Folge 356

  • Der Beschneidungsstreit: Wie weit dürfen religiöse Rituale gehen?

    Folge 356
    Dieter Graumann /​ Der Zentralrats-Präsident sieht die Beschneidungsdebatte in Deutschland mit größter Sorge. Falls es bei der Rechtsauffassung bleibe, wonach die Beschneidung eines Jungen strafbare Körperverletzung ist, wäre „am Ende jüdisches Leben hier gar nicht mehr möglich“, fürchtet Dieter Graumann. Die Debatte werde auch von einigen missbraucht, „um wieder alte antisemitische Klischees und Vorurteile zu transportieren“. Für die Juden sei die Beschneidung elementar. Graumann fordert jetzt eine klare gesetzliche Regelung.
    Bilkay Öney /​ Die Integrationsministerin fragt sich, warum jetzt eine Art Religionskrieg angezettelt werde. Das Argument mit dem Kindeswohl ist für sie fadenscheinig. „Als hätten Juden und Muslime das Kindeswohl nicht im Blick. Das finde ich unverschämt.“ Sie wolle nicht, dass Deutschland einziges Land auf der Welt sei, das Beschneidungen verbiete. „Damit würde die freie Religionsausübung eingeschränkt“, sagt Bilkay Öney. Christa Müller /​ „Es wäre eine Katastrophe, wenn die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen jetzt in Deutschland gesetzlich erlaubt wird.
    Dann würde es sofort Klagen geben, um auch die Mädchenbeschneidung zu erlauben“, fürchtet die Mutter eines Sohnes, die mit ihrem Verein „Intact“ seit 16 Jahren gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen kämpft. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit sei vom deutschen Grundgesetz geschützt und höher zu bewerten als Religionsfreiheit und Elternrecht, so die gläubige Katholikin: „Wer in Deutschland lebt, muss sich unserer Verfassung beugen.“
    Necla Kelek /​ In ihrem Buch „Die verlorenen Söhne.
    Plädoyer für die Befreiung des türkisch-muslimischen Mannes“ beschreibt die Soziologin die Beschneidung ihrer beiden Neffen in der Türkei und löste damit die juristische Überprüfung der Knabenbeschneidung aus religiösen Gründen in Deutschland überhaupt erst aus. Die Islamkritikerin fordert, archaische religiöse Sitten und Traditionen zu hinterfragen und ist überzeugt: „Beschneidung ist Körperverletzung, der Eingriff kann traumatische Folgen haben.
    Darüber müssen wir in Deutschland endlich ausführlich diskutieren.“ Dr. Sebastian Isik /​ Seit 35 Jahren beschneidet der Hamburger Arzt muslimische, jüdische und christliche Jungen. Für Sebastian Isik ist klar, dass hinter dem religiösen Ritus die Gesundheitsprävention steckt und pocht auf „Sauberkeit, Sauberkeit, Sauberkeit“. Die Warnung vor möglichen Traumata hält der Mediziner für maßlos übertrieben. Vielmehr warnt er vor den Gefahren, wenn Beschneidungen fortan in Hinterzimmern durchgeführt werden.
    „Dann müssen wir Mediziner viele Korrekturen verpfuschter Eingriffe vornehmen“, ist er überzeugt. Dr. Wolfgang Bühmann /​ „Ich rate von einer Beschneidung ab, wenn sie medizinisch nicht notwendig ist. Und diese Notwendigkeit liegt bei einer rituellen Beschneidung nicht vor“, sagt der Urologe. „Als Arzt bin ich dazu verpflichtet, Schaden vom Kind abzuwenden“, so Wolfgang Bühmann, der Eltern vor körperlichen und seelischen Folgen warnt. Sein Vorschlag: „Warum warten wir nicht mit der religiösen Beschneidung, bis die Jungen mit mindestens 14 Jahren selbst entscheiden können, ob sie das wollen oder nicht?“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 14.08.2012Das Erste

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Sa 18.08.2012
23:05–00:20
23:05–
Do 16.08.2012
01:10–02:25
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Mi 15.08.2012
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03:10–
Di 14.08.2012
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