Ausstrahlung zurückgezogen, Seite 1

  • Hohe Arbeitslosigkeit, Armut, Kriminalität, marode Bauten: Problembezirke gibt es überall in Deutschland. Aber haben die Menschen dort wirklich keine Aussicht auf ein besseres Leben? „ZDFzeit“ macht den großen Chancen-Check und nimmt exemplarisch die Hochhaus-Siedlung Köln-Chorweiler unter die Lupe. In dem „sozialen Brennpunkt“ lebt fast jeder Zweite von Hartz IV, 80 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Wer schafft trotzdem den Aufstieg? Die Dokumentation zeigt, mit welchen Schwierigkeiten Menschen aus solchen Problemvierteln zu kämpfen haben – und welche Lösungsansätze es für die Misere gibt. Der Soziologe Sebastian Kurtenbach hat für eine Studie in Köln-Chorweiler gewohnt. Seine Beobachtungen ergeben ein genaueres Bild über das Leben im sozialen Abseits. „Man sieht Armut leider vielen Menschen auch an“, sagt er.
    Exzessives Trinken in der Öffentlichkeit, Kampfhunde, die ohne Leine herumlaufen – Kurtenbach ist der Überzeugung, dass arme Stadtteile ihre Bewohner noch ärmer machen. In Köln-Chorweiler lebt auch Familie S. Vater Hubert ist arbeitslos, seine Frau Manuela hat nur einen Aushilfsjob. Ihre Wohnung ist in einem schlechten Zustand. Es gibt Schimmel in fast jedem Raum. „Wenn die Leute hören, dass man aus Chorweiler kommt, dann ist man direkt abgeschrieben. Dann war’s das schon.“, sagt Hubert S.. Am liebsten würden sie mit ihren beiden Kindern in eine bessere Gegend von Köln ziehen. Aber sie finden keine Wohnung. So wie in Köln ist die Situation in allen Metropolen in Deutschland: Die Mieten in guten Lagen schießen durch die Decke. Schon Normalverdiener haben es schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
    Für Hartz IV-Empfänger und Geringverdiener ist es nahezu aussichtslos. Ricarda Pätzold vom Institut für Urbanistik kritisiert diese Entwicklung: „Die Folgen des Mangels an bezahlbaren Wohnungen in den Städten sind eine Verdrängung von einkommensschwächeren Gruppen an den Stadtrand.“ Den Städten würden langfristig wichtige Arbeitnehmer verloren gehen. Kriminologen sehen zudem einen Zusammenhang zwischen sozialer Verdrängung und der Entstehung von Kriminalität. Das geballte Zusammenleben der Schwächsten ist Nährboden für die Entwicklung von Parallelgesellschaften. Ulf Küch vom Bund deutscher Kriminalbeamter sagt: „Wir beobachten, dass in solchen Stadtteilen bestimmte Delikte wie Körperverletzung, Sachbeschädigung, Drogenhandel und häusliche Gewalt ansteigen.“ Bundesweit gibt es 240 Hochhaussiedlungen.
    Chorweiler im Norden von Köln ist mit 13 800 Einwohnern die größte Plattenbausiedlung Nordrhein-Westfalens. Die Kinderarmut liegt bei knapp 58 Prozent. Soziologen sind sich einig: Armut ist „vererbbar“. Wenn Kinder in einem schwierigen Umfeld groß werden, in dem Arbeitslosigkeit und Resignation normal sind, übernehmen sie auch später überwiegend diese Verhaltensmuster. „ZDFzeit“ zeigt am Beispiel von Wien, wie es besser laufen könnte. Viele Wohnungen sind dort in kommunaler Hand. Selbst in guten Lagen gibt es moderate Mieten. Und: Sozialwohnungen gibt es überall in der Stadt. Die Folge ist eine weitgehend gelungene soziale Durchmischung der Bevölkerung. (Text: ZDF)
    ursprünglich für den 12.12.2017 angekündigt

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