2015, Folge 708–727

  • Folge 708 (90 Min.)
    27 Jahre lang befragte Wieland Backes seine Gäste im Schloss Favorite in Ludwigsburg. Nach 705 Sendungen mit rund 5.000 Gästen gab er die Moderation ab. Er hinterlässt ein riesiges Archiv voll spannender Talks mit den interessantesten Zeitgenossen und Prominenten des vergangenen Vierteljahrhunderts. Diese Sendungen sind dabei immer auch ein Abbild der jeweiligen Zeit und haben die Entwicklung der Gesellschaft im Talk intensiv begleitet. „Nachtcafé – Das Beste“ lässt unvergessliche Augenblicke mit unvergessenen Gästen noch einmal Revue passieren. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 02.01.2015SWR Fernsehen
  • Folge 709 (90 Min.)
    Ob gute Vorsätze für ein besseres Leben oder der Neustart nach der Krise – manchmal gibt es im Leben die Chance, komplett neu zu beginnen. Doch welche Voraussetzungen braucht es, um nach schwerer Krankheit, im Job oder in der Liebe nochmal durchzustarten? Das fragt Michael Steinbrecher in seiner ersten Sendung als neuer Gastgeber im SWR Nachtcafé. Der 9. Januar ist auch für die erfolgreiche Freitagabend-Talkshow ein Neubeginn. Zum ersten Mal führt Michael Steinbrecher durchs Nachtcafé, das ab sofort aus dem E-Werk in Baden-Baden kommt. Zu den Gästen der Sendung gehören Schauspielerin Sonja Kirchberger, Ex-Oberbürgermeisterin und Journalistin Susanne Gaschke sowie Bestsellerautor und Philosoph Wilhelm Schmid. „Nur wer wagt, gewinnt“, sagt Bestsellerautorin Gaby Hauptmann.
    Ob in der Liebe oder im Beruf, ihr Mut zu neuen Herausforderungen hat sie im Leben stets weiter gebracht. Ihre persönliche Empfehlung für einen erfolgreichen Neubeginn: „Keine Angst vorm Scheitern, Niederlagen gehören dazu!“ Rund 30 Mal ist Hoteldirektor Olivier Harnisch schon umgezogen – jedes Mal ein Neubeginn. Nicht nur für ihn, sondern auch für seine Frau und die zwei Kinder. Auch wenn die Harnischs durch die vielen Umzüge bis heute keine richtige Heimatstadt haben, sie lieben die Veränderung, sagt Olivier Harnisch: „Jeder Neuanfang bringt auch positive Veränderungen mit sich.“ Sonja Kirchberger ist eine gefragte Schauspielerin, liebt es aber, sich in bislang unbekannten Lebensbereichen auszuprobieren. „Ich kann nicht stehenbleiben, muss immer etwas Neues ausprobieren.
    “ Mit 50 wagt die gebürtige Öster-reicherin nun einen beruflichen Neubeginn – als Gastronomin auf Mallorca. Mit dem eigenen kleinen Restaurant in ihrer Wahlheimat erfüllt sie sich so einen lang gehegten Traum. Im Februar 2014 starb Iva Schells große Liebe, der berühmte Maximilian Schell, im Alter von 83 Jahren. Nach diesem Verlust muss die Opernsängerin ihr Leben neu sortieren. Noch schwankt die junge Witwe zwischen Trauer und Aufbruch: „Ich dachte, ich wäre vorbereitet. Aber man ist es dann doch nicht.“ Das Doppelleben ihres Ex-Mannes warf Sylvia Mäder aus der Bahn und kostete sie fast die Existenz. Nie hätte sie geahnt, was nach einer überraschenden Hausdurchsuchung ans Licht kam. „Davor habe ich an Werte wie Liebe, Treue und Verantwortung geglaubt.
    Aber das ist dahin und es wird schwierig, jemals wieder Vertrauen zu einem anderen Menschen aufzubauen“, sagt sie. Prof. Wilhelm Schmid ist Philosoph der Lebenskunst und überzeugt: Der Mensch muss heute mehr denn je zum Neubeginn fähig sein. In der modernen Welt ist der Schlüssel zum Glück die Anpassungsfähigkeit – und die Kunst, sich dabei selbst treu zu bleiben. Doch der Experte weiß auch: „Ein Neubeginn ist immer ein schmerzhafter Abschied vom Gewohnten, ein Gang ins Ungewisse.“ Einen radikalen Neubeginn wagte Susanne Gaschke: Die ZEIT-Journalistin wurde 2012 Oberbürgermeisterin in ihrer Heimatstadt Kiel. Nach nur wenigen Monaten im Amt trifft sie eine umstrittene Entscheidung.
    Unter großem öffentlichem Druck gibt sie schließlich ihr Amt auf und hofft nun auf einen Neustart im alten Beruf: „Man wird die Vergangenheit nicht so schnell los und muss lernen damit zu leben. Das macht keinen Spaß, aber da muss man durch.“ Nach einer vielversprechenden Karriere als Rechtsanwalt warf Oliver Rothe seinen Lebensentwurf mit 33 Jahren komplett um: Er folgte seinem Glauben und wurde katholischer Priester. Seit 2013 ist er Kaplan in Xanten und glücklich wie nie zuvor. „Ich kann jedem raten, seine Träume und Sehnsüchte zu leben. Man sollte zwar kein Traumtänzer werden, aber wenn man spürt, dass man noch andere Lebenswege vor sich hat, dann sollte man sie auch gehen.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 09.01.2015SWR Fernsehen
  • Folge 710 (90 Min.)
    Verlacht, verspottet, verhöhnt? Völlig egal, Hauptsache berühmt! Wer heute vorm Fernseher oder Computer sitzt, wird überflutet von einer Horde talentfreier Nobodies – anzutreffen in Casting- oder Realityshows oder auch im Internet. Dort stellt mittlerweile jeder selbstverliebte Möchtegern die uninteressantesten Alltagsbanalitäten als Videoclip öffentlich ins Netz. Erstaunlicherweise häufig mit großer Publikumsresonanz. Dahinter versteckt sich wohl die Botschaft: Mit geringem Aufwand kommt man zu einer lukrativen Ernte, also los auf die Meute mit privaten Peinlichkeiten, für die noch vor Jahren jeder im Boden versunken wäre. Und so erobern sich Hinz und Kunz ihre Fangemeinden und sonnen sich auf dem virtuellen roten Teppich. Doch das boulevard-und skandalverwöhnte Publikum schreit förmlich nach neuem Rampenlicht-Futter.
    Gestern noch ein gefeierter Medienstar und heute? Kräht kein Hahn mehr danach! Ob in der Glitzerwelt der Promis, in der Wirtschaft oder in der Politik: Bewunderung und Applaus können wie ein Rausch für die Seele sein, aber auch ein Spießrutenlauf, der lebenslange Spuren hinterlassen kann. Früher war der Schritt auf die Bretter, die angeblich die Welt bedeuten, noch verknüpft mit Können – sei es als Sänger, Tänzer oder Politiker. Wenn medialer Glanz anscheinend wichtiger ist als Intelligenz und Fachwissen, was sagt das über unsere Gesellschaft aus? Worin liegt der Reiz von Macht, Status und Ruhm? War es früher wirklich anders? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 16.01.2015SWR Fernsehen
  • Folge 711 (90 Min.)
    Eines ist gewiss: Nie zuvor gab es so viele alte Menschen in Deutschland, nie zuvor waren sie so reich, nie zuvor hatten sie so wenig Nachkommen. Rund 250 Milliarden Euro werden jährlich vererbt. Jede fünfte Erbschaft hat einen Wert von über 100.000 Euro. Tendenz steigend. Eine Erbschaftswelle rollt durchs Land. Doch flutet die große Geldschwemme nicht alle gleichmäßig. Tatsächlich kommt der Erbschaftssegen sehr ungleich über die Deutschen. Nur ein kleiner Kreis profitiert davon. Denn die Reichen der Gegenwart und Zukunft sind nicht mehr unbedingt Menschen, die Unternehmen gegründet und Werte geschaffen haben, sondern zum großen Teil die Kinder und Enkel jener Schöpfer des Vermögens. Reich ist also, wer in die richtige Familie geboren wird. Es zählt nicht zwangsläufig die eigene Leistung.
    Da wird die Frage laut, inwieweit eine die Generationen übergreifende Weitergabe von Vermögen mit dem Leistungsprinzip unserer demokratisch und marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft vereinbar ist: Wie gerecht ist unser Erbrecht? Muss Erbe stärker besteuert und umverteilt werden? Und macht ein Erbe tatsächlich glücklich? Michael Steinbrecher fragt nach. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 23.01.2015SWR Fernsehen
  • Folge 712 (90 Min.)
    Malerische Landschaften, Trachtenumzüge oder der Jodelverein: Das Bild von Heimat ist in unserer modernen Welt für viele angestaubt und eng. Gleichzeitig öffnet uns die Globalisierung die Türen zu fremden Kulturen, die technologische Entwicklung macht uns mobil und unabhängig. Heimat ist heute für viele kein Ort, sondern ein Gefühl. Mit dem Wegfall des Gewohnten wächst jedoch auch der Wunsch nach regionaler Verankerung. Die Unsicherheit vor fremden Einflüssen nimmt zu – gerade in Zeiten, in denen viele Flüchtlinge auf der Suche sind nach einer neuen Heimat in Europa. Hat es Sinn ein Heimatgefühl zu verteidigen, das es so vielleicht gar nicht mehr gibt oder ist es an der Zeit für eine weltoffene Gesellschaft, sogar mit allen Kultur- und Glaubensrichtungen? „Wie viel Heimat brauchen wir?“ – darüber spricht Michael Steinbrecher mit seinen Gästen im NACHTCAFÉ. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 30.01.2015SWR Fernsehen
  • Folge 713 (90 Min.)
    Schlank in den Frühling? Aber ja, ist doch schließlich auch kein Problem! Diesen Eindruck vermitteln gerade jetzt in der Frühjahrszeit viele Zeitschriften und Kochbücher, die sich auflagenfördernd dem Thema Abnehmen widmen. Ob schlank im Schlaf oder im Dunkeln, die Blutgruppen- oder Steinzeitkur oder Gewichtsverlust dank püriertem Gemüse – Diäten sind mit Sicherheit eines: ein ganz dickes Geschäft. Der Markt ist überschwemmt mit erfolgsversprechenden Diätpulvern und Light-Lebensmitteln im Kampf gegen die Pfunde. Auch die Wissenschaft scheint ständig zu völlig unterschiedlichen Erkenntnissen zu kommen. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht eine neue Studie präsentiert wird, wie das Hüftgold am schnellsten verschwindet.
    Was alle Schlankheitsmethoden aber gemeinsam haben: Die Zutaten zum Erfolg laufen stets auf Disziplin, kleinere Mahlzeiten und Bewegung hinaus. Doch einseitige Ernährung und endlose Entbehrung sind out: Stattdessen geht der Trend zu genussvollem und gesundem Essen auf dem Weg zur Wunschfigur. Welche Fettpolsterkiller, Fitmacher und Figur-Turbo-Kuren führen zügig zum Erfolg? Sind weniger Schokolade und mehr Sport die Lösung? Was ist der Königsweg zum dauerhaften Idealgewicht? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 06.02.2015SWR Fernsehen
  • Folge 714 (90 Min.)
    Sie 1.82 Meter, er 1.64 Meter. Sie Landwirtin, er Philosophieprofessor. Sie 64, er 25 Jahre – es gibt Paare, da drängt sich einfach die Frage auf: Kann das wirklich Liebe sein? Zu groß scheinen auf den ersten Blick die Unterschiede bezüglich Aussehen, Intellekt, Status und Alter. Partnerportale halten uns mit ihren sogenannten „matching points“ stets vor Augen, dass lediglich größtmögliche Überschneidungen der Partnersuchenden eine langanhaltende, harmonische Beziehung versprechen. Doch die Liebe selbst geht oft ganz andere Wege. Sie führt Menschen jenseits der Norm zusammen, die vermeintlich nicht zueinander passen. Wer bei der Partnerwahl dann tatsächlich von den gängigen Mustern abweicht, bei dem wird an der wahren Liebe gezweifelt.
    Große Fragen werfen auch Beziehungskonstellationen auf, die von Machtspielen und krankhaften Abhängigkeiten geprägt sind – wenn beispielsweise der alkoholkranke Ehemann seine Partnerin mit Betrug und Gewalt demütigt. Da stellt sich die Frage, warum die Ehefrau jahrelang in diesen entwürdigenden Strukturen verharrt. Sind Beziehungen von ungleichen Paaren tatsächlich zum Scheitern verurteilt? Gilt: Je größer die gemeinsame Schnittmenge, desto passender der Partner? Verspricht tatsächlich nur die Liebe auf Augenhöhe das große Glück zu zweit? Michael Steinbrecher fragt nach. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 20.02.2015SWR Fernsehen
  • Folge 715 (90 Min.)
    Schwanger werden, wenn Karriere- und Lebensplanung es zulassen? Was unter dem Schlagwort „social freezing“ heiß diskutiert wird, ist nur die Zuspitzung der rasanten Entwicklung moderner Medizintechnik. Neben der künstlichen Befruchtung gibt es bereits viele Möglichkeiten, den Kinderwunsch – vor und nach der Zeugung – zu beeinflussen. Längst ist es zur Regel geworden, dass werdende Eltern prüfen lassen, mit welchen Eigenschaften ihr Kind zur Welt kommen wird. Ein umfangreiches Angebot an vorgeburtlichen Untersuchungen trägt jedoch nicht nur dazu bei, dass heute mehr gesunde Kinder geboren werden als früher. Im Falle einer ungewünschten Diagnose stellt es Paare auch vor die Entscheidung, ein möglicherweise behindertes Kind abzutreiben. Bekommen wir in Zukunft das Designerbaby zum Wunschtermin? Welche Chancen bietet die technische Entwicklung in der Medizin? Und wie weit ist der Eingriff in den natürlichen Ablauf der Menschwerdung vertretbar? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 27.02.2015SWR Fernsehen
  • Folge 716 (90 Min.)
    Etwa 7,5 Millionen schwerbehinderte Menschen leben unter uns in Deutschland, fast jeder zehnte ist körperlich oder geistig schwer beeinträchtigt. Der Alltag bedeutet für sie und ihre Angehörigen eine enorme Herausforderung, auch wenn die Politik sich um Inklusion, um Gleichstellung bemüht. Doch wie selbst-verständlich ist heute wirklich das Miteinander mit Behinderten? Ob im Kindergarten, am Arbeitsplatz oder schlichtweg bei der Partnersuche – von einer Teilhabe am Leben sind wir offenbar noch meilenweit entfernt. Da die Schule als Schlüsselbereich gilt, in dem die Gesellschaft frühzeitig zusammen-geführt wird, bekommt diese besondere Aufmerksamkeit.
    Doch ist der Plan, dass Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam lernen, realisierbar, sodass es für alle ein Gewinn ist? Wie weit sind die gesellschaftlichen Strukturen nach jahrzehnterlanger und intensiver Förderung gewachsen, dass sich behinderte Menschen tatsächlich integriert fühlen? Welche Lebensbereiche bleiben ihnen noch verwehrt? „Zauberwesen“ nennt Schauspielerin Leslie Malton liebevoll ihre elf Monate jüngere Schwester Marion, die im zweiten Lebensjahr am „Rett-Syndrom“ erkrankte. „Marion kann nicht sprechen, ich musste sie füttern und waschen – und habe meinen eigenen mimischen Zugang zu ihr erlernt“, sagt Malton und bekennt: „Schauspielerin wurde ich wegen Marion – sie war mein Weg zur darstellenden Kunst“.
    Raul Krauthausen, der aufgrund seiner Glasknochen im Rollstuhl sitzt, kennt aus eigener Erfahrung die Barrieren, die den Behinderten noch immer im Weg stehen. „In den letzten Jahrzehnten hat sich zwar vieles verbessert, aber es gibt noch viele unnötige Hindernisse“, sagt der Autor und bundesweit wohl bekannteste Behinderten-Aktivist. Vor allem wünscht sich der Berliner endlich auch ein entspannteres Miteinander von Nicht-Behinderten und Behinderten. Großen Nachholbedarf beim Thema gesellschaftliche Teilhabe sieht auch Kirsten Jakob. Ihr 15-jähriger Sohn Hans hat das Down-Syndrom, und nur der hohe Einsatz seiner Mutter ebnete ihm den Weg von der Sonderschule an eine Regelschule. „Hans hat hier schneller Schreiben und Lesen gelernt – und auch seine nicht behinderten Mitschüler können von ihm lernen.
    “ Kinder wie Hans möchte Bernd Saur in seinem Klassenzimmer nicht unterrichten. Der Gymnasiallehrer und Vorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg befürchtet eine Beeinträchtigung des Unterrichts und ist strikt gegen schulische Inklusion. Saur befürchtet auch für die behinderten Schüler Nachteile – und fragt sich: „Missbrauchen wir diese Kinder nicht sogar, nur um unser Gutmenschentum zu kultivieren?“ Diese harsche Kritik an der schulischen Inklusion weist Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch zurück. „Die Angst davor ist größer als die tatsächlichen Schwierigkeiten“, sagt Stoch. Sein Ministerium hat unlängst einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der schulischen Inklusion vorgelegt. Demnach sollen Eltern von behinderten Kindern künftig frei zwischen einer Sonderschule oder einer Regelschule wählen können.
    Christa Schwarz, ebenfalls Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom, sieht ihre Tochter Britta auf einer Sonderschule besser aufgehoben. „Mein Kind ist geistig behindert und kann nicht im normalen Tempo lernen. Auf einer Regelschule würde sie in jedem Fall ausgegrenzt“, sagt die Innenarchitektin. Im geschützten Raum der Sonderschule müsse sie keine Angst, etwa vor Mobbing, haben. Kirsten Bruhn kennt beide Leben – als Nichtbehinderte und seit einem Motorradunfall vor 24 Jahren als Gelähmte. Jahrelang konnte sie ihr Handicap kaum annehmen, erst der Schwimmsport gab ihr neuen Lebensmut. Bei den Paralympics und anderen internationalen Wettkämpfen gewann sie insgesamt 34 Medaillen und stellte zahlreiche Weltrekorde auf. Und dennoch hadert sie immer wieder: „Mein Leben im Rollstuhl ist so schwerfällig, nichts geht spontan.
    “ Abhängigkeit von anderen Menschen ist auch Antje Claaßen-Fischer gewohnt – sie leidet seit ihrer Geburt an erblich bedingtem Muskelschwund und ist heute auf eine 24-Stunden-Pflege angewiesen. Immer an ihrer Seite ist ihr Mann Rüdiger Fischer, den sie über das Internet kennengelernt hat und 2010 heiratete. Doch das Liebesglück ist nicht ungetrübt. „Dank der Gesetzeslage wird man arm, wenn man eine Schwerbehinderte heiratet“, sagt Rüdiger Fischer. Solche Fälle finanzieller Not durch Behinderung kennt Prof. Dr. Elisabeth Wacker zuhauf. „Doch es besteht Hoffnung, dass die Politik demnächst ein neues Teilhabegesetz umsetzt und somit viele Ungerechtigkeiten beseitigt“, sagt die Soziologin von der TU München. Generell gelte es, weitere Barrieren abzubauen und ein faires Miteinander auf Augenhöhe zu schaffen. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 06.03.2015SWR Fernsehen
    ursprünglich für den 13.03.2015 angekündigt
  • Folge 717 (90 Min.)
    Ein dunkles Familiengeheimnis, eine rufschädigende Hetzkampagne oder die Schuld am Tod eines Kindes – die Vergangenheit wirft oft lange Schatten auf unser weiteres Leben, kann ganze Familien, Karrieren und Leben zerstören. Doch auch vermeintlich positive Ereignisse können zum Bumerang werden: Nicht selten haftet dem einstigen Kinderstar ewig sein niedliches Image an und alle Versuche scheitern, sich nach dem frühen Ruhm als ernsthafter Schauspieler zu etablieren. Oder die große Liebe entpuppt sich als besessener Psychopath, der einem auch noch Jahre nach der Trennung das Leben zur Hölle macht. Die einen quälen sich mit Selbstvorwürfen, kreisen gedanklich ständig in der Vergangenheit, suchen nach Gründen für das Geschehene.
    Andere wiederum verarbeiten traumatische Erlebnisse, können verzeihen und schaffen Platz für einen neuen Lebensabschnitt, ohne mit Groll zurückzublicken. Wie geht man mit schwerem Gepäck aus vergangenen Zeiten um? Wann macht es Sinn, Geheimnisse ruhen zu lassen? Wie schwer wiegen Schuldgefühle? Michael Steinbrecher fragt nach. U.a. bei Tatjana Gsell. Zwölf Jahre ist es her, dass Tatjana Gsells Ehemann überfallen wurde und später verstarb. Damals hatten die Ermittler auch die Ehefrau des 46 Jahre älteren Millionärs im Visier, allerdings stellte sich der Verdacht als falsch heraus: „Die Gesellschaft behandelte mich wie eine Auftragsmörderin. Ich will um meinen guten Ruf kämpfen“, so die Witwe des Schönheitschirurgen, die nach monatelanger Untersuchungshaft wegen versuchtem Autoversicherungsbetrug verurteilt wurde.
    Die Umstände des Falles Gsell werden aktuell juristisch wieder neu aufgerollt. Auch Marlis Böken lassen die Todesumstände nicht los. Ihre Tochter, die Offiziersanwärterin Jenny, kam 2008 auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ ums Leben. Für die Mutter bleiben auch heute noch viele Fragen ungeklärt: „Wichtig ist mir, zu erfahren, was genau passiert ist.“ Mehrere Klagen auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurden abgelehnt. Heute hilft ihr bei der Verarbeitung ihres Schicksals die Arbeit für ihre Stiftung, die sie in Gedenken an ihre Tochter gegründet hat. Das Geschehene verfolgt auch Sascha Bisley. Prügeleien, Alkohol und Drogen dominierten seine Jugend. Mit 19 Jahren verletzte der damalige Hooligan einen Mann so brutal, dass dieser an den Folgen starb.
    Hinter Gittern setzte Bisley sich schonungslos mit seiner gewalttätigen Vergangenheit auseinander – und schaffte die Kehrtwende: „Ich bereue, was ich getan habe. Die Tat verfolgt mich immer noch in meinen Träumen.“ Heute arbeitet der 41-Jährige als Sozialarbeiter. Detlev Zanders Leben stand vom ersten Augenblick unter keinem guten Stern. Hineingeboren in eine Alkoholikerfamilie wuchs er schließlich in einem pietistischen Kinderheim in Korntal auf. Und erlebte dort 14 Jahre lang die Hölle: Demütigungen und sexueller Missbrauch standen auf der Tagesordnung: „Mit Gummibärchen hat uns der Hausmeister gelockt, dann wurde ich regelmäßig im Fahrradkeller missbraucht. Schläge gab es von den Erzieherinnen, die sadistische Züge hatten“, schildert der 53-Jährige, der aufgrund seiner Kindheitserlebnisse heute arbeitsunfähig ist.
    „Ein früher Missbrauch ist der Mord an der kindlichen Seele“, sagt Psychologin Angelika Kallwass. Täglich kommen Patienten in ihre Praxis, die ein traumatisches Erlebnis hatten, oft bereits eine sehr lange Zeit Schuldgefühle mit sich tragen und mit der Aufarbeitung von einschneidenden Ereignissen zu kämpfen haben. Ein bedeutsamer Schritt auf diesem Weg ist ihrer Ansicht nach zu akzeptieren, dass der Schicksalsschlag immer ein Teil des Lebens bleiben wird. Viel wichtiger aber noch sei es, so die Psychoanalytikerin, sich selbst und den anderen vergeben zu können, denn: „Vergeben heißt nicht vergessen.“ Sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen – das ist Max Rinneberg gar nicht möglich. Vor sechs Jahren stürzt er auf einer Treppe und schlägt mit dem Kopf auf.
    Als er im Krankenhaus wieder erwacht, sind seine bisher gelebten 17 Jahre komplett aus dem Gedächtnis gelöscht. Und auch nach vielen Therapien nicht wieder zurückgekehrt: „Ich habe ein großes Gefühl von Unvollständigkeit. Ich will ja wissen, wer ich bin, wer meine Freunde sind, wer zu meiner Familie gehört. Darauf keine Antworten zu finden, ist das Schlimmste.“ Ein Anruf stellte das Leben von Dieter Nelle komplett auf den Kopf: Nach 30 Jahren erfuhr der Theaterregisseur am Telefon, dass er einen Zwillingsbruder hat, von dem er bis dato überhaupt nichts wusste: „Ich war erschüttert, geschockt und tief berührt. Ich hatte mit so etwas im Leben nicht gerechnet.“ Diese Nachricht warf bei ihm viele Fragen bezüglich seiner eigenen Identität auf.
    Heute fühlt er eine ganz besondere Verbindung zu seinem Zwillingsbruder, die er nicht mehr missen möchte. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 13.03.2015SWR Fernsehen
    ursprünglich für den 06.03.2015 angekündigt
  • Folge 718 (90 Min.)
    Die Villa mit Blick aufs Meer, eine Motoryacht mit eigenem Personal oder Luxus-Reisen in die Karibik – wer träumt nicht von einem Leben mit dickem Bankkonto und ganz ohne Sorgen? Mehr als 19.000 Deutsche gehören inzwischen zum Club der Multimillionäre. Und die leben nicht in Monaco oder St. Tropez, sondern in den Villenvierteln in München, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart. Wer sich alles leisten kann, ist glücklich und hat immer ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht? Nein, sagen Experten. Denn mit dem Reichtum kommen auch Verlustängste, der Neid Anderer und vor allem: die Jagd nach mehr. Aus dem Gefühl der Freiheit wird schnell ein Zwang zum Erhalt des Status Quo. Warum haben so viele den Traum vom Reichwerden? Macht Geld wirklich zufriedener? Oder haben die Recht, die sagen Lebensglück sei durch Geld nicht zu finden? Das fragt Michael Steinbrecher im NACHTCAFÉ. Die Aufzeichnung der Sendung ist am Donnerstag, 19. März, 20 Uhr im E-Werk in Baden-Baden.
    Karl Heinz Richard Fürst von Sayn-Wittgenstein kommt eigentlich aus bescheidenen Verhältnissen. Doch nach seiner Adoption durch einen Fürsten startete er durch und wurde reich. Große Villen, teure Autos, Gold, Diamanten, Kunst und Uhren – der Multimillionär liebt sein Luxusleben. „Nicht Geld macht glücklich, sondern das, was man damit macht.“
    Auch Peter Ackermann hat Millionen auf seinem Konto. Geld, das ihn aber nur dann glücklich macht, wenn er auch etwas für andere tun kann. Deshalb will er sein ganzes Vermögen einmal seiner Kinderstiftung vermachen. „Ich hatte in meinem Leben eine Chance, die anderen verschlossen blieb, und will deshalb der Gesellschaft auch etwas zurückgeben.“
    Svetlana Nadel genießt ihr Luxusleben auf Mallorca und gibt dabei ungerne etwas ab. Dabei hat die Millionärsgattin bisher noch nie in ihrem Leben richtig gearbeitet. Was sie umso besser kann? Geld ausgeben. Es lebe der Luxus – und sie lebt den Luxus. „Um glücklich zu sein, muss man mit sich und seinem Leben zufrieden sein. Wenn man aber auch noch Geld hat, dann ist es perfekt!“
    Trotz einer guten Ausbildung, Geld und Karriere waren Gerrit von Jorck nie wichtig. Denn ein hohes Einkommen hieße für ihn auch, im Hamsterrad der Arbeit gefangen zu sein. „Glück ist für mich, Zeit zu haben für die wichtigen Dinge des Lebens“, findet der Diplom-Volkswirt. Deshalb arbeitet er nur 13 Stunden pro Woche und lebt bewusst ein einfaches Leben.
    Die Rentnerin Dorothea Zaiß hat keine Wahl, mittlerweile lebt sie von wenigen hundert Euro im Monat. Dabei hat die Stuttgarterin 43 Jahre lang hart gearbeitet. Doch nach dem Tod ihres Mannes musste sie den gemeinsamen kleinen Weinbaubetrieb aufgeben. Heute lebt sie in Altersarmut: „Ohne Geld verliert man alles: die Freunde, die Lebensfreude und meine Würde.“
    Auch Reiner Haas kennt ein Leben am Existenzminimum. Dabei stieg er einst in der Werbebranche rasant auf und wurde zum Selfmade-Millionär. „Finanzieller Erfolg war das Wichtigste für mich. Es hat sich angefühlt, als ob alles, was ich angefasst habe, zu Gold wurde.“ Nach seinem Absturz sucht er heute jenseits von Geld und materiellem Besitz seine Erfüllung, als Schauspieler.
    Was hat Geld mit einem glücklichen Leben zu tun? Mit dieser Frage beschäftigt sich Professor Karlheinz Ruckriegel, von der TU Nürnberg. Der Volkswirt und Glücksforscher warnt davor, im Leben den falschen Zielen zu folgen: „Wir wurden nicht geboren, um das Bruttoinlandprodukt zu steigern. Wer dem Geld zu viel Bedeutung beimisst, wird dessen Sklave.“
    Dass Geld nicht glücklich macht, hat Kai von Bergen erlebt. Aus Liebe zum Luxus wurde er zum Millionenbetrüger. Als ihn Gewissensbisse plagten, zeigte er sich selbst an. Nach seiner vierjährige Haftstrafe bemüht sich von Bargen heute um Resozialisierung. „Geld verdirbt den Charakter. Ich höre oft, dass ich früher ein Ekelpaket war.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 20.03.2015SWR Fernsehen
  • Folge 719 (90 Min.)
    Die aktuellen Bilder von der Flugzeugkatastrophe in den französischen Alpen führen uns wieder einmal vor Augen, wie zerbrechlich unser Leben ist. Ob ein schrecklicher Verkehrs-Unfall oder eine gewaltige Naturkatastrophe – plötzlich steht die Welt still und die menschliche Allmacht über Natur und Technik wird komplett infrage gestellt. Umso schlimmer wenn dabei ein naher Angehöriger oder guter Freund ums Leben kommt. Der unerwartete Verlust lähmt, macht traurig und wütend zu gleich. Nach der anfänglichen Schockstarre kommt die Frage nach Schuld und Verantwortung. Es braucht einen angemessenen Prozess der Trauer. Manchmal bleibt auch ein Leben in Ungewissheit. Wie geht man mit einem plötzlichen Schicksalsschlag um? Wer kann helfen, das Trauma zu überwinden? Und wie findet man im Leben wieder zurück in geregelte Bahnen? „Aus dem Leben gerissen“ – unser Thema im NACHTCAFÉ mit Michael Steinbrecher. Die Aufzeichnung der Sendung ist am Freitag, 27. März, 19 Uhr im E-Werk in Baden-Baden.
    Die Gäste im NACHTCAFÉ: Melanie Klinke-Moser weiß, was die Hinterbliebenen der Absturz-Opfer in diesen Tagen erleben. Als ihre Eltern mit einer Passagiermaschine der Fluggesellschaft Birgenair in den Atlantik stürzten, stand die damals 20-Jährige plötzlich mit drei minderjährigen Geschwistern alleine da. „Das Unfassbare zu begreifen und zu realisieren war ganz schwer“, sagt Klinke-Moser, die ihre Eltern nie mehr zu Gesicht bekommen hat. Auch Elaine Mayerhofer wurde unfreiwillig Teil eines verheerenden Unglücks. Sie war eine der wenigen, die die Brandkatastrophe in der Gletscherbahn von Kaprun überlebten, verlor in dem Inferno aber nahe Angehörige und Freunde. „Ich frage mich bis heute manchmal, warum ich leben darf und all die anderen nicht.“ Seit 15 Jahren beschäftigt sie diese einschneidende Lebens-Erfahrung. Betroffene eines solchen Unglücks brauchen vor allem eines: Mitmenschliche Hilfe. Das sagt Traumatherapeut Dr. Hartmut Jatzko. Seit über 30 Jahren betreut der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Überlebende und Hinterbliebene von Katastrophen und Unglücken. „Wir begleiten die Menschen in ihrer Trauer. Und für die muss man ihnen auch die nötige Zeit lassen“, rät Jatzok. Auch Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek hat Erfahrung mit dem Verlust. „In kurzem Abstand verlor ich fünf sehr wichtige Menschen, das hat mich damals schwer aus der Bahn geworfen“, sagt Kubitschek, die dadurch für sich aber auch einen anderen Zugang zum Sterben fand. „Als Buddhistin verstehe ich den Tod heute eher als Aufruf, mein Leben bewusst anzugehen.“ Für die evangelische Theologin und Berliner Regionalbischöfin Ulrike Trautwein ist der Glaube ein Weg, Halt zu geben und mit menschlichen Schicksalen zurecht zu kommen. Auch mit Ihrem eigenen: Vor drei Jahren beging Ihr Mann einen Suizidversuch – und überlebte. „Zeit heilt alle Wunden, ist ein gruseliger Spruch. Aber Zeit verändert, das stimmt“, sagt Trautwein. Auch Constanze Falkenbergs Leben veränderte sich durch ein tragisches Unglück schlagartig. Bei einem Verkehrsunfall starben ihr Ehemann und ihre drei Kinder, sie selbst überlebte. „Die Frage, warum ausgerechnet meine Familie, ist völlig sinnlos. Es gibt keine Antwort darauf“, sagt Falkenberg, die sich ihrem Schicksal stellte und den Schritt in ein neues Leben wagte: „Ich hatte die Kraft, sie gehen zu lassen.“ Tobias Hürter hatte Glück im Unglück. Bei einer Bergtour stürzte er ab, überlebte aber schwer verletzt. Der Unfall hat den 42-Jährigen verändert, seine Prioritäten liegen nun stärker auf der Familie. Der Journalist plädiert für einen offeneren Umgang mit der Endlichkeit des Lebens: „Beim Thema Tod herrscht eine Art kollektive Verdrängung, deshalb ist die Erschütterung, wenn er geballt kommt, so groß.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 27.03.2015SWR Fernsehen
  • Folge 720 (90 Min.)
    Nur vom Feinsten für Fiffi! Das Fell eingehüllt ins glitzersteinbesetzte Designermäntelchen geht es mit Frauchen zum Hundeyoga, anschließend gibt es zur Belohnung auf dem Heimweg elitäre Bio-Kauknöchelchen, abends wartet im Napf individuell abgestimmtes Hundefutter. Ganz klar: Der Trend geht zum tierischen Prestigeobjekt. Doch das Tier bekommt nichts geschenkt, es muss auch viel dafür leisten: Häufig ist es Kindersatz und dient – oft im Gegensatz zum Partner – als treuer Begleiter. Schnell kann Tierliebe aber auch an Grenzen stoßen und zwanghaft werden: Dramatische Fälle wie z.B. die vermeintliche Katzenliebhaberin, die in ihrer kleinen Wohnung mit 25 Vierbeinern lebt, nehmen zu. Aber auch der Hang zu Exotik- oder Wildtieren, die wiederum dem Nachbarn schlaflose Nächte bereiten.
    Wann wird Tierliebe zu Wahnsinn? Ist eine ausgeprägte Leidenschaft für Tiere nur Ausdruck einer vereinsamenden Gesellschaft? Worin besteht die besondere Beziehung zwischen Mensch und Tier? Michael Steinbrecher fragt nach. U.a. bei Nachrichtenmoderatorin und Hundeliebhaberin Dunja Hayali, bei Schlagersängerin und Katzennärrin Gaby Baginsky und beim ostfriesischen „Pferdeflüsterer“ Tamme Hanken. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 03.04.2015SWR Fernsehen
  • Folge 721 (90 Min.)
    Ein Sexleben ohne Verfallsdatum? Hochbetagt, aber immer noch lustvoll enthemmt? Wie schön Erotik gerade im besten Alter angeblich ist, erfahren wir in aller Ausführlichkeit aus zahllosen Zeitschriften und Ratgebern. Auch wenn sich der Körper im Laufe der Zeit an den ein oder anderen Stellen hängen lässt, soll doch das heiße Begehren für den Partner nicht nachlassen, der Griff zur Reizwäsche bitte schön genauso selbstverständlich sein wie der zur Bügelwäsche. Ob Wechseljahre oder Midlife-Crisis – auch wenn Körper oder Seele so gar keinen Einklang mit dem Älterwerden verspüren, in Liebesdingen sollte sich dies, so der einhellige Tenor, aber nicht niederschlagen. Dieser geradezu marktschreierische Umgang mit der Intimität lässt häufig aber erst recht das Bettgeflüster verstummen.
    Die Forderung nach einem sexuell ausgefüllten Leben auch für Fortgeschrittene setzt uns unter Druck, sagen die Einen. Andere sehen es sportlich, wehren sich gegen sexuelle Eiszeit und kämpfen sich mit allen Mitteln zu Höhepunkten. Da wird der Therapeut gegen Stressimpotenz bemüht, der Volkshochschul-Tantra-Kurs gegen Einfallslosigkeit und der Besuch im Swinger-Club zum fesselnden Gemeinschaftserlebnis. Braucht Liebesleben im Alter neue oder andere Kicks? Was ist das Geheimnis glücklicher Paare, die auch nach 30 Jahren ein erfülltes Sexualleben haben? Und: Hat Älterwerden ohne Sex vielleicht auch Vorteile? Darüber diskutiert Michael Steinbrecher mit seinen Gästen. U.a. mit: Sexualtherapeutin Ann-Marlene Henning und Kolumnist Henryk M. Broder. Seit über 30 Jahren ist Horst Janson mit seiner Frau Hella glücklich verheiratet.
    Und auch was sein Liebesleben anbelangt, führt der Schauspieler eine überaus erfüllte Ehe. Denn es sind die kleinen Zärtlichkeiten, liebevollen Gesten sowie das Gefühl von Geborgenheit und tiefem Vertrauen, die in der Beziehung des Schauspielers eine weitaus größere Bedeutung eingenommen haben als hemmungsloser Sex: „Sex macht uns immer noch viel Spaß, ist aber im Laufe der Jahre weniger geworden.“ Sex spielt hingegen im Leben von Britta Zangen schon seit vielen Jahren eine völlig untergeordnete Rolle. Die Literaturwissenschaftlerin hat nach 38 Jahren in Kurz- und Langzeitbeziehungen das Singleleben für sich entdeckt. Die 67-jährige Autorin ist davon überzeugt, dass die Natur es so angelegt hat, dass die Lust im Laufe der Jahre nachlässt: „Ich bin nicht mehr in dem Alter, in dem ich jemandem an die Wäsche gehen muss.
    Ich bin froh, endlich alleine zu sein. Früher war mir Sex wichtig. Das ist längst vorbei, aber mir fehlt überhaupt nichts.“ Auch Inge Rinkhoff lebt in keiner festen Partnerschaft, den Traum vom Mann fürs Leben hat sie hingegen noch nicht aufgegeben. Doch solange Mr. Right noch auf sich warten lässt, will sie auf Sex und Erotik keinesfalls verzichten. Und da es der attraktiven Immobilienmaklerin, die vor zwölf Jahren von Stuttgart nach Marbella ausgewandert ist, nicht an Angeboten mangelt, verbringt sie gerne unverbindliche Stunden mit deutlich jüngeren Männern. „Bis der Richtige da ist, ist der Sex mit jungen Beachboys für mich eine gute Notlösung. Ich trenne hier ganz klar Sex von Liebe.“ „Meine Auseinandersetzung mit Sex findet heute in einer sehr leisen Form statt.
    Mir geht es dabei wie einem Sportler, der bei den Olympischen Spielen nicht mitmacht, aber sich alles ansieht“, sagt der Publizist Henryk M. Broder. Der 68-jährige Journalist kann allerdings das Bedürfnis älterer Herren gut nachvollziehen, sich mit einer 30 Jahre jüngere Frau einzulassen. Für sich allerdings schließt er dieses Lebensmodell aus und zieht eine ernüchternde Bilanz: „Sex ist ein Privileg der Jugend, Altwerden etwas Schreckliches. Ich kann allen Leuten nur empfehlen, jung zu sterben.
    “ Dass die Fantasie auch jenseits der 60 nicht abnehmen muss, dafür ist dieses Paar der beste Beweis: Ingrid Vonhof-Nagel und Hans-Joachim Nagel erweitern ständig ihren Erotik-Horizont, damit sich unter ihrer Bettdecke nach fast 30 Jahren Ehe keine Langeweile einschleicht: „Wir kaufen Liebesspielzeug, gönnen uns erotische Massagen, auch Bücher über Kamasutra liegen bei uns auf dem Nachttisch. Wir genießen unsere Zweisamkeit und können klar sagen: Wir leben momentan in der besten Sex-Phase unseres Lebens.“ Wie schwer es allerdings den meisten Paaren immer noch fällt, offen über Sex im Alter zu reden, das erlebt Ann Marlene Henning täglich in ihrer Beratungspraxis. Die Sexualtherapeutin weiß auch, welche Konsequenzen gerade die Wechseljahre für das Liebesleben haben können.
    Die neue Sexaufklärerin der Nation stellt fest: „Sind die Wechseljahre erst mal vorbei, geht die Lustkurve wieder hoch. Zudem entsteht sexuelle Reife erst mit den Jahren. Also von wegen: Schluss mit Sex. Jetzt erst Recht lautet die Devise in der Liebe für Fortgeschrittene.“ Vor 14 Jahren lernten sie sich über eine Annonce kennen. Da lebte Dr. Justus Rumpf bereits polyamor, was für Erika Hohndorf bis dahin eine völlig neue Art der Liebe war. Ihr früher monogames Sex-Leben ist für sie heute unvorstellbar. „Mein Sex ist viel facettenreicher, intensiver und energetischer – einfach eine ganz andere Dimension“, schwärmt die pensionierte Kunstlehrerin. Das Paar hat die Vision, eine Alten-Gemeinschaft zu gründen, in der Sexualität kein Tabu ist und man sich bis zum Ende begleitet. Schlagartig vorbei war das Liebesleben von Dr.
    Manfred Reitenspieß nach einer Krebserkrankung. Nach einer Prostata-Operation erhielt er die Diagnose Impotenz – für den Frühpensionär ein absoluter Albtraum. Doch damit wollte sich der seit 36 Jahren verheiratete Informatiker nicht abfinden und behilft sich seither mit allerlei pharmazeutischen und mechanischen Hilfsmitteln. Offen spricht er über ein Tabu-Thema: „Meine Frau und ich sehen das ganz sportlich. Vor der Operation hätte ich mich als sexuell aktiv bezeichnet – und das bin ich heute wieder. Nur mit etwas mehr Aufwand.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 17.04.2015SWR Fernsehen
  • Folge 722 (90 Min.)
    „Sie haben Krebs!“ Diese Botschaft des Arztes trifft jedes Jahr eine halbe Million Deutsche wie ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Die Diagnose Krebs taucht Betroffene und Angehörige in ein Wechselbad der Gefühle: Ab diesem Moment schwankt das Leben zwischen Angst und Hoffnung, Hilflosigkeit und Verzweiflung. Und sofort drehen sich unzählige Fragen im Kopf in Endlosschleife: Weshalb ausgerechnet ich? Bin ich selbst schuld? Habe ich nicht gesund genug gelebt? War meine Lebenseinstellung zu negativ und Krebs vielleicht die Antwort auf meine Unzufriedenheit? Brustkrebs rangiert einsam an der Spitze der Tumorerkrankungen bei Frauen, bei Männern ist es das Prostatakarzinom. Viele halten noch immer eine Krebsdiagnose für ein bereits gefälltes Todesurteil. Doch Überleben ist längst keine Glückssache mehr.
    In den vergangenen 30 Jahren hat die Forschung immense Fortschritte gemacht: Ein baden-württembergisches Unternehmen will 2016 erste Bluttests auf den Markt bringen, die Krebs frühzeitig entschlüsseln und nachweisen sollen – lange, bevor der Patient Symptome spürt, ohne vorherige Entnahme einer Gewebeprobe. So die Hoffnung. Es sind aber nicht allein die scharfen Geschütze der Medizin, die dem Krebs Paroli bieten. Viele Patienten nehmen die Krankheit zum Anstoß und krempeln ihr Leben komplett um, sie hinterfragen Beziehungen, finden zum Glauben, leben längst begrabene Träume. Wie geht man am besten mit der Prognose um? Welche Rolle spielt das Umfeld des Krebspatienten? Welche neuen Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Michael Steinbrecher fragt nach. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 24.04.2015SWR Fernsehen
  • Folge 723 (90 Min.)
    Der verständnisvolle Zuhörer, der gefühlsbetonte Vater, der zuverlässige Helfer im Haushalt – die Ansprüche an das männliche Geschlecht haben sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert. Vom Patriarchen hin zum Frauenversteher. Nicht wenige Männer stecken deshalb in einer Identitätskrise. Gleichzeitig hat sich auch das Selbstbild der Frauen gewandelt. Sie verdienen längst ihr eigenes Geld, ziehen in die Chefetagen ein und führen ein selbstbewusstes, unabhängiges Leben jenseits der alten Rollenklischees. Frau von heute hält die Fäden in der Hand und will in der Liebe heiß begehrt werden. Aber was bringt denn nun die weiblichen Hormone zum Kochen? Intelligenz und Einfühlungsvermögen oder Muskeln und Machosprüche? Der nette Kuscheltyp von nebenan oder der Verführer aus der Bar? „Macho oder Softie – was Frauen wirklich wollen“ – unser Thema im NACHTCAFÉ mit Michael Steinbrecher. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 01.05.2015SWR Fernsehen
  • Folge 724 (90 Min.)
    Die Nerven liegen blank! Im Hausflur hagelt es Vorwürfe, Beleidigungen, Drohungen. Im Extremfall kann es sogar tödlich enden – das Verhältnis zum lieben Nachbarn. Wo früher noch Tür an Tür eitler Sonnenschein herrschte und auch gerne mal am Sonntag mit Butter zum Backen ausgeholfen wurde, da braucht es oft nur einen winzigen Auslöser und schon schwenkt die Stimmungslage um in Richtung „Tornado vor der Haustür“. Jeder Dritte hatte schon mal Ärger mit seinem Nachbar.
    Ob es um laute Musik, nächtlich quakende Frösche im Gartenteich oder vermeintlich banales Rauchen auf dem Balkon geht – schnell kann ein einst freundschaftliches Verhältnis ins Ungemütliche umschlagen und in einen Zustand eskalieren, der kriegsähnliche Züge aufweist: Mauern werden hochgezogen, Geschütze in Form von Videoüberwachungen aufgefahren, Morddrohungen über den Zaun gebrüllt. Und wenn dann der Wurm ein Mal drin ist in der Nachbarschaftsbeziehung, dann gibt es oft kein Halten mehr, auch nicht vor Gericht: Nach Schätzungen des deutschen Mieterbundes landen allein in Deutschland jedes Jahr rund 400.000 Nachbarschaftskonflikte vor dem Richter. Nicht selten geht es um einen minimalen Streitwert, viel wichtiger scheint es, das eigene Territorium gegen Außen zu verteidigen.
    Weshalb bleibt die Toleranz unter Nachbarn so oft auf der Strecke? Wie sieht die ideale Wohnform der Zukunft aus? Was braucht es für eine gute nachbarschaftliche Beziehung? Michael Steinbrecher fragt nach. Bei Experten und Betroffenen. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 08.05.2015SWR Fernsehen
  • Folge 725 (90 Min.)
    Jugendliche, die in den Heiligen Krieg ziehen und Terror-Organisationen, die im Nahen Osten und in Afrika Menschen wegen ihrer Religion töten – im Namen des Glaubens geschieht viel Unrecht auf der Welt. Doch auch hierzulande fragen sich manche, ob der Glaube einer moderne Gesellschaft im Weg stehen kann: sei es wenn es um die Gleichbehandlung von Frauen, um gleichgeschlechtliche Liebe oder gar um die Aufarbeitung der Missbrauchsskandale der vergangenen Jahre geht. Auf der anderen Seite führen der Glaube und das Gebot der Nächstenliebe nach wie vor zu viel Gutem auf der Welt. Gläubige, die Menschen in Not bei sich aufnehmen oder in den Krisengebieten dieser Erde ihr Leben für andere riskieren. Der Glaube gibt Kraft, spendet Trost und gibt vielen Menschen eine Orientierung im Leben.
    Welche Rolle spielt der Glaube? Was treibt eine Mutter um, deren Sohn in den Heiligen Krieg zieht? Warum kann heutzutage noch Teufelsaustreibung stattfinden? „Im Namen des Glaubens“ – unser Thema im NACHTCAFÉ mit Michael Steinbrecher. Die Aufzeichnung der Sendung ist am Mittwoch, 13. Mai, 20 Uhr im E-Werk in Baden-Baden. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Georg Bruder (0711 /​ 929–13701). Presse: Johanna Leinemann (07221 /​ 929–22285). Die Gäste im NACHTCAFÉ: Die Kabarettistin Lisa Fitz trat bereits in jungen Jahren aus der Kirche aus. Ihr Interesse am Glauben hat sie dennoch nicht verloren. Auf der Bühne zeigt sie mitunter, dass man über Gott auch lachen kann. Ernst wird sie allerdings bei den Kriegen und Gewalttaten, die im Namen des Glaubens verübt werden: „Wir können nicht sagen, der liebe Gott wird es schon richten.
    Das macht er nicht. Wir sind selbst aufgerufen, da etwas zu verändern!“ Auch Hans-Jochen Jaschke verurteilt es als „Irrweg des Glaubens“, wenn im Namen Gottes Unrecht geschieht. Dennoch sieht der Weihbischof aus dem römisch-katholischen Erzbistum Hamburg auch in der heutigen Zeit eine starke Berechtigung von Religion. „Im Glauben finden Menschen noch immer Halt und Orientierung. Und er eröffnet auch viel Schönes. Dazu möchte ich die Menschen ermutigen.“ Für Friederike Garbe ist ein Leben ohne Glauben heute nicht mehr denkbar. Seit mehr als 20 Jahren kümmert sich die tief gläubige Christin um Mütter und Kinder in Not. Dabei sind Demut und Nächstenliebe ihr ständiges Leitmotiv. Persönliche Schicksalsschläge und Lebenskrisen haben ihren Glauben und ihren Antrieb nur weiter gefestigt.
    „Ich finde im Glauben die Sicherheit, dass mein Leben von Gott geschützt wird und dass der Plan, den er für mich hat, vollkommen ist.“ Für Philipp Möller ist der Glaube ein Produkt der menschlichen Sozialisation. „Viele Menschen tun Gutes tatsächlich aus der Motivation ihres Glaubens heraus. Ich bin aber überzeugt davon, dass sie es auch täten, wenn sie nicht zum Glauben erzogen wären.“ Für den überzeugten Atheisten ist der Glaube an Gott ein Grund für mangelnde Selbstbestimmung und nicht zuletzt auch für religiösen Fundamentalismus. Stefan Kaufmann, CDU-Bundestagsabgeordneter, ist überzeugter Katholik. Und das auch nachdem ihm seine Kirche den Segen für die Partnerschaft mit seinem langjährigen Lebensgefährten verweigert hat. Ende April standen sie in Stuttgart dennoch vor dem Altar.
    „Es war immer für uns klar, dass wir unsere Partnerschaft auch kirchlich segnen lassen wollen. Dafür haben wir zwei Jahre lang gekämpft.“ Auch Bastian Melcher hatte als Homosexueller keinen leichten Stand in seiner Kirche. Seine Bremer Freikirche und die eigenen Eltern verteufelten seine Sexualität auf Grundlage der Bibel als Sünde – und Bastian Melcher glaubte das lange Zeit sogar selbst. „Ich war so verzweifelt, dass die Kirche, die mir Halt geben sollte, sagt, es sei nicht in Ordnung ist, wie ich bin.“ Erst als ein christlicher Arzt seine „Dämonen“ mit Gebeten austreiben wollte, wachte er endlich auf. Krieg und Gewalt im Namen des Glaubens – für uns weit weg, für Paruar Bako erschreckend nah. Im Irak werden die jesidischen Kurden von Kämpfern der Terrororganisation „Islamischer Staat“ verfolgt und ermordet.
    Die in Deutschland lebende Familie Bako leistet erbitterten Widerstand: Vater Ali vor Ort an der Waffe, Sohn Paruar via Internet aus Deutschland. „Der IS missbraucht den Glauben, sie benutzen die Religion nur als Vorwand“, so Bako zu seiner Motivation. Melanie Rauensteins Sohn fand als Jugendlicher zum islamischen Glauben, radikalisierte sich und zog als 16-Jähriger nach Pakistan. Drei Jahre später tauchte im Internet ein Video auf, in dem er als Märtyrer des Dschihad gefeiert wird. Bis heute weiß die 51-Jährige nicht, wie ihr Sohn gestorben ist. „Ich mache mir selbst Vorwürfe“, sagt Melanie Rauenstein. „Ich hätte mich mehr mit meinem Sohn und seiner Religion auseinandersetzen, ihm mehr zuhören müssen.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 15.05.2015SWR Fernsehen
  • Folge 726 (90 Min.)
    „Du merkst, dass Du älter wirst, wenn die Geburtstagskerzen mehr kosten als der Kuchen.“ Nicht jedem gelingt es, das Älterwerden so auf die leichte Schulter zu nehmen wie dem amerikanischen Komiker Bob Hope. Bereits die magische 50 empfinden viele als gravierenden Umbruch im Leben mit Ängsten, Zweifeln und Krisen. Andere wiederum fühlen sich um Jahre jünger – von alt und staubig keine Spur. Sie wollen statt gepflegter Langeweile zwischen Krankheitsgesprächen und Seniorenteller ein völlig anderes Menü im Leben. Bitte nicht die zehnte Heizdecken-Kaffeefahrt in Folge, stattdessen schlagen sie sich lieber die Nächte als Junggastronom um die Ohren. Oder biegen ihre Knochen im Yogakurs, quälen sich mit über 70 noch für einen Triathlon oder starten ihr Erststudium.
    Auch dank der Chirurgie und gut gefülltem Konto fühlen sich immer mehr als Kreativdirektor ihres jungen Images, späte Vaterschaft, zweiter Frühling mit junger Geliebten inklusive. Alles schön, solange der Körper keine Zicken macht, kein Herzinfarkt oder Schlaganfall brachial ins Leben bricht. Was sind die Chancen, was die Risiken in einer Gesellschaft, die immer älter wird? Wo beginnt purer Egoismus, wo endet das Verständnis für die Selbstverwirklichung der neuen Alten? Zwingt uns der Jugendwahn förmlich zu einem aktiven Alter oder hat man auch das Recht, sich auf den erworbenen Lorbeeren auszuruhen? Michael Steinbrecher fragt nach. Unaufhaltsam rückt der 50. Geburtstag bei Schauspieler Kai Wiesinger näher. Und damit auch die Zicken, die das Älterwerden so mit sich bringt.
    „Der Lack ist ab“ – das bringt sein momentanes Lebensgefühl auf den Punkt. Und mit den nicht immer angenehmen Nebenerscheinungen des Alterns beschäftigt er sich auch in seiner ersten Filmarbeit als Regisseur und zieht eine eher nüchterne Bilanz: „Ich finde das Älterwerden nicht toll, denn ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich mit 20 aussah. Nur im Kopf gewinnt man mit dem Alter dazu. Man wird weißer, aber auch eben weiser.“ „Meinen 50. habe ich richtig gefeiert. Der Tag fing damit an, dass ich meine Brille nicht gefunden habe und da wusste ich: So, das passt.“ Sissi Perlinger geht gelassen ans Älterwerden ran und ist überzeugt, dass man sich nur rechtzeitig darauf vorbereiten muss.
    Die Kabarettistin fühlt sich Jahr um Jahr glücklicher: „Ich werde eine groovige Alte sein, noch mehr Musik machen als bisher und Schlagzeug spielen wie eine gesengte Sau.“ Doch gab es auch Phasen in ihrem Leben, in denen Gelassenheit ein Fremdwort war. Bis sie ihr Leben radikal änderte. Radikal änderte sich auch das Leben von Waltraud Lenhart. Vor drei Jahren starb ihr Mann, der baden-württembergische Unternehmer und Hobbykunstflieger Klaus Lenhart, bei einem Flugzeugunglück. Damit zerschellten auch all die Zukunftspläne, auf die das Ehepaar gemeinsam hinarbeitete: „Die Transsibirische Eisenbahn war so ein Traum, den wir zu zweit verwirklichen wollten. Aber wir haben alles auf später verschoben, denn mein Mann war die Seele des Unternehmens.“ Deshalb zögerte die Witwe auch keine Minute, als es um die Firmennachfolge ging.
    Seitdem führt sie sein Lebenswerk als Leiterin des Sportausrüstungsherstellers fort. Nochmal ganz neu durchstarten, und das ganz freiwillig – diesen Weg ging Katja Schätzle. Lange Jahre war die Kölnerin Geschäftsführerin einer Maschinenfabrik, doch mit 50 entschied sie sich gegen die Männerdomäne und tauchte ein in ihr neues Reich der Sinnlichkeit. Katja Schätzle wurde Tortendesignerin und geht darin völlig auf: „Mein lange gehegter Traum ging in Erfüllung. Schokolade ist einfach etwas Wunderbares, es ist der Nektar der Götter.“ Pralinen, Schokolade oder Sahneschnittchen – bei Berbé Schmidt haben solch kalorienreiche Sünden keinerlei Spuren hinterlassen. Disziplin war als ehemalige Profitänzerin des Berliner Friedrichstadtpalasts ihr täglich Brot.
    Und noch heute, mit 73, liebt sie den großen, paillettenbestickten Glitzerauftritt und ist mit einer Showtanztruppe ständig auf Achse. Der von ihr gegründete „Club der Lebensfrohen“ ist gefragt, dabei lässt sie so manch Jungen alt aussehen: „Ich will tanzen, bis ich nicht mehr kann. Wenn man von morgens bis abends auf der Bühne steht, denkt man nicht viel übers Altern nach.“ Im „Club der Lebensfrohen“ hat sich Heinz Nowak bisher nicht angemeldet. Der Österreicher geht lieber in Diskotheken, denn er fühlt sich mit seinen 66 Jahren als junggebliebener Mittzwanziger. Ob zerrissene Jeans und Turnschuhe im Trendy-Look, Falten-OP oder Fettabsaugen – der vier Mal geschiedene ehemalige Geschäftsführer bemüht sich mit vielen Hilfsmitteln um Jugendlichkeit. „Auch beim Sex fühle ich mich in absoluter Höchstform. Zudem habe ich gute Gene.
    “ Beim Anvisieren seiner weiblichen Zielgruppe, die für ihn mit einer deutlichen Altersdifferenz nach unten einher geht, ist der Single sehr aktiv. „Oft kommt es zu beruflicher und privater Neuorientierung. Außerdem machen sich körperliche Veränderungen bemerkbar, die sogenannte „zweite Pubertät setzt ein“, weiß Dr. Pasqualina Perrig-Chiello. Die Professorin für Entwicklungspsychologie sieht die Lebensmitte als idealen Zeitpunkt, um die Weichen neu zu stellen. Die Schweizerin kennt die Zweifel und Krisen, aber auch die Chancen dieser Phase nur zu gut: Nach dem 40. Geburtstag beginnt man Bilanz zu ziehen und sein bisheriges Leben zu hinterfragen. Aber auch die eigene Endlichkeit wird Thema.
    Trotz allem macht Perrig-Chiello Mut: „Wer diese Lebensphase gut gemeistert hat, der meistert auch das Altern gut!“ Die angenehmen, gerne auch mal luxuriösen Seiten des Lebens genießen und im Alter die Ernte dessen einfahren, was man sich im Berufsleben hart erarbeitet hat – davon ist Norbert Beule weit entfernt. Und dass, obwohl es in seinen ersten Berufsjahren nur steil nach oben ging. Doch als erfolgreicher Banker schlitterte er schließlich aus der Vorstandsetage in die Obdachlosigkeit. Statt ein „dolce vita“ im Rentenalter bleiben dem 66-Jährigen 300 Euro zum Leben: „Nicht mal meinen Enkelkindern kann ich finanziell etwas bieten, das schmerzt sehr.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 22.05.2015SWR Fernsehen
  • Folge 727 (90 Min.)
    Auch wenn nach wie vor fast jede dritte Ehe vor dem Scheidungsrichter endet – die große Mehrheit der Deutschen träumt von der großen Liebe und wünscht sich eine glückliche Beziehung bis ans Lebensende. Und aller Trennungsstatistiken zum Trotz: es gibt sie ja auch, die Paare, die zeigen, dass es sich lohnt, an die gemeinsame Liebe zu glauben. Paare, die als Team durchs Leben gehen und gemeinsam für ihre Werte und Ideale einstehen. Paare, deren Liebe auch über eine größere Distanz nicht weniger wird. Paare, die an einem Seitensprung wachsen statt aufzugeben. Und es gibt Partner, die gemeinsam schwere Schicksalsschläge überwinden und ein Leben lang zusammenhalten. Nähe oder Distanz? Vertrauen oder Eifersucht? Freundschaft oder sexuelle Anziehung? Was ist das Geheimnis glücklicher Beziehungen? Das verraten uns „Starke Paare“ bei Michael Steinbrecher im NACHTCAFÉ.
    Die Gäste im NACHTCAFÉ: Seit 40 Jahren ein Paar, seit 34 Jahren verheiratet und keinen Tag ohne den anderen. Der Schauspieler Ulrich Pleitgen und seine Ann-Monika haben nach anfänglichen Turbulenzen miteinander die lebenslange Liebe gefunden. „Wir haben gemerkt, dass wir nicht ohne einander können. Das hat unsere beziehung stark gemacht.“ Große Angst haben sie vor dem Tag, an dem einer nicht mehr da sein wird. So viel Nähe brauchen Monika Griefahn und Michael Braungart nicht. Die ehemalige niedersächsische Umweltministerin und der Wissenschaftler sind dennoch ein richtiges Powerpaar: Karriere, Kinder und dabei noch die Umwelt retten – auch wenn sie nur einen Bruchteil des Jahres zusammen verbringen, meisterten sie gemeinsam bislang jede berufliche Hürde und auch einen privaten Schicksalsschlag. „Wir sind ein starkes Paar, weil jeder seine Qualitäten hat, die wir zusammenbringen.“ Das Teilen von Freud und Leid hatten sich auch die Eheleute Nikolaus und Anne Schneider bei ihrer Hochzeit vor mehr als 40 Jahren geschworen. Vor einem Jahr wurde es ernst: Anne Schneider erhielt die Diagnose Brustkrebs. Der frühere EKD-Ratsvorsitzende legte sein Amt nieder, um sich ganz um seine Frau zu kümmern. Für ihn ist klar: „Ich kann mir ein Leben ohne Anne nicht vorstellen.“ Ehegelübde und ewige Liebe? Damit hatte Pascal Kronenberger so schnell nicht gerechnet. Er war 16, als er die vier Jahre ältere Monique aus Ruanda kennenlernte. Nach nur wenigen Treffen heirateten sie, ohne je den Alltag geteilt zu haben. Trotz Skepsis ihrer Freunde beweisen sie heute: Ein starkes Paar braucht sich nicht zu prüfen, um sich zu binden. „Seit dem Ja-Wort sind alle anderen Frauen für mich gestorben“, erklärt Kronenberger. Nur wenige Wochen nach der Hochzeit wurde die Ehe von Uta und Martin Koch auf eine harte Probe gestellt. „In guten wie in schlechten Zeiten? Wir hätten wohl beide nicht gedacht, dass die schlechten Zeiten so schnell kommen würden.“ Als bei ihr eine lebensbedrohende Diagnose gestellt wird, bietet sie ihrem Ehemann an, die Ehe aufzulösen. Doch der steht ihr bis heute treu zur Seite. Starke Paare setzen sich aus starken Menschen zusammen, weiß die österreichische Psychotherapeutin und Sexualmedizinerin Dr. Elia Bragagna. Zudem bilden gemeinsame Grundwerte und Ziele ein stabiles Fundament, das in Krisenzeiten die Beziehung stützt: „Wenn ein Paar eine Krise durchsteht, geht es gestärkt daraus hervor“, so die 59-Jährige, die aus eigener Erfahrung spricht: Nach sechs Jahren Trennung kehrte sie zu ihrem Mann zurück. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 12.06.2015SWR Fernsehen

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