Folge 496

  • Der Fall Niels H. – Warum wird ein Krankenpfleger zum Serienmörder?

    Folge 496
    Es könnte der schlimmste Serienmord der deutschen Nachkriegsgeschichte sein: Der Krankenpfleger Niels H. steht im Verdacht, bis zu 200 Menschen mit Medikamenten getötet zu haben. Die Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kliniken, die den Verdachtsfällen nicht konsequent nachgegangen seien. Die Politik ist alarmiert. Haben Kontrollmechanismen versagt? Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe warnt vor übereilten Schuldzuweisungen. Trotzdem fragen sich Patienten, Angehörige und Experten: Muss man Klinikpersonal prinzipiell besser überwachen?
    Die Gäste: Kathrin Lohmann (Tochter eines Mordopfers), Frank Lauxtermann (Krankenpfleger), Gisela Friedrichsen (Gerichtsreporterin), Dr. Dirk Tenzer (Vorstand Klinikum Oldenburg), Judith Arlt (Schwiegertochter eines Patientenmordopfers), Karl Lauterbach, SPD (Gesundheitsexperte)
    Kathrin Lohmann
    Auch dank ihrer Beharrlichkeit steht Niels H. unter Mordanklage. Als 2003 ihre Mutter völlig überraschend auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst stirbt, glaubt Kathrin Lohmann nicht an eine natürliche Todesursache. 12 Jahre lang kämpft die Altenpflegerin gegen viele Widerstände um Aufklärung. Erst eine Exhumierung bringt den Beweis: Kathrin Lohmanns Mutter wurde ein gefährliches Medikament gespritzt, an dem sie starb. Der Verdacht gegen Niels H. erhärtet sich. „Meine Mutter und ich standen uns sehr nahe. Es war das Einzige was ich noch für sie tun konnte“, sagt Kathrin Lohmann über ihren Einsatz, für den sie mit dem Zivilcouragepreis ausgezeichnet wurde.
    Frank Lauxtermann
    Er hatte seinen Kollegen schon früh im Verdacht: Frank Lauxtermann arbeitete mit Niels H. auf der Intensivstation der Klinik Oldenburg zusammen. „Bei Herzstillständen war er auffällig oft am Bett der Patienten. Und nach einer Reanimation war der Kaliumwert häufig unerklärlich hoch. Wir wussten, da muss nachgeholfen worden sein.“ Der Krankenpfleger machte die Klinikleitung darauf aufmerksam, doch nichts passierte. „Es war eine Kultur des Wegsehens und Schweigens“, kritisiert der 53-Jährige und fordert eine schonungslose Aufklärung.
    Gisela Friedrichsen
    „Der Fall Niels H. erschüttert das Vertrauen von Patienten und Angehörigen in Pfleger und Ärzte“, fürchtet die Gerichtsreporterin. Gisela
    Friedrichsen übt scharfe Kritik am Verhalten der Verantwortlichen in den Krankenhäusern: „Fällt ein Mitarbeiter durch eigenartiges Verhalten auf, wird er mit einem guten Zeugnis entlassen und kann mit seinen kriminellen Machenschaften direkt in der nächsten Klinik weitermachen. Hauptsache, der gute Ruf des Krankenhauses wird nicht beschädigt“, beklagt die „Spiegel“-Journalistin.
    Dr. Dirk Tenzer
    „Wir gehen in unserem Haus von bislang 16 Patientenmorden durch Niels H. aus“, sagt der Arzt und Krankenhauschef. Etwa dreieinhalb Jahre hatte der Pfleger auf der Intensivstation und in der Anästhesie des Klinikums Oldenburg gearbeitet. Zwar gab es unter den Kollegen immer wieder Gerede über den „Pechvogel“, der auffällig oft bei Reanimationen dabei war, doch weder Sterberate noch Medikamentenverbrauch waren besonders auffällig. Der damals neue Klinikvorstand setzte, nachdem ihm das Verfahren gegen Niels H. bekannt wurde, einen externen medizinischen Gutachter ein: „Wir wollen das Geschehene lückenlos aufklären und alles dafür tun, solche Taten zu verhindern“, so Dr. Dirk Tenzer.
    Judith Arlt
    „Mit dem Tod meines Schwiegervaters habe ich mich abgefunden, aber nicht mit der Art und Weise, wie er gestorben ist“, sagt die Schriftstellerin. Der damals 77-jährige Gerhard Arlt wurde 2006 in der Berliner Charité das Opfer der Krankenschwester Irene B, die ihn mit einer Injektion tötete. Er war kein Einzelfall. Der so genannte „Todesengel der Charité“ wurde wegen fünffachen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Judith Arlt kritisiert: „Da die Patientenmörderin schon vorher auffällig geworden ist, hätte die Klinik früher handeln müssen.“ Und sie ist sich sicher: „Hätte man aus dem damaligen Fall an der Charité gelernt, Niels H. hätte nicht so viele Patienten ermorden können.“
    Karl Lauterbach
    „Wir müssen an mehr Patienten, die plötzlich versterben, deutlich häufiger Autopsien vornehmen als bislang üblich“, sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende nach der Entdeckung des vermutlich größten Serienmordes der deutschen Nachkriegsgeschichte an den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst. Es handle sich um gravierende Vorgänge, nach denen man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen könne. Kliniken müssten Unregelmäßigkeiten strikt verfolgen, fordert der Mediziner und Gesundheitsökonom. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.07.2016Das Erste

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Sa 16.07.2016
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Fr 15.07.2016
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