„Star Trek: Discovery“: Die Galaxis retten im Schweinsgalopp – Review

Ein Rückblick auf eine durchwachsene dritte Staffel

Bernd Krannich
Rezension von Bernd Krannich – 08.01.2021, 14:40 Uhr

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Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) hält in Staffel drei alleine die Fahne der Föderation hoch – Bild: CBS All Access
Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) hält in Staffel drei alleine die Fahne der Föderation hoch

Zum Wochenende ist die dritte Staffel von „Star Trek: Discovery“ zu Ende gegangen – am Donnerstag hatte die finale Folge in den USA bei CBS All Access ihre Premiere, am Freitag ist sie nun durch Netflix auch in Deutschland angekommen. Mit ihr geht quasi auch ein „Star Trek“-Jahr zu Ende, das mit „Star Trek: Picard“ begann und das in den USA auch das animierte „Star Trek: Lower Decks“ hervorgebracht hat – das in Deutschland am 22. Januar zu Prime Video kommt (fernsehserien.de berichtete).

Wie schon die vorherigen Staffeln lieferte auch die dritte Auflage von „Star Trek: Discovery“ leider eine eher durchwachsene Mischung an Episoden ab. Und wie die Vorgänger erzählt auch diese Staffel im Wesentlichen eine durchgehende Geschichte und bringt diese mit dem Staffelfinale auch zu einem Abschluss – zumindest hat es den Anschein. Gerade darin liegt eine der entscheidenden Schwächen der Erzählung.

Darum geht es in der dritten Staffel von „Discovery“

Im Rahmen der zweiten Staffel von „Star Trek: Discovery“ war die Entscheidung getroffen worden, die USS Discovery in die Zukunft zu versetzen – das Schiff hatte die „Lebenserinnerungen“ einer nur als Sphäre bezeichneten Lebensform an Bord, die in der Gegenwart der Discovery den ultimativen Siegeszug einer künstlichen Intelligenz und damit den Untergang aller anderen Kulturen bringen konnte. So „opferte“ sich Michael Burnham (Sonequa Martin-Green), ihr hiesiges Leben aufzugeben und der Discovery einen Weg in die entfernte Zukunft zu öffnen – und ihre Kameraden schlossen sich ihr freiwillig an.

Dystopische Zukunft

Nach und nach erarbeiten sich die Neuankömmlinge im Jahr 3188 (mehr als 900 Jahre in ihrer Zukunft) ein Bild der Situation. In einer mysteriösen kosmischen Katastrophe knapp 120 Jahre zuvor – der Brand (im Englischen: The Burn) hat nahezu alles Dilithium der Galaxis zerstört – da das der Treibstoff nahezu aller überlichtschnellen Antriebe der „Star Trek“-Galaxis auf Warp-Basis ist, wurden fast alle Raumschiffe zerstört. Dilithium wurde zur absoluten Mangelware, womit auch der interstellare Raumflug nahezu zum Erliegen kam. Die galaktische Kultur kollabierte, fiel in „Kleinstaaterei“ zurück. Schon vorher war die Föderation als Planetenbündnis ins Wanken geraten, da sie auf zahlreiche Probleme keine Hilfe liefern wollte – zu denen auch ein schleichender Rückgang der Dilithium-Förderung gehörte.

Die Föderation ist ein Ideal, das im Jahr 3189 nur noch von Wenigen hochgehalten wird. CBS All Access

Das Machtvakuum machte sich die mafiöse „Handelsgruppierung“ der Smaragd-Kette (englisch: Emerald Chain) zunutze – ein bisschen der Nachfolger des Orion-Syndikats, das schon in Zeiten von „Raumschiff Enterprise“ eingeführt wurde, scheinbar von männlichen Oroniern geführt wurde und Frauen des Volkes als Sklaven verkaufte; allerdings wurde später offenbar, dass die Frauen insgeheim die Strippen zogen. Ohne moralische Bedenken zog die Smaragd-Kette ein Netz von Handelsstationen auf, auf denen alles gehandelt wurde, was Profit bringt. Parallel unterhält die Smaragd-Kette eine Flotte „freier“ Kuriere: Die erhalten für ihre Lieferflüge von Waren zu den Handelsstationen von der Kette entsprechend Dilithium, müssen dafür aber gefährliche Flüge übernehmen und leben im Wesentlichen von der Hand in den Mund.

Die Lebenswelt im Jahr 3188 ist also eine Antithese der Werte der Föderation: Jeder hat insgeheim Angst vor dem Nachbarn, niemand hilft einander und die Kette nutzt Piraterie, Sklaverei, Erpressung und Ausbeutung, um Gewinn zu machen. Über allem schwebt das bedrohliche Gefühl eines „unsicheren Friedens“ – denn da niemand weiß, was den Brand ausgelöst hatte, weiß auch niemand, ob nicht morgen der Rest der interstellaren Raumfahrt zusammenbricht.

Ankunft

Burnham war in einem Spezialanzug alleine durch die Zeit gereist, hatte der Discovery einen Tunnel geöffnet. Sie muss nun feststellen, dass bei ihrer Ankunft von der Discovery jede Spur fehlt. Gestrandet auf einem bewohnten Planeten macht sie die Bekanntschaft von Book (David Ajala), einem der Kuriere der Kette. Der stellt sich bald als Freiheitskämpfer heraus, der von innerhalb des Systems gegen die Ausbeutung und Ausrottung von tierischen Kreaturen wirkt. An seiner Seite schlägt sich Burnham ein Jahr durch und versuchte die Hintergründe des Brandes zu klären: war es ein natürliches Phänomen, ein „Unfall“ oder geplante Sabotage? Allerdings ist ihre Reichweite stark eingeschränkt.

Harte Landung für Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) in der Zukunft. CBS All Access

Nach knapp einem Jahr erscheint schließlich die Discovery – und mit ihr der von Dilithium unabhängige Sporen-Antrieb. In einer ersten Handlungs-Phase nach dieser Wiedervereinigung suchen Burnham und ihre Kameraden nach der Spur der Föderation. Denn die hat die meisten Mitglieder-Planeten – wie die Erde und Vulkan – verloren. Letztendlich findet sie sich am Ende einer Hinweiskette: zurückgezogen auf eine von einem Schutzfeld umgebene Raumstation und konzentriert auf wenige Planeten, die man mit der bescheidenen Flotte unterstützen und vor Übergriffen schützen kann.

In der zweiten Phase der Staffel kommt es zu einem kleinen Kräftemessen zwischen Burnahm und dem Sternenflottenadmiral Charles Vance (Oded Fehr), bei dem Saru (Doug Jones) als Captain der Discovery in der Mitte steht: Vance sieht den (leider nicht reproduzierbaren) Sporen-Antrieb und damit die Discovery als wesentliche Verbesserung für die Föderation in ihrer „defensiven Haltung“. Burnham hingegen will die noblen Werte der Föderation wieder hinaus ins Weltall tragen und zudem die Hintergründe des Brandes erforschen. Saru versucht zu vermitteln, so dass die Discovery sich der Föderation unterstellt, aber Burnham zu Einzelgängen neigt.

Das Finale der dritten Staffel

Im dritten und letzten Part hat die Smaragd-Kette unter der Führungsperson Osyraa (Janet Kidder) den Wert der Discovery und des Sporen-Antriebs erkannt und versucht, sie für ihre Ziele unter Kontrolle zu bringen – inklusive eines bewussten Katz-und-Maus-Spiels etwa mit Bedrohung von Books Heimatplanten, um ein Auftreten der Discovery herauszufordern. Daneben hat Burnham mit ihren Eigenmächtigkeiten genug Daten gesammelt, um den Ursprungsort des Brands zu finden. Während Saru in einer sehr persönlichen Mission an diesem Ursprungsort in einem lebensfeindlichen stellaren Leben dafür sorgen kann, dass sich der Brand nie wiederholen wird, kann die Brückencrew die Discovery nach der Kaperung durch Osyraa in einem Kampf auf Leben und Tod befreien und die Macht der Smaragd-Kette nachhaltig brechen. Mit neu entdeckten, gewaltigen Dilithium-Vorräten – bei deren Weitergabe die Föderation sich großzügig zeigen kann – scheint ein neues, goldenes Zeitalter eingeläutet …

Kurzkritik

Wie schon gesagt, liefert auch die dritte Staffel von „Star Trek: Discovery“ leider wieder sehr uneinheitliche Episoden. Bei einer dritten Staffel sollte man der Meinung sein, dass die Serie mittlerweile eingespielter sei.

Wenig überzeugender Neuzugang: Book (David Ajala) – und was haben sich die Macher von seiner Katze Grudge versprochen? CBS All Access

Grundsätzlich erinnert das Setup dieser Staffel stark an die Serie „Gene Roddenberrys Andromeda“, die von „Star Trek – Deep Space Nine“-Produzent Robert Hewitt Wolfe aus einem Serienkonzept entwickelt wurde, das in den Hinterlassenschaften von „Star Trek“-Schöpfer Gene Roddenberry gefunden wurde. In beiden Fällen überdauert ein Raumschiff aus einer interstellaren Hochkultur „off screen“ den Zerfall der Hochkultur durch einen dramatischen Kataklysmus – hier der Brand, dort Bürgerkrieg und die Invasion einer interstellaren Raubtier-Spezies. Gestützt auf seine „überlegene alte Technik“ beginnt ein Protagonist mit dem erneuten Schmieden der alten Hochkultur.

Allerdings hatte „Andromeda“ dabei den „Vorteil“, dass dieses Titanenwerk nicht binnen einer 13-teiligen Staffel gelöst wurde. Denn genau das hinterlässt nach dem Konsum des Staffelfinals von „Star Trek: Discovery“ einen sehr schalen Beigeschmack: Mit der Niederlage von Osyraa und der trickreichen Zerstörung ihres mächtigen Schiffes soll die Smaragd-Kette schon ausgehebelt sein? Mehr als hundert Jahre des Misstrauens unter den Völkern der Galaxis durch ein bisschen geschenktes Dilithium aufgelöst? Denn im Voiceover, das die Handlung des Staffelfinals abrundet, wird genau dieses wundersame Ende der galaktischen Krise etabliert.

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