgeber unseres Lebens. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 23.08.20183sat
  • Folge 259 (60 Min.)
    Die Bologna-Reform sollte alles verbessern: schneller Berufseinstieg, vergleichbare Abschlüsse, Fachkräfteverjüngung. Doch alles liegt im Argen. Was muss sich im Bildungswesen verändern? Orientieren sich die deutschen Hochschulen zunehmend an wirtschaftlichen Interessen? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. In 20 Jahren hat sich die Studentenzahl in Deutschland fast verdoppelt. Dies führte zu einem kleinen Ausbau von Unis und einem beachtlichen Wachstum von Fachhochschulen in privater Trägerschaft. Die Bologna-Reform sollte eigentlich das Zukunftsmodell für die Hochschulen werden.
    Schaut man sich die Studentenzahlen an, so kann man von einem quantitativen Erfolg sprechen. Qualitativ sieht die Lage aber etwas anders aus: Die Studiendauer ist nicht kürzer geworden, da die Verschulung der Kurse und der Leistungsdruck in den Fächern wieder zu längeren Semesterzeiten führen. Kritisch betrachtet wird nach wie vor das Bachelor-Studium, das viele Studenten und Professoren als oberflächlich bewerten. In den vergangenen Jahren hat sich die Studienabbruchsquote kaum verändert, sie beträgt nach wie vor 28 Prozent. Im Masterstudium stieg sie sogar von 2012 bis 2016 von neun auf 19 Prozent.
    Während Studenten über Zeitprobleme und fehlende Freiräume klagen, bemängeln Professoren den erhöhten Prüfungs- und Verwaltungsaufwand. Für viele Projekte müssen Drittmittel akquiriert und umfangreiche Publikationsnachweise erbracht werden. Zudem werden über 80 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter nur befristet beschäftigt. Dementsprechend scheitern oft jahrelange Investitionen in die Aus- und Fortbildung des akademischen Nachwuchses, nicht selten wegen prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Den hohen Studentenzahlen entspricht kein vergleichbarer Ausbau der Universitäten – aber ein beachtliches Wachstum von Fachhochschulen in privater Trägerschaft.
    Orientieren sich die Hochschulen damit zunehmend an den Interessen und dem Bedarf der Industrie? Was ist aus dem Humboldtschen Bildungsideal – umfassende Bildung und ganzheitliches Lernen – geworden? Sind die Freiheit der Forschung und Lehre tatsächlich garantiert bei einem hohen Anteil fremdfinanzierter und interessengeleiteter Wissenschaft? Welche Funktion soll die Hochschule der Zukunft primär erfüllen: Soll sie Kritik und universelle Bildung vermitteln? Oder soll sie in erster Linie der Wirtschaft dienen? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 13.09.20183sat
  • Folge 260 (60 Min.)
    Entwicklungshilfe ist nicht nur aus humanitären Gründen wichtig, sondern auch, um die Migrantenflut zu stoppen. Doch oft greift sie nicht. Entwicklungspolitik muss neu gedacht werden. Die Folgen der großen Migrationswelle haben Europa in einen Schockzustand versetzt. Politische Konzepte fehlen. Die seit Jahren postulierte Stärkung der Entwicklungsländer zur langfristigen Bekämpfung von Fluchtursachen gewinnt plötzlich wieder an Gewicht. Die Spuren des Kolonialismus und die anhaltende Ausbeutung rohstoffreicher Länder stellen zusammen mit den Folgen der Klimaveränderung eine Gefahr mit unkalkulierbar großen Konsequenzen für die Weltgemeinschaft dar.
    2015 war ein Jahr, das genau das sehr anschaulich vor Augen führte: 65,3 Millionen Menschen befanden sich nach UNHCR-Angaben auf der Flucht – Tausende verloren dabei ihr Leben. Es war durchaus zu erwarten, dass sich eines Tages Menschen aus humanitären Gründen, aus existenzieller oder wirtschaftlicher Not auf den Weg machen würden. Dorthin, wo Wohlstand und Frieden ein besseres Leben möglich machen. Dennoch fehlt ein ausgereiftes Maßnahmenpaket für ein angemessenes Krisenmanagement, national wie international.
    In Deutschland führte die Situation zu einer schweren Regierungskrise. So rückt die Bekämpfung von Fluchtursachen wieder ins Zentrum des politischen Interesses. Zu einer Zeit, in der es um das ehrgeizige Milleniumsziel – Halbierung der Armut in der Welt bis 2030 – sehr still geworden ist. Deutschland hält das international vereinbarte Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, erneut nicht ein, während der Verteidigungsetat gerade drastisch erhöht wurde. Die zentralen Ziele der europäischen Politik sind weiterhin Abgrenzung und Schutz des eigenen Wohlstands.
    Die richtigen Antworten und tatsächlich effiziente Maßnahmen scheinen zu fehlen. Nicht nur in Europa. Wie muss eine verantwortungsvolle, menschliche und nachhaltige Entwicklungspolitik angesichts der großen globalen humanitären Herausforderungen aussehen? Wie können Frieden und Stabilität anstelle nationalistischer Interessen gefördert werden? Wie lassen sich humanistische Grundprinzipien, Menschenrechte und demokratische Werte global etablieren? Über diese und viele andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 20.09.20183sat
  • Folge 261 (60 Min.)
    Der Bundesgesundheitsminister hat 13 000 Pflegekräfte zugesagt – nicht genug. Mehr als zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Die Gesellschaft muss umdenken. Modelle gibt es, wie können sie umgesetzt werden? Gert Scobel diskutiert mit Bernhard Emunds, Sozialökonom und Ethiker, und weiteren Gästen über die Zukunft der Pflege und das nötige Umdenken in der Gesellschaft. Pflege gehört auf die Agenda der Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass Pflegeberufe schlecht bezahlt und angesehen sind. Respekt und Bewusstsein müssen geschaffen werden. Strukturelle Veränderungen sind notwendig. In der Pflege liegt einiges im Argen.
    Die Lebenserwartung steigt, neurosensorische Erkrankungen nehmen zu. Es fehlen Pflegekräfte in den Krankenhäusern, im stationären Bereich der Altenpflege und auch im häuslichen Bereich. Die Belastung für Pflegekräfte wächst stetig – viele Menschen können ihren Beruf wegen der enormen psychischen und physischen Belastung nur in Teilzeit ausüben. Pflegeberufe leiden unter schlechtem Ansehen, vermeintlich schlechten Aufstiegschancen und schlechter Bezahlung. Dort muss ein Umdenken entstehen – Ansätze in der Ausbildung und ihrer Finanzierung, in der Wertschätzung und der Praxis. Stichworte wie andere Stellenschlüssel oder Personaluntergrenzen müssen diskutiert und womöglich gesetzlich festgelegt werden.
    Die Pflegegesetzgebung setzt die Prämisse, häusliche Pflege vor stationärer Pflege zu fördern. Was für die Betroffenen positiv klingt, lässt eine Hinterbühne entstehen: Pflegekräfte aus Osteuropa ziehen in die Familien und arbeiten oft unreguliert rund um die Uhr. Pflege fängt – zumindest was Altenpflege betrifft – längst vor dem Altenheim an. In anderen europäischen Staaten beginnt Alltagshilfe viel früher, mit niedrigen Hemmschwellen und kommunal organisiert. Auch in der Bundesrepublik sind solche Modelle vorhanden – aber was fehlt, damit sie Schule machen? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 04.10.20183sat
  • Folge 262 (60 Min.)
    Deutschlands Schulen brauchen eine grundlegende Reform. Aber welche Werte und welches Menschenbild sollen der Schulbildung zugrunde liegen? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen. Trotz vieler Neuregelungen ist das Schulsystem ungerecht, und die Qualität der Abschlüsse ist immer häufiger mangelhaft. Der PISA-Schock von 2000 trat Reformen los, die versanden und kaum Verbesserungen bringen. Hat die Politik etwas Wesentliches übersehen? Dass deutsche Schüler besonders in Mathematik und Naturwissenschaften im internationalen Vergleich immer noch höchstens mittelmäßig abschneiden, zeigte die letzte PISA-Studie 2015. Was machen Länder wie Finnland und Singapur besser? Ein Flickenteppich von Reformen greift nicht oder verpufft, meist weil die Konzepte unausgegoren sind oder ihre Umsetzung überstürzt wird.
    G8, von Bildungsexperten geschätzt, wird nun still und heimlich zurückgebaut. Auch die Inklusion scheitert an vielen Schulen an mangelhafter Umsetzung und der Überforderung der Lehrer. Angesichts des ermüdenden Reformchaos und des Lehrermangels wächst der Unmut der Eltern. Doch ihre Einflussnahme und ihr Aktivismus wachsen sich mancherorts zu einer Art Tyrannei aus. Eltern, die es sich leisten können, schicken den Nachwuchs gleich auf Privatschulen. Aber worum geht es eigentlich wirklich bei all den Reformen – oder worum sollte es gehen? Was will Schule – und was wollte Schulbildung in der Geschichte? Wie ist das deutsche Schulsystem überhaupt geworden, was es ist? Einst war sie preußische Untertanenschmiede und nicht nur zur Zeit des Nationalsozialismus – erste „Abrichtungsinstitution“ der Gesellschaft.
    Und heute: eine Anstalt zur Heranbildung leistungsfähiger, international konkurrenzfähiger Arbeitskräfte und Verwahrungsanstalt für den Rest? Wer reformiert die Schule wirklich, welches Bildungsverständnis brauchen wir, und welche Werte soll Schule vermitteln? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 18.10.20183sat
  • Folge 263 (60 Min.)
    Täglich treffen wir unzählige Entscheidungen. Doch was sind gute, und was sind schlechte? „scobel“ sucht nach Kriterien für sinnvolle Entscheidungen. Die Schwere einer Entscheidung ist abhängig vom Kontext. Ob man Schuhe oder Immobilien kauft, macht einen Unterschied. Je höher die finanziellen Belastungen und existentiellen Risiken sind, desto mehr bedarf es einer Planung und Kosten-Nutzen-Abwägung. In den Wirtschaftswissenschaften ist das Modell des „Homo oeconomicus“ weit verbreitet. Nach diesem Erklärungsansatz resultieren dort Entscheidungen aus rein rationalen Erwägungen.
    Doch dass dies häufig nicht der Fall ist, haben Verhaltensökonomen wie Kahneman und Tversky durch Experimente nachgewiesen. Sie sprechen von einer begrenzten Rationalität und rücken kognitive Verzerrungen und Nutzen-Erwartungen in den Mittelpunkt ihrer Studien. Kognitionspsychologen haben solche Forschungsergebnisse inzwischen durch andere Untersuchungen bekräftigt und erweitert. Nach ihren Ansichten beruhen Entscheidungen vor allem auf dem Zusammenspiel von Kognitionen, Informationen und Emotionen. Aufgrund des Zeitmangels und der Komplexität von Ereignissen können Routine und einfache Regeln, wie Heuristiken und Intuitionen, zu schnellen und praktikablen Entscheidungen führen.
    Mit Gemütserregungen und emotionalen Reizen beschäftigen sich neuerdings auch die Hirnforscher. In den Forschungszweigen „Affektive Neurowissenschaften“ werden besonders emotionale und motivationale Einflüsse auf sensorische und kognitive Prozesse untersucht. Soziologen, die sich mit Entscheidungsprozessen auseinandersetzen, legen ihre Schwerpunkte auf Handlungstheorien mit den Begriffen „Macht“, „Vorstellungen“ und „Erwartungen“. Wichtig sind in diesen Denkmodellen unter anderem Interaktionen, Rollen und Normen.
    In der „scobel“-Sendung werden verschiedene wissenschaftliche Perspektiven auf Entscheidungen diskutiert. Die persönliche und von der Gesellschaft geprägte Informationsauswahl und Verarbeitung spielt dabei eine zentrale Rolle. Wie beurteilen und gestalten wir beispielsweise den Umgang mit Flüchtlingen? Wie können wir Fake News von seriösen Untersuchungen unterscheiden? Führt die Aufklärung zu besseren Urteilen und weniger Fehlentscheidungen? Warum sind Gefühle oftmals stärker als die Vernunft? Im Rahmen des diesjährigen Neuroforums der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung in Frankfurt am Main hält Professor Ralph Hertwig, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, einen Vortrag über „Einfache Entscheidungsregeln für eine komplexe Welt“.
    In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Gert Scobel diskutieren Professor Ralph Hertwig, Professorin Annekathrin Schacht, Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie an der Universität Göttingen, und Professor Uwe Schimank, SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen, neurowissenschaftliche Hintergründe und gruppendynamische Formen der Entscheidungsfindung. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 25.10.20183sat
  • Folge 264 (60 Min.)
    Warum gibt es Krieg? Die Bewahrung menschlichen Lebens ist eine Leitvorstellung unserer modernen Gesellschaft. Und dennoch schlachten sich Menschen regelmäßig ab. Krieg steht im Widerspruch zu den üblichen Formen unseres Zusammenlebens. Dennoch gibt es ihn. Welche Spuren hat Krieg in der Geschichte hinterlassen – und was macht er heute mit uns? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. In der Menschheitsgeschichte wurde Krieg nicht nur unterschiedlich erlebt, sondern auch immer wieder neu gedeutet. Was bedeutete Krieg in der Vergangenheit und was heute? Albert Einstein und Siegmund Freud machten sich 1932 in einem Briefwechsel Gedanken über die Frage „Warum Krieg?“ Freud kam zu dem Schluss, dass nicht zuletzt ein dem Menschen innewohnender Trieb zum Tode als wesentliche Ursache zu sehen sei.
    Doch ist das wirklich so? Krieg hat in der Menschheitsgeschichte sein hässliches Antlitz stetig verändert und wurde von nachfolgenden Generationen unterschiedlich gewertet. Oft waren wirtschaftliche Interessen die Auslöser, manchmal aber auch nur Machtstreben oder Angst vor Machtverlust. Opfer waren zumeist Menschen, die mit den ausgetragenen Konflikten nur indirekt etwas zu tun hatten. Dennoch folgten unzählige Krieger ihren Anführern und liefen wie Lemminge in den Tod.
    Während in der Vor- und Frühgeschichte für den Krieger wirtschaftlicher Erfolg und Ehre auf dem Schlachtfeld entscheidende Triebfedern waren, so wandelte sich das im Zuge von Aufklärung und Nationalstaatsbildung. Nun wurden Ideale und Patriotismus zu einer Art Aufputschmittel für bewaffnete Konflikte. Heute erscheinen uns die Kriegsbegeisterung vor dem Ersten Weltkrieg und der blinde Gehorsam in den Zeiten des Nationalsozialismus oft befremdlich. Trotzdem ist und bleibt Weltfrieden offenbar eine große Illusion, was die gegenwärtigen bewaffneten Konflikte rund um den Erdball belegen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 08.11.20183sat
  • Folge 265 (60 Min.)
    Die schlechte Luftqualität in Deutschland ist eine Bedrohung für die Gesundheit aller. Die Ursachen sind seit Jahrzehnten bekannt. Was tun gegen die „dicke Luft“? Wie das globale Problem der Luftverschmutzung in den Griff bekommen? Welche Maßnahmen wirken am schnellsten und effektivsten, welche Weichen müssten Politik und Industrie stellen? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. Das Verwaltungsgericht in Wiesbaden hat nun auch Frankfurt ein Fahrverbot für ältere Diesel auferlegt – die hessische Landesregierung will in Berufung gehen.
    In Bayern verweigert die Politik bisher die Durchsetzung der Beschlüsse. Aber reichen die Maßnahmen überhaupt aus, um das Problem der schädlichen Luft in den Griff zu bekommen? Und ist wirklich nur der Verkehr daran schuld, dass Krankheiten wie Bluthochdruck, Lungenkrebs, Bronchitis und Herzinfarkte zunehmen? Die „dicke Luft“ ist ein globales Problem mit einer Fülle von Ursachen. Neun von zehn Menschen auf der Erde atmen laut WHO Luft mit einem hohen Schadstoffgehalt. Geschätzte sieben Millionen sterben im Jahr vorzeitig durch schlechte Luft.
    Schadstoffe wie Feinstaub, Stickstoffdioxide und Ozon entstehen durch Transport und Verkehr, Energiegewinnung, in der Landwirtschaft und der Tierhaltung, durch Müllverbrennung und maßgeblich auch durch Verfeuerung von Holz und Kohle in Privathaushalten. Eine Erkenntnis, nicht nur der Forscher am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, die von der Politik scheinbar übersehen wird: „Obwohl in der westlichen Welt Verkehr und Energiegewinnung eine wichtige Rolle bei der Verschmutzung spielen, sind in Deutschland und Europa landwirtschaftliche Emissionen mit 45 Prozent die stärksten Verursacher von Feinstaub.
    Entscheidend sind Stickoxide und Ammoniak, die in der Atmosphäre eine chemische Verbindung eingehen. Sie bilden sekundäre Feinstaubteilchen. Ammoniak kommt vor allem durch die Landwirtschaft in die Luft.“ (Allgemeine Zeitung) Aber wer hat den Mut, diese Schadstoffursache konsequent politisch in den Blick zu nehmen und zu bekämpfen? Und was bedeutet das für den Lebensstil der Menschen wohlhabender Länder? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 15.11.20183sat
  • Folge 266 (60 Min.)
    Die Dürre im Jahr 2018 in Deutschland führte zu massiven Ernteausfällen und Futtermangel. „scobel“ diskutiert, wie sich angesichts extremer Wetterlagen die Landwirtschaft verändern muss. Klimaveränderungen wirken sich auf das Wachstum von Pflanzen aus. Aber auch die landwirtschaftliche Produktion beeinflusst stark das Klima. Kosten und Risiken dieser Verflechtung sind nur schwer zu prognostizieren. Nach zähen Verhandlungen einigten sich deutsche Politiker im Herbst dieses Jahres auf ein Soforthilfeprogramm für existenzgefährdete Bauern in Deutschland. Im Oktober stellten sowohl der Bund als auch die Länder insgesamt 340 Millionen Euro zur Unterstützung von landwirtschaftlichen Betrieben zu Verfügung, die durch die sommerliche Dürre geschädigt wurden.
    Aufgrund der lang anhaltenden Trockenheit gab es zahlreiche Notschlachtungen, mussten Wintervorräte verfüttert werden, und es kam zu Verlusten bei der Getreide-, Rüben-, Raps- und Kartoffelernte. Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch die Hitze und den fehlenden Regen entstand, wird auf über eine Milliarde Euro geschätzt. Wurde die extreme Hitzewelle durch den Klimawandel ausgelöst? Darüber streiten sich die Experten. Unbestritten ist jedoch, dass die Landwirtschaft maßgeblich zu den Treibhausgas-Emissionen beiträgt.
    Aus der Tierhaltung und den Wirtschaftsdüngern entsteht das klimawirksame Spurengas Methan, und aus der Düngung von landwirtschaftlich genutzten Böden stammen Kohlendioxide sowie Lachgas und Stickoxide. Um die internationalen Klimaziele zu erreichen, will die Bundesregierung bis 2020 auch die Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft senken. Wird sie dieses Vorhaben schaffen? Oder sind statt Monokulturen und Düngung ganz andere Anbauformen und Techniken nötig? Können ökologische Ansätze, wie beispielsweise die Permakultur, eine nachhaltige und richtungsweisende Alternative sein? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 13.12.20183sat

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