Folge 646

  • Folge 646

    45 Min.
    Geringverdiener in der Falle: Lebenslänglich arm
    Vollzeit arbeiten und doch nicht genug zum Leben haben? Genau das sollte sich eigentlich mit der Einführung des Mindestlohns in Deutschland ändern. Doch noch immer verdienen mehr als drei Millionen Arbeitnehmer trotz Vollzeitjob weniger als 2000 Euro brutto im Monat. Dabei gibt es große regionale Unterschiede: Während der Anteil in Westdeutschland bei zwölf Prozent liegt, ist er in Ostdeutschland mit 23,5 Prozent fast doppelt so hoch. Selbst wenn der Mindestlohn, wie von der SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund gefordert, auf zwölf Euro angehoben werde, reiche das allein nicht aus, sagen Experten.
    Auch dann würden noch immer viele Vollzeitbeschäftigte, auch gelernte Arbeitskräfte, nicht genügend verdienen, um ein akzeptables Auskommen und eine finanziell gesicherte Zukunft zu haben. Millionen Arbeitnehmern drohe Altersarmut. Deshalb müsse vielmehr auch die Tarifflucht der Unternehmen bekämpft werden. „Frontal 21“ hat Geringverdiener in ihrem Alltag getroffen und fragt nach, warum die Politik so wenig getan hat, um den Niedriglohnsektor einzudämmen.
    Der Wolf im Wahlkampf: Mit der Angst auf Stimmenfang
    Seit inzwischen 20 Jahren ist der Wolf zurück in Deutschland. Immer wieder läuft er durch Dörfer, immer wieder reißt er Schafe und Ziegen. Nun greift die AfD das Thema auf und benutzt den Wolf, um Wahlkampf und kräftig Stimmung zu machen. In Sachsen, wo es besonders viele der tierischen Einwanderer gibt, hat die AfD sogar eine eigene Wolfsbeauftragte. Silke Grimm ist zwar noch nie einem Wolf begegnet, behauptet aber, künftige Generationen würden keine weidenden Schafherden mehr sehen, so gefräßig sei das Raubtier. Sogar Kinder seien bedroht. Deshalb will Grimm Obergrenzen für Wölfe einführen.
    Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse macht mit dem Thema Politik: „Wölfe haben schon lange gelernt, dass vom Menschen keine Gefahr ausgeht.“ Der nächste logische Schritt sei, dass sich auch ihr Beuteschema ändere, sagt der AfD-Politiker. „Alles, was kleiner und langsamer ist, ist als potenzielles Jagdopfer anzusehen.“ Hilse sieht Wölfe als unerwünschte Eindringlinge und vergleicht sie mit kriminellen Flüchtlingen. So absurd solche Vergleiche sind, die AfD schürt bewusst Angst und interessiert sich offenbar nicht für Fakten. Denn seitdem der Wolf zurück in Deutschland ist, hat er noch nie einen Erwachsenen oder gar ein Kind angegriffen.
    Und auch für die Weidetierhalter ist der Wolf nur eines von vielen Problemen, da dieser sich zu 97 Prozent von Wildtieren wie Rehen oder Wildschweinen ernährt und nur drei Prozent seiner Nahrung Weidetiere wie Ziegen und Schafe sind. Zudem wird ein Schäfer für jedes vom Wolf gerissene Tier vom Land entschädigt und bekommt zum Schutz seiner Tiere Zuschüsse für Elektrozäune. „Frontal 21“ berichtet, wie die AfD mit der Legende vom bösen Wolf ein Thema besetzt und mit der Angst vor dem tierischen Einwanderer Wahlkampf in Brandenburg und Sachsen betreibt, statt aufzuklären.
    Klimawandel bei den Grünen: Radikal war gestern
    Die Grünen stehen wie keine andere Partei für Klimaschutzpolitik. Von der öffentlichen Debatte um Klima und Umwelt profitieren sie gegenwärtig am stärksten. Wähler und Wählerinnen trauen ihnen auf diesen Gebieten am meisten zu. Doch wie grün ist die Partei wirklich – vor allem dann, wenn statt Schwarz-Rot auf Bundesebene künftig Schwarz-Grün regieren würde? Und gibt es überhaupt noch radikale politische Forderungen von ihrer Seite? „Frontal 21“ geht der Frage nach, wie konsequent die Grünen ihre politischen Ziele überhaupt umsetzen können, wenn sie an die Macht wollen.
    Muss die Partei nicht irgendwann mit der Wahrheit rausrücken? Denn dem Klimawandel den Kampf anzusagen, bedeutet auch Verzicht und Verbote, die dem Wähler nicht gefallen könnten. Angeklagter im Chemnitz-Prozess „Ich habe ihn nicht angefasst.“ Wenige Tage vor dem möglichen Urteil im Prozess zum Tod Daniel Hilligs konnte „Frontal 21“ mit dem Beschuldigten Alaa S. ein Telefoninterview führen. Er sitzt seit einem Jahr in der JVA Waldheim in Untersuchungshaft. Der 23-jährige Syrer bestreitet in dem Gespräch, Daniel Hillig in der Nacht zum 26. August 2018 in Chemnitz
    erstochen zu haben.
    Er sei aus einem Döner-Imbiss hinausgelaufen, weil er Rufe gehört habe. „Ohne hinter mich zu gucken, bin ich einfach so mit denen abgehauen, und dann kommt die Polizei und fasst nur uns beide“, berichtet Alaa S. gegenüber „Frontal 21“. Der gemeinsam mit Alaa S. festgenommene Yousif A. wurde wenig später aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Ein weiterer Tatverdächtiger, Farhad A., ist flüchtig und untergetaucht. Alaa S. beteuert, an der Tötung Daniel Hilligs nicht beteiligt gewesen zu sein: „Ich schwöre bei meiner Mutter, ich habe ihn nicht angefasst.
    Ich habe überhaupt nicht das Messer angefasst.“ Alaa S. hat bisher im Prozess zu den Vorwürfen geschwiegen. Alaa S. sagt im Gespräch mit „Frontal 21“, dass er nach einem Jahr Untersuchungshaft kaum noch an ein faires Urteil glaube. „Ich habe Angst vor jedem hier, ich habe Angst vor den Mitgefangenen, ich habe Angst vor den Beamten. Ich habe sogar Angst vor dem Gericht.“ Tatsächlich lastet auf den Prozessbeteiligten ein großer Druck.
    So hatte die Bürgermeisterin von Chemnitz, Barbara Ludwig (SPD), gesagt, sie hoffe auf eine Verurteilung, „damit die Angehörigen Ruhe finde können“. Der Tod von Daniel Hillig hatte Chemnitz international in die Schlagzeilen gebracht, weil bei Demonstrationen und sogenannten Trauermärschen Rechtsextreme Hitlergrüße zeigten, die Polizei und Gegendemonstranten angegriffen. Alaa S. hofft, dass das Gericht sich davon nicht leiten lässt: „Wir sind nicht in Syrien oder in Afghanistan oder im Irak. Ich bin in Deutschland, in einem demokratischen Land.“ Die Wahrheitsfindung müsse an erster Stelle stehen.
    Gestern hatte die Staatsanwaltschaft eine hohe Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert. In seinem Plädoyer beantragte Anklagevertreter Stephan Butzkies eine Gesamthaftstrafe wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung von zehn Jahren. Die Höchststrafe bei Totschlag beträgt 15 Jahre. Die Staatsanwaltschaft stützt sich im Wesentlichen auf die Aussagen eines ehemaligen Angestellten eines Döner-Ladens. Der hatte zunächst berichtet, dass er den Angeklagten aus einem Fenster des Imbisses am Tatort gesehen habe, wie er mit schlagenden oder stechenden Bewegungen auf das Opfer eingewirkt habe.
    Bei späteren Vernehmungen und auch vor Gericht wurden seine Aussagen zunehmend unpräziser. Im Laufe des Prozesses wurde klar, dass die Polizei keinerlei Spuren von Alaa S. an der Tatwaffe finden konnte. Es fehlen auch DNA-Spuren des Täters am Opfer. Für einige Prozessbeobachter bestehen Zweifel, ob mit Alaa S. der Richtige auf der Anklagebank sitzt. Alaa S. sagt, ihn habe die Konfrontation mit der Mutter und der Schwester des Getöteten im Gerichtssaal besonders belastet.
    „Danach konnte ich nicht mehr schlafen. Der den Sohn getötet hat, dem wünsche ich lebenslang. Ich schwöre auf Allah, ich habe damit nichts zu tun“, sagt Alaa S. im Telefoninterview und fügt hinzu, er könne die Trauer der Mutter nachvollziehen, da er eine Schwester verloren und die Gefühle seiner Mutter erlebt habe. „Seit einem Jahr warte ich nur auf die Wahrheit“, so Alaa S. gegenüber „Frontal 21“. Am Donnerstag will die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Chemnitz das Urteil sprechen – in einem Fall, der Chemnitz aufgewühlt und dessen Folgen Deutschland aufgeschreckt haben.
    Sachsens AfD-Chef im Wahlkampf: Doppelzüngig beim Thema Energiewende
    Jörg Urban ist auf Wahlkampftour. Er will die AfD in Sachsen am 1. September 2019 zum Sieg führen, und auch an diesem Montag geißelt er vor applaudierenden Fans in Dresden die aus seiner Sicht „irrsinnige Energiewende“. Sie gefährde „unsere Versorgungssicherheit“, besonders energieintensive Industriezweige würden aus dem Land getrieben. Vor allem aber verschlucke sie „Unmengen Subventionen“. Auch im Netz macht Sachsens AfD-Chef Stimmung. Der menschengemachte Klimawandel sei „Humbug“ prangt es auf Facebook-Fotos. Die Deutschen seien längst „Stromsklaven der überteuerten Energiewende“. Jörg Urban fordert: „Experiment Energiewende sofort beenden“, also den sofortigen Ausstieg aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Was Jörg Urban der Öffentlichkeit und den Wählern aber verschweigt: Der AfD-Chef betreibt selbst eine Solaranlage. Nach Recherchen von „Spiegel“ und „Frontal 21“ profitiert der Politiker persönlich vom Solarstrom und damit von der Förderung durch das EEG. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 20.08.2019ZDF

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Sendetermine

Fr 23.08.2019
08:10–08:55
08:10–
Do 22.08.2019
03:15–04:00
03:15–
Di 20.08.2019
21:00–21:45
21:00–
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