2014, Folge 37–51

evtl. unvollständig
  • Folge 37 (45 Min.)
    Die schönste Zeit des Jahres sind die Ferien, darauf freuen sich die Kinder in Norddeutschland am meisten das war auch schon früher so. Jeder erinnert sich noch ganz genau, wo er die Ferien in der Kindheit verbracht hat, ob zu Hause, am deutschen Ostseestrand oder in fernen Ländern. Der Ostfriese Renke Siefken musste Anfang der 1950er-Jahre, wie viele Landkinder, in der schulfreien Zeit auf dem heimischen Bauernhof mithelfen. Ans Verreisen dachte im Nachkriegsdeutschland noch keiner. Erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Mitte der 1950er-Jahre wuchs die Reiselust der Bundesbürger.
    Sie wollten endlich dem grauen Alltag entfliehen und sehnten sich nach südlicher Sonne, Spaghetti und Dolce Vita: Italien wurde für die Deutschen zum Traumziel Nummer eins. Moderatorin Alida Gundlach (70) hatte es gut: Sie durfte im warmen Süden aufwachsen. Die ersten sechs Jahre verbrachte sie bei ihren italienischen Großeltern in der Nähe von Salerno in Süditalien. So zog es sie und ihre Familie auch später in den Ferien immer wieder zurück nach „Bella Italia“.
    Sie erinnert sich an die erste Reisewelle der Deutschen Anfang der 1950er-Jahre: „Man stand am Brennerpass ja in Kolonnen! Es war furchtbar!“ Fernreisen waren in den 1960er- und 1970er-Jahren für viele Deutsche noch unerschwinglich, denn Flüge waren teuer. Pianist Joja Wendt konnte jedoch schon früh in der Türkei eine ganz andere, fremde Kultur kennen lernen: „Es war wie 1000 und eine Nacht, überall roch es so gut, und die Muezzine haben von den Minaretten runter gesungen.“ Joja Wendt berichtet davon, wie er in den Ferien wochenlang seinen Vater besucht hat, der als Chefarzt in Istanbul arbeitete.
    In seinen Winterferien stand Helmut Reichertz von morgens bis abends auf Skiern. In seiner Kindheit im Harz war das Schönste nicht die Sonne, sondern der Schnee! Mit Schippen schaufelten er und seine Freunde kleine Skisprungschanzen und für eine lange Abfahrt mussten sie erst einmal die Berge hinauf stapfen, denn Lifte gab es damals noch nicht. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 12.03.2014NDR
  • Folge 38 (45 Min.)
    Eine Kindheit an der See ist verbunden mit dem Geruch von Schlick, Schiffsdiesel und Fisch. Ob in Rostock, Cuxhaven, am Greifswalder Bodden oder auf der Hallig Seekinder wachsen mit einem Gefühl von Freiheit auf. „Wir waren den ganzen Tag draußen“, erzählt Johann Petersen, der auf der Hallig Langeneß aufgewachsen ist. Aus Seegras und Holz haben er und seine Freunde Hütten am Strand gebaut. „Einmal haben wir da drin Feuer gemacht und aus Versehen die ganze Hütte abgefackelt.“ Boy Andresen hat das Leben auf den Halligen noch ohne Strom und fließendes Wasser erlebt.
    Wenn bei Hochwasser Land unter war, hat er sich gefreut, weil es schulfrei gab und er endlich Zeit hatte, Bücher von Karl May zu lesen. In den Prielen ist Boy mit selbst gebauten Booten rumgeschippert nur schwimmen hat er nie gelernt. „Hühner und Hallig-Lüt“, sagt er in seinem charmanten nordfriesischen Platt, „können nicht schwimmen. Das war schon immer so, Hochwasser hin oder her.“ Der Wechsel von Meeresrauschen und den Metallschlägen der Rostocker Werften das war die Geräuschkulisse in der Kindheit von Saskia Valencia.
    Die Schauspielerin nutzte schon als Schülerin ihr dramatisches Talent: Um den Schultag abzukürzen, täuschte sie Ohnmachtsanfälle vor und machte sich dann mit ihrer Freundin heimlich zum Baden auf. FKK selbstverständlich, wie in der DDR üblich. Die ersehnte Flaschenpost aus dem Westen allerdings die hat Saskia nie gefunden. Helmut Brüning war zwölf, als er im kriegszerstörten Cuxhaven Kohlen und Essen für seine Mutter und die sieben Geschwister organisiert hat. Kein Schultag ohne Bombenalarm und Angst. Und nach dem Krieg Armut.
    Nur die Fischer und Seeleute haben schon gut verdient. Da stand Helmuts Berufswunsch fest. Als Azubi in der Hochseefischerei musste er durch eine harte Schule: Bis zum Bauch standen die Jungs im Fisch, wenn die Netze eingeholt wurden. Heimweh und Seekrankheit inklusive. Brünings Tochter Sandra hat ihren „Hochsee-Papa“ oft vermisst, vor allem an Weihnachten. Ihre Kindheit hat sie am Hafen verbracht und dabei oft gehofft, dass Papas Schiff endlich nach Hause kommt. Der Schauspieler Helmut Zierl fand die Deichlandschaft um Meldorf in Schleswig-Holstein als Kind eher langweilig und einsam vor allem im Winter.
    Die Sommer an der See waren besser. Da gab es Schlammschlachten im Watt und auf den Deichen hatten die Schafe süße Lämmer. Dumm nur, dass diese sich nicht streicheln lassen wollten. Später dann verdiente Zierl sein erstes Geld beim Rüben verziehen. Dabei aber war er mehr interessiert an blonden Landmädchen als an Landwirtschaft. Comiczeichner Rötger Feldmann alias Brösel schwärmt noch heute von den Dampfern und Werften in seinem Heimatort Travemünde. Sein Opa hatte ein Hotel an der Promenade, dort spielte der kleine Rötger Verstecken im Hinterhof oder hörte den Kap-Hoorn-Fahrern zu, die am Stammtisch ihr Seemansgarn sponnen.
    Er fuhr gerne mit Opa zum Fischereihafen und zeichnete auf Kneipenblöcken Schiffe und Straßenkreuzer, die am Hotel vorbeifuhren. Eine Kindheit an der See ist zwar abenteuerlich, aber manchmal auch einsam und mitunter bedrohlich. Eines aber wissen alle zu berichten, die hier groß wurden: Mit dem Meer schließt man eine Liebe fürs Leben. Deshalb sind sie fast alle dort geblieben. Und die wenigen, die fortgingen, sind als Erwachsene zurückgekehrt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 01.05.2014NDR
  • Folge 39
    Zwei Buchstaben: u. M. – unterstützende Mittel. So verharmlosend wurde das DDR-Dopingsystem umschrieben. Seit 1974 war das Doping in einem Staatsplan festgeschrieben. Etwa 10.000 Leistungssportler wurden ohne ihr Wissen gedopt, bis zum Fall der Mauer. Sie bekamen Tabletten oder Spritzen, das alles unter den Augen von Sportmedizinern und Trainern. Viele der Sportler waren noch Kinder, über die Folgen von Doping wurden sie nie aufgeklärt. Zunehmend zeigen sich die erschreckenden Konsequenzen: Krebserkrankungen, schwere Schäden an Gelenken und Wirbelsäule, sogar Todesfälle. Dem Autorenteam ist es gelungen, Original-Dopingpräparate von DDR-Sportlern aufzuspüren. Die Laboranalyse hat überraschende Erkenntnisse gebracht.
    Steroide wurden Sportlern beispielsweise als Vitaminkapseln getarnt verabreicht. Erstmals spricht ein Mitglied der streng geheimen „Arbeitsgruppe u. M.“ vor der Kamera, er war ein leitender Mediziner im Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport (FKS) in Leipzig. Die Dokumentation zeigt ein detailliertes Bild des Dopings in der DDR, neue Fakten belegen die Skrupellosigkeit von Trainern und Sportmedizinern bei der Arbeit mit Kindern, die sie zu Spitzensportlern machen wollten. 25 Jahre nach dem Fall der Mauer erlangt der Film eine traurige Aktualität, die Zahl der ehemaligen Sportler, die unter den Spätfolgen des DDR-Dopings leiden, steigt stetig an. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 07.05.2014NDR
  • Folge 40 (45 Min.)
    Der lässigste GI: Elvis Presley kommt mit Seesack 1958 in Bremerhaven an.
    Die Geschichte der GIs in Norddeutschland begann im April 1945. Bremen war zu 59 Prozent, Bremerhaven zu 56 Prozent zerstört. Schon vor Kriegsende war klar, dass Bremen und Bremerhaven amerikanische Enklaven werden sollten. Die Amerikaner brauchten einen Hafen an der Küste. Über Jahrzehnte spielte Bremerhaven als „Port of Embarkation“ eine zentrale Rolle in Europa. Hunderttausende GIs und sämtlicher Nachschub an Soldaten der US-Armee landeten hier an. Bremen nannte sich stolz „Vorstadt von New York“, doch Bremerhaven war der „Vorort von New York“.
    Anfangs war das Verhältnis zwischen Besatzern und den Menschen in den besetzten Städten zerrüttet, wie sollte es anders sein. Die Amerikaner machten sich nicht beliebt, als sie über 4.000 Wohnungen in Bremen und Bremerhaven beschlagnahmten. USA übersetzten die Bremer spöttisch mit: Uhren stehlen sie auch! Es kam auch nicht besonders gut an, dass die Amerikaner im altehrwürdigen Bremer Ratskeller „GI Joe’s Bar“ einrichteten und am Ende 400.000 Flaschen edelster Wein in den Beständen fehlten. Doch bald gewöhnte man sich aneinander und man mochte sich sogar.
    Es waren die kleinen Gesten, die Vertrauen schufen. Im Dezember 1945 feierten Bremer und Besatzer gemeinsam Weihnachten auf dem Bremer Marktplatz. Die amerikanischen Besatzungssoldaten hatten nicht nur die Ideale von Demokratie und bürgerlicher Freiheit im Gepäck, sondern auch das Kultobjekt Jeans, coole Musik, schicke Autos, Promis wie Elvis, die bei Frauen begehrten Nylons, Kaugummi und Schokolade. Höhepunkt dieses Way of Life: Der lässigste GI aller Zeiten, Elvis Presley, machte 1958 auf dem Weg in seine Kaserne eine Stippvisite in Bremerhaven.
    Es gab legendäre Clubs in Bremerhaven und Bremen, in denen u. a. James „Hansi“ Last seine ersten Bühnenerfahrungen sammelte. „Ich war 16 und die Amis haben mein ganzes Leben verändert“, sagt er heute. Die Kinder überwanden ihre Scheu gegenüber den Amerikanern als Erste, aus purer Not. In ganzen Rudeln liefen Kinder hinter den Soldaten her. Und die ließen sich erweichen und zeigten Herz für die mageren deutschen Kinder. So haben sie vielleicht die Grundlage für das später so gute Verhältnis zwischen den Amerikanern und den Deutschen gelegt.
    Trotz der strengen Militärdisziplin ließen die Amerikaner auch mal „Fünfe gerade sein“. Davon waren die Deutschen gerade fasziniert, viel mehr als alle Umerziehungsprogramme bewirken konnten. Die Menschen in Deutschland erlebten Soldaten, die die eigenen amerikanischen Waren abzweigten, um sie hungernden Kindern zu geben. Die Amerikaner haben die Deutschen nicht zur Demokratie gezwungen, sie haben sie dazu verführt. Bis heute sind viele Menschen im Norden von den Amerikanern geprägt. Wie Antje „Angie“ Cramer: Sie wurde 1947 als Dreijährige im zerstörten Bremerhaven von amerikanischen GIs durchgefüttert, wäre fast von einer amerikanischen Familie adoptiert worden.
    Ihr Leben ist bis heute mit den USA eng verwoben. Die Autorinnen Susanne Brahms und Michaela Herold erzählen in diesem Film von geglückten und misslungenen Liebesgeschichten, von Kindern der GIs in Bremerhaven, die feststellen mussten, dass ihr unbekannter Vater auf drei Kontinenten Kinder gezeugt hatte. Von ehemaligen GIs, für die Norddeutschland zur Heimat wurde. Und vom Einzug des American Way of Life, der Deutschland bis heute prägt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 14.05.2014NDR
  • Folge 41 (45 Min.)
    Erst war die Jeans, die Jugendliche in der DDR trugen, noch Anlass für Schulverweise und Klubhausverbote. Dann wurde sie, auch durch volkseigene Produktion in den 1980er-Jahren, zur DDR-Freizeithose schlechthin. Und doch fehlte der Jeans aus der DDR, trotz größter Anstrengungen der volkseigenen Textilindustrie und des sozialistischen Marketings, stets eines: der Nimbus der „Echten“ aus dem Westen. Der Kultstatus der amerikanischen Markenjeans Levi’s oder Wrangler blieb bei der Jugend im sozialistischen Lager bis zuletzt unangefochten.
    Antje Thürke erlebte das für sie schier Unglaubliche: 1961 bekam sie als 16-Jährige ein Paket aus New York, darin eine Wrangler Jeans. Es war ein Geschenk ihrer leiblichen Mutter, von deren Existenz sie erst kurz vorher erfahren hatte. Die Hose passte sogar wie angegossen. Aber: Die Jeans war an der Schule nicht erwünscht. Im nächsten Paket aus Amerika befand sich eine Elvis-Presley-Kette, die Antjes Schuldirektor ihr wütend vom Hals riss. Zur gleichen Zeit trug Frank Schöbel bei Filmaufnahmen eine Jeans.
    Niemand bemerkte das während der Dreharbeiten. So ist es gekommen, dass Schöbel der Erste war, der im DDR Fernsehen eine „echte“ Jeans trug. Kurze Zeit später erhielt er Auftrittsverbot wegen seiner deutsch-englischen Titel „Baby, Baby tanz mit mir“ und „Teenager-Träume“, denn : bei Walter Ulbricht klang das „Yeah-yeah-Gejaule“ schlecht in den Ohren. Die persönlichen Geschichten über die Jeans von jungen Menschen in der DDR eröffnen ungeahnte Perspektiven. Daher geht es in dem Film nicht nur um die Hose mit den Nieten, um „Shanty“-Jugendmode, „Güstrower Kleiderwerke“ und vietnamesische Levis-Kopierer in Lichtenhagen.
    Es geht auch um Musik, um Nachtleben und morgendliche Fahnenappelle auf dem Schulhof, um den Tausch von West-Schallplatten auf dem Schwarzmarkt, um Kassettenrekorder, um Jugendtanzveranstaltungen und die Tricks, das 60zu40-Verhältnis für Ost- und Westmusik zu umgehen. Es geht um in privaten Dunkelkammern kopierte Starfotos aus der westdeutschen Jugendzeitschrift „Bravo“, um Schwarzmarkt, Trampen und Transportpolizei. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.05.2014NDR
  • Folge 42
    Die neue Folge des NDR Geschichtsformats „Hausbesuch“ führt nach Mecklenburg-Vorpommern in die Gegend zwischen Rostock und Wismar, in die Endmoränenlandschaft des Warnowtals, nach Kurzen Trechow. Dort lebt auf einer imposanten Wasserburg aus dem 16. Jahrhundert Familie Schierning. Der Hausherr Christian Schierning hat das Herrenhaus 2004 gekauft und seitdem restauriert er mit seiner Frau das Anwesen, betätigt sich auf den eigenen Feldern als Landwirt. Schon seine Vorfahren, die von Plessens, wohnten hier – seit 1620. Das Format „Unsere Geschichte – Hausbesuch“ erzählt die Geschichte eines bedeutenden Gebäudes und vom Alltag seiner heutigen Bewohner – in opulenten Bildern und völlig neuen Perspektiven.
    Eine ferngesteuerte Kamera-Drohne zeigt z. B. spektakuläre Aussichten der porträtierten Anwesen. Lang zurückliegende Ereignisse werden in kurzen Cartoons wieder lebendig. Es geht auch um die Historie der Region, in der sich Haus und Hof seit Jahrhunderten befinden. Nicole Schierning ist auf Burg Kurzen Trechow die Herrin der riesigen Gutsküche. Im Haus leben neben den vier gemeinsamen Kindern auch noch die Großeltern, ein Hausmädchen und eine Küchenhilfe.
    Immer wieder bekocht die Gutsherrin auch Arbeiter, die für die endlos scheinenden Sanierungsarbeiten angeheuert wurden. Die Familie steckt immer noch mittendrin im Kampf um den Erhalt der alten Burg. Gerade werden Keller ausgeschachtet, in denen Christian Schierning Schutt und Scherben aus dem Dreißigjährigen Krieg gefunden hat. Die Anlage gehört zu den wenigen Rittersitzen in Mecklenburg, die den Krieg damals relativ unbeschädigt überstanden haben. Von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Vertreibung im Jahr 1945 befand sich das Rittergut im Eigentum der Familie von Plessen.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Herrenhaus als russisches Lazarett und als Militärkommandantur genutzt. Ab 1946 beherbergte das Gebäude Flüchtlingsfamilien. Später war die Burg Trechow für Jahrzehnte LPG-Verwaltung, Gemeindeverwaltung, Verkaufsstelle, Gemeindeschwesterzimmer, Kino, Kindergarten, Kinderkrippe, Kulturraum, Gaststätte und auch Wahlbüro. „Hausbesuch“ – die bewegte Geschichte eines beeindruckenden Anwesens und seiner Bewohner, die mit viel Leidenschaft ihren nicht immer einfachen Alltag in den alten Mauern meistern. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 28.05.2014NDR
  • Folge 43 (45 Min.)
    Das Format „Unsere Geschichte – Hausbesuch“ erzählt die Geschichte bedeutender Gebäude und vom Alltag der heutigen Bewohner in opulenten Bildern und aus völlig neuen Perspektiven. Eine ferngesteuerte Kameradrohne zeigt z. B. spektakuläre Aussichten der porträtierten Anwesen. Lang zurückliegende Ereignisse werden in kurzen Cartoons wieder lebendig. Es geht auch um die Historie der Region, in der sich Haus und Hof seit Jahrhunderten befinden. Diese neue Folge „Unsere Geschichte Hausbesuch“ führt mitten in die Lübecker Altstadt, in die Fleischhauerstraße.
    Ende der 1990er-Jahre „verliebten“ sich dort die Architekturstudenten Nicola Petereit und Jörg Haufe in das völlig heruntergekommene Haus mit der Nummer 100/​102: Birken wuchsen durch die Dachrinne, Wände bröckelten, Balken faulten. Heute wohnen Nicola und Jörg hier mit ihren vier Kindern in dem total verschachtelten Haus auf 13 verschiedenen Ebenen mit Zimmern klein wie Puppenstuben. Überall sind Treppen, Winkel, Ecken, Durchgänge. Mittlerweile kümmern sich Nicola Petereit und Jörg Haufe um weitere historische Altstadtgebäude, bauen auf, restaurieren, entdecken.
    Zu den Gebäuden, die Nicola Petereit und Jörg Haufe aufgebaut haben, gehört auch eines der ältesten: das Dielenhaus. Zusammen mit ihrem Weggefährten Ulrich Büning haben sie es wieder hergerichtet. Der pensionierte Berufsschullehrer ist als Forscher und Archivar stets dabei. Er wälzt die „Schroederschen Topographischen Regesten“ (1300 -1690), „Graben-Geld-Bücher“ (1763 – 1800), „Schoss-Bücher“ (die Notizbücher der Lübecker Steuereintreiber), die Bücher der „Brand-Assekuranz-Casse“ und schließlich richtige Adressbücher (ab 1798), um herauszufinden, wer wann in welchem Haus gewohnt und gearbeitet hat.
    Die Fleischhauerstraße hat schon viel erlebt, von der Pest über mehrere Stadtbrände bis zum „Knochenhaueraufstand“, der wegen eines Verrats misslingt: Die Knochenhauer verstecken sich im Dielenhaus und flüchten schließlich. Das Dielenhaus und auch die Nr. 100/​102 haben die Bombennächte im Zweiten Weltkrieg überstanden, waren später jahrelang Notquartier mit Plumpsklo und ohne fließend Wasser und schließlich Ziel von Tausenden DDR-Bürgern nach dem Fall der innerdeutschen Grenze.
    Die bewegte Geschichte ist auch heute noch in allen Ecken spürbar. Jeder kennt jeden in der Fleischhauerstraße: Jörg Haufe schraubt mit dem Friseur von gegenüber abends an historischen Motorrädern. Nicola Petereit besucht die Bandows in ihrem Antiquitätenladen, der seit über 100 Jahren im Familienbesitz ist. Und Ulrich Büning bestellt einen Gürtel in der kleinen Ledermanufaktur, die wie ein Überbleibsel scheint aus der Zeit, als hier noch die Fleischhauer das Leben bestimmten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 04.06.2014NDR
  • Folge 44
    Fußball-Weltmeisterschaft 1974: Dauerregen im Sommer und eine „goldene Generation“, die sich ihren Traum erfüllt. Halbleere Stadien und ein Land, das den Terror fürchtet. Stars am Gartenzaun und ein Duell in Hamburg, das scheinbar den Kalten Krieg entscheidet. Zum ersten Mal findet 1974 in Deutschland die Fußball-Weltmeisterschaft statt und zum ersten Mal ist auch die DDR mit einer Mannschaft dabei. SED und Stasi starten die groß angelegte „Aktion Leder“, sie wollen Mannschaft und Fans vor dem Kapitalismus schützen. In Westdeutschland dagegen soll endlich der zweite Weltmeistertitel her.
    Die Fußballstars Franz Beckenbauer, Wolfgang Overath und Gerd Müller erwecken den Geist von Malente und fesseln schließlich Millionen Menschen. Doch heitere Fußballspiele werden es trotzdem nicht: Der olympische Terror, das Massaker von München während der Olympischen Spiele 1972, ist noch immer allgegenwärtig. Herzlich und weltoffen ist Deutschland auch zwei Jahre später noch, doch zugleich seltsam steril. Der Film erzählt von der Weltmeisterschaft im eigenen Land, erinnert an Menschen, die damals Geschichte schrieben. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 11.06.2014NDR
  • Folge 45
    7. Oktober 1989: Tausende DDR-Bürger verlassen das Land. Bei Protesten zum 40. Jahrestag der DDR werden Hunderte Menschen verprügelt und verhaftet. 70.000 Leipziger Bürger versammeln sich zwei Tage später zur entscheidenden Montagsdemo. In dieser Situation gründen 46 Bürgerrechtler im brandenburgischen Schwante die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP). Es war das wichtigste Signal zur Revolution in der DDR und wurde zur Zerreißprobe für die Bonner SPD. Das Signal zum Sturz der SED-Alleinherrschaft in der DDR gibt ein Studentenpfarrer aus Greifswald: Arndt Noack. Im August 1989 veröffentlichen Markus Meckel und Martin Gutzeit, lange Zeit Pastoren in Vipperow und Schwarz in Mecklenburg, den Aufruf und organisieren die Gründung.
    Drei DDR-Bürger mit Widerstandsgeist und Zivilcourage: alle drei Christen der heutigen Nordkirche (Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland). Die Ideen holen sie sich bei Václav Havel in Prag und bei der Solidarnosc in Danzig. Wichtigster Berater aus dem Westen ist Norbert Gansel aus Kiel. Auf eigene Faust trifft er die neuen Genossen aus dem Osten. Im SPD-Bundesvorstand kämpft er gegen „Wandel durch Annäherung“ und für „Wandel durch Abstand“ zur SED.
    So wird Norbert Gansel zum wichtigsten Gegenspieler von Egon Bahr. Der Film folgt den Spuren von Arndt Noack, Markus Meckel und ihren Mitstreitern zu heimlichen Treffen in Pfarrhäusern, zu Vertretern des Prager Frühlings, zum Auftritt des Stasispitzels Ibrahim Böhme, zur Gründungsversammlung in Schwante, in die Volkskammer und an den Runden Tisch. Er zeigt außerdem, wie Norbert Gansel heimlich die Ostsozialdemokraten unterstützt und so die West-SPD in einen Richtungsstreit stürzt. Die Autoren stützen sich dabei auf bisher unveröffentlichtes Bildmaterial, zeigen unbekannte Dokumente und befragen prominente Zeitzeugen.
    Damit fördern sie bislang ungelüftete Geheimnisse zutage: Ein heimlicher Helfer aus dem Westen war Roland Jahn, der damalige Redakteur des ARD-Magazins „Kontraste“ und jetzige Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Er war es, der Videokameras in den Osten schmuggeln ließ, mit denen die Gründungsversammlung gefilmt und öffentlich gemacht wurde. Ein weiterer Höhepunkt ist die Innensicht des DDR-Sicherheitsapparates, auch führende Offiziere des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) und Vertreter der SED kommen zu Wort. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 22.10.2014NDR
  • Folge 46 (45 Min.)
    In der NDR Reihe „Unsere Geschichte“ behandelt die Dokumentation „Grenzflieger“ erstmals ein bislang nahezu unbekanntes Kapitel der deutschen Teilung: die zahlreichen unfreiwilligen Grenzübertritte von West nach Ost mit westdeutschen Kleinflugzeugen. Bis 1989 wurden über 400 Irrflüge dokumentiert, meist ausgelöst durch schlechte Sichtverhältnisse oder Wetterturbulenzen, wenn Piloten von grenznahen Flugplätzen in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein starteten. Diese harmlosen Fehlflüge wurden von der DDR als „Verletzung der Staatsgrenze“ gewertet, oft mit dramatischen Folgen: monatelange Inhaftierungen der Piloten in DDR-Gefängnissen, Auslieferungsverhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bis hin zum Häftlingsfreikauf und hohe Kosten für die Rückführung der Flugzeuge.
    Auf einer breiten Basis von Stasidokumenten, Presseberichten und Unterlagen des Bundesgrenzschutzes dokumentieren die Autoren Anne Kathrin Thüringer und Hans-Jürgen Büsch die Schicksale von zwei Familien aus Bad Schwartau und Lüneburg, die von einem auf den anderen Tag in den Strudel des Ost-West-Konflikts gerieten.
    Die Grenzüberflüge passierten 1970, einem ereignisreichen und hochbrisanten Jahr in den deutsch-deutschen Beziehungen. Die Entspannungspolitik und der „Wandel durch Annäherung“ von Willy Brandts sozial-liberaler Bundesregierung standen noch am Anfang und waren hoch umstritten. Im April hatte gerade das erste Treffen zwischen Brandt und dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR Willi Stoph stattgefunden.
    Im Sommer und Winter 1970 wurden dann mit dem Warschauer und dem Moskauer Vertrag die Grundlagen der Neuen Ostpolitik gelegt. Politische Zeitzeugen wie Ludwig Rehlinger, ehemaliger Staatsekretär im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, und ein ehemaliger NVA-Generalleutnant äußern sich zu den Gefahren, die solche „Grenzverletzungen“ für die brisanten Verhandlungen darstellten. Vor diesem Hintergrund zeigt der Film die politischen Gräben und das Misstrauen im Vorfeld der Ostverträge.
    Eine Zeit, in der selbst ein „unfreiwilliger“ Grenzübertritt hochpolitisch war, denn er fand am 13. August, dem neunten Jahrestag des Mauerbaus, statt. In dieser Zeit konnte ein defekter Kompass einen segelflugbegeisterten Textilkaufmann aus Bad Schwartau in eine Einzelhaftzelle in Ostberlin bringen und es war möglich, dass eine Cessna mit fünf an Keuchhusten erkrankten Kindern aus Lüneburg an Bord von sowjetischen MiGs mit Schüssen vom Himmel geholt wurde.
    Darüber hinaus zeigt die Dokumentation, mit welcher Akribie die Stasi die sogenannten „Luftraumverletzer“ und deren Familien selbst im Westen ausspionierte und mit welchen Traumata die Betroffenen bis heute leben. Ein Film, der zum 25. Jahrestag des Mauerfalls deutlich macht, wie unvorhersehbar die deutsche Teilung und der DDR-Unrechtsstaat selbst in das Leben westdeutscher Bürger eindringen konnten, als ein politisches System versuchte, Menschen nicht nur durch eine Grenze am Boden zu trennen, sondern auch noch den Himmel zu teilen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 29.10.2014NDR
  • Folge 47 (45 Min.)
    „We shall overcome“ – dieses Lied sangen die Rostocker im Oktober 1989. Zu Tausenden zogen sie durch die Straßen, mit Kerzen in den Händen, sie skandierten „Schließt Euch an“ und demonstrierten gegen die Lügen des SED-Regimes. Den Liedtext hatte Reinhard Haase (mit deutscher Übersetzung) auf ein riesiges Transparent gemalt – zum Mitsingen, für alle. 25 Jahre später schmettert Reinhard Haase es noch einmal, die Transparente und all seine fantasievollen Plakate aus jener Zeit hütet er bis heute wie einen Schatz. 25 Jahre nach der friedlichen Revolution erzählen die Menschen in Greifswald, wie sie die Stimmauszählung bei der Kommunalwahl im Mai 1989 kontrollierten und die offenkundige Wahlfälschung belegten.
    In Neubrandenburg, Schwerin, Neustrelitz, Güstrow oder in Demmin und Wolgast besiegten die Menschen ihre Angst, sie wollten nicht länger die Unzumutbarkeiten des DDR-Alltages hinnehmen. Auch nicht in den Dörfern. 25 Jahre nach der friedlichen Revolution hat sich ein NDR-Team auf Spurensuche begeben und in einem zum Fernsehstudio umgerüsteten Bauwagen Geschichten für einen Atlas des Aufbruchs zusammengetragen. Erzählt wird vom ganz persönlichen Aufbruch vieler sehr unterschiedlicher Menschen, von Fluchten, Hoffnungen und Enttäuschungen, Wut und einem einmaligen Mut. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.11.2014NDR
  • Folge 48
    Der Fall der Mauer war kein welthistorischer Zufall. Viele wirkten daran mit: Gorbatschow und Genscher, Bürgerrechtler, Montagsdemonstranten und beherzte Grenzschützer. Doch die friedliche Revolution im Herbst 1989 hat auch unbekannte, heimliche Helden hervorgebracht: Ohne die Besonnenheit von Arpad Bella in Ungarn, die Entschlossenheit von Ginta Petra in Riga und den Mut von Siegbert Schefke in Leipzig wäre vieles nicht so glatt gegangen. Menschen, die kaum einer kennt. NDR Reporter Tilmann Bünz macht sich auf die Suche nach den heimlichen Helden, die bewusst oder unbewusst für das Ende der Teilung Europas gesorgt haben, etwa der ungarische Grenzkommandant Arpad Bella, der im August 1989 das erste Loch in den Zaun schnitt .
    Oder Ginta Petra aus Riga, die ihre Angst überwand und sich in die größte Menschenkette der damaligen Sowjetunion stellte. Herrmann Huber, der als Botschafter in Prag mit seiner Frau fünftausend Gäste aufnahm und sich standhaft weigerte, die Türen zu schließen. Siegbert Schefke, der auf den Dächern Leipzigs der Stasi entkam und die ersten Bilder der Montagsdemonstrationen in den Westen schmuggelte. Der Film folgt den vier großen Ereignissen, die die Wende in Europa ankündigten: der Massenflucht durch den Eisernen Vorhang im ungarischen Sopron, der Menschenkette quer durch die baltischen Sowjetrepubliken, dem Tauziehen um die Prager Botschaft und dem Wunder von Leipzig. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.11.2014NDR
    Film von Tilmann Bünz
  • Folge 49 (45 Min.)
    Es ist scheinbar nur ein kurzer Augenblick, festgehalten auf einem Schwarz-Weiß-Foto. Doch dieser Augenblick steht für eine Zeit, in der plötzlich alles möglich schien. Am Mikrofon spricht ein fünfzigjähriger Pastor vor hunderten von Menschen, die Jugend liegt im buchstäblich zu Füßen – sie sitzt mitten im Altarraum. Das Foto entstand in der Rostocker Marienkirche, in der Zeit des Aufbruchs 1989/​90, als sich die Ereignisse in der DDR überschlugen. Die Menschen in der Kirche lauschen dem Mann, der heute, 25 Jahre später, ihr Bundespräsident ist: Joachim Gauck. Welchen Aufstieg der frühere Pastor bis heute gemacht hat ist bekannt.
    „Es waren die größten und bewegendsten Stunden und Tage meines Lebens“, wird er ihnen heute sagen. Aber wer und wo sind die Jugendlichen, die damals so dicht bei Pastor Gauck saßen? Wie blicken die einstige Schülerin Ruth, ihr Schulfreund Sören oder aber auch der ehemalige Werftarbeiter Werner heute – 25 Jahre später – auf die Zeit des Aufbruchs? Welche Träume hatten sie für sich und die DDR und was geschah mit ihnen? Der Film erweckt die Geschichten der Menschen auf dem Foto zum Leben und bringt sie ein Vierteljahrhundert später wieder zusammen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 05.11.2014NDR
  • Folge 50
    So weit weg wie möglich, alles vergessen, nie mehr zurückkehren – mit einem der letzten Schiffe verließ die jüdische Familie Kychenthal 1939 Europa. Sie landeten am anderen Ende der Welt in Chile – mit ihrem vierjährigen Sohn Hans, der die schreckliche Vergangenheit in Nazi-Deutschland nur noch aus Erzählungen kennenlernt: Die Kychenthals waren eine angesehene Kaufmannsfamilie, die in Schwerin ein großes Kaufhaus besaß. Im Zuge der sogenannten Arisierung verloren die Kychenthals ihr Haus, ihre Geld und ihren guten Ruf. 75 Jahre nach der Auswanderung seiner Eltern begibt sich Hans Kychenthal, der Enkel des Kaufhausgründers, auf die Suche nach seiner verlorenen Kindheit. Mit alten Fotos und Dokumenten reist er von Santiago de Chile nach Schwerin, wo für ihn das Bild seiner Familie endlich komplett wird. Am Ende der Reise wird Hans Kychenthal mit anderen Augen auf sein Leben, auf seine Familie, auf Deutschland schauen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSo 16.11.2014NDR
  • Folge 51
    Deutsche TV-PremiereSo 23.11.2014NDR

zurückweiter

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Unsere Geschichte online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…