Folge 726

  • Gelassen älter werden

    Folge 726 (90 Min.)
    „Du merkst, dass Du älter wirst, wenn die Geburtstagskerzen mehr kosten als der Kuchen.“ Nicht jedem gelingt es, das Älterwerden so auf die leichte Schulter zu nehmen wie dem amerikanischen Komiker Bob Hope. Bereits die magische 50 empfinden viele als gravierenden Umbruch im Leben mit Ängsten, Zweifeln und Krisen. Andere wiederum fühlen sich um Jahre jünger – von alt und staubig keine Spur. Sie wollen statt gepflegter Langeweile zwischen Krankheitsgesprächen und Seniorenteller ein völlig anderes Menü im Leben.
    Bitte nicht die zehnte Heizdecken-Kaffeefahrt in Folge, stattdessen schlagen sie sich lieber die Nächte als Junggastronom um die Ohren. Oder biegen ihre Knochen im Yogakurs, quälen sich mit über 70 noch für einen Triathlon oder starten ihr Erststudium. Auch dank der Chirurgie und gut gefülltem Konto fühlen sich immer mehr als Kreativdirektor ihres jungen Images, späte Vaterschaft, zweiter Frühling mit junger Geliebten inklusive. Alles schön, solange der Körper keine Zicken macht, kein Herzinfarkt oder Schlaganfall brachial ins Leben bricht.
    Was sind die Chancen, was die Risiken in einer Gesellschaft, die immer älter wird? Wo beginnt purer Egoismus, wo endet das Verständnis für die Selbstverwirklichung der neuen Alten? Zwingt uns der Jugendwahn förmlich zu einem aktiven Alter oder hat man auch das Recht, sich auf den erworbenen Lorbeeren auszuruhen? Michael Steinbrecher fragt nach. Unaufhaltsam rückt der 50. Geburtstag bei Schauspieler Kai Wiesinger näher.
    Und damit auch die Zicken, die das Älterwerden so mit sich bringt. „Der Lack ist ab“ – das bringt sein momentanes Lebensgefühl auf den Punkt. Und mit den nicht immer angenehmen Nebenerscheinungen des Alterns beschäftigt er sich auch in seiner ersten Filmarbeit als Regisseur und zieht eine eher nüchterne Bilanz: „Ich finde das Älterwerden nicht toll, denn ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich mit 20 aussah. Nur im Kopf gewinnt man mit dem Alter dazu. Man wird weißer, aber auch eben weiser.“ „Meinen 50. habe ich richtig gefeiert.
    Der Tag fing damit an, dass ich meine Brille nicht gefunden habe und da wusste ich: So, das passt.“ Sissi Perlinger geht gelassen ans Älterwerden ran und ist überzeugt, dass man sich nur rechtzeitig darauf vorbereiten muss. Die Kabarettistin fühlt sich Jahr um Jahr glücklicher: „Ich werde eine groovige Alte sein, noch mehr Musik machen als bisher und Schlagzeug spielen wie eine gesengte Sau.“ Doch gab es auch Phasen in ihrem Leben, in denen Gelassenheit ein Fremdwort war.
    Bis sie ihr Leben radikal änderte. Radikal änderte sich auch das Leben von Waltraud Lenhart. Vor drei Jahren starb ihr Mann, der baden-württembergische Unternehmer und Hobbykunstflieger Klaus Lenhart, bei einem Flugzeugunglück. Damit zerschellten auch all die Zukunftspläne, auf die das Ehepaar gemeinsam hinarbeitete: „Die Transsibirische Eisenbahn war so ein Traum, den wir zu zweit verwirklichen wollten. Aber wir haben alles auf später verschoben, denn mein Mann war die
    Seele des Unternehmens.“ Deshalb zögerte die Witwe auch keine Minute, als es um die Firmennachfolge ging.
    Seitdem führt sie sein Lebenswerk als Leiterin des Sportausrüstungsherstellers fort. Nochmal ganz neu durchstarten, und das ganz freiwillig – diesen Weg ging Katja Schätzle. Lange Jahre war die Kölnerin Geschäftsführerin einer Maschinenfabrik, doch mit 50 entschied sie sich gegen die Männerdomäne und tauchte ein in ihr neues Reich der Sinnlichkeit. Katja Schätzle wurde Tortendesignerin und geht darin völlig auf: „Mein lange gehegter Traum ging in Erfüllung.
    Schokolade ist einfach etwas Wunderbares, es ist der Nektar der Götter.“ Pralinen, Schokolade oder Sahneschnittchen – bei Berbé Schmidt haben solch kalorienreiche Sünden keinerlei Spuren hinterlassen. Disziplin war als ehemalige Profitänzerin des Berliner Friedrichstadtpalasts ihr täglich Brot. Und noch heute, mit 73, liebt sie den großen, paillettenbestickten Glitzerauftritt und ist mit einer Showtanztruppe ständig auf Achse.
    Der von ihr gegründete „Club der Lebensfrohen“ ist gefragt, dabei lässt sie so manch Jungen alt aussehen: „Ich will tanzen, bis ich nicht mehr kann. Wenn man von morgens bis abends auf der Bühne steht, denkt man nicht viel übers Altern nach.“ Im „Club der Lebensfrohen“ hat sich Heinz Nowak bisher nicht angemeldet. Der Österreicher geht lieber in Diskotheken, denn er fühlt sich mit seinen 66 Jahren als junggebliebener Mittzwanziger. Ob zerrissene Jeans und Turnschuhe im Trendy-Look, Falten-OP oder Fettabsaugen – der vier Mal geschiedene ehemalige Geschäftsführer bemüht sich mit vielen Hilfsmitteln um Jugendlichkeit.
    „Auch beim Sex fühle ich mich in absoluter Höchstform. Zudem habe ich gute Gene.“ Beim Anvisieren seiner weiblichen Zielgruppe, die für ihn mit einer deutlichen Altersdifferenz nach unten einher geht, ist der Single sehr aktiv. „Oft kommt es zu beruflicher und privater Neuorientierung. Außerdem machen sich körperliche Veränderungen bemerkbar, die sogenannte „zweite Pubertät setzt ein“, weiß Dr. Pasqualina Perrig-Chiello.
    Die Professorin für Entwicklungspsychologie sieht die Lebensmitte als idealen Zeitpunkt, um die Weichen neu zu stellen. Die Schweizerin kennt die Zweifel und Krisen, aber auch die Chancen dieser Phase nur zu gut: Nach dem 40. Geburtstag beginnt man Bilanz zu ziehen und sein bisheriges Leben zu hinterfragen. Aber auch die eigene Endlichkeit wird Thema. Trotz allem macht Perrig-Chiello Mut: „Wer diese Lebensphase gut gemeistert hat, der meistert auch das Altern gut!“ Die angenehmen, gerne auch mal luxuriösen Seiten des Lebens genießen und im Alter die Ernte dessen einfahren, was man sich im Berufsleben hart erarbeitet hat – davon ist Norbert Beule weit entfernt.
    Und dass, obwohl es in seinen ersten Berufsjahren nur steil nach oben ging. Doch als erfolgreicher Banker schlitterte er schließlich aus der Vorstandsetage in die Obdachlosigkeit. Statt ein „dolce vita“ im Rentenalter bleiben dem 66-Jährigen 300 Euro zum Leben: „Nicht mal meinen Enkelkindern kann ich finanziell etwas bieten, das schmerzt sehr.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 22.05.2015SWR Fernsehen

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Sa 25.07.2015
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Fr 22.05.2015
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