2015, Folge 1–15

  • Folge 1 (45 Min.)
    „Wenn der Motor ausfiel, dachte ich jedes Mal, es ist vorbei.“ Die in Deutschland aufgewachsene Syrerin Maya Alkhechen hatte sich für die Flucht übers Meer entschieden, eine Flucht, die mehr als zehntausend Menschen vor ihr den Tod brachte. Dass sie sterben könnte, nahm sie in Kauf – aber dass sie vielleicht zusehen müsste, wie ihre kleinen Kinder ertrinken, war ihr unerträglich. Aber hatte sie eine Wahl? Drei Tage sollte die Überfahrt dauern. Daraus werden für die Familie sieben Tage und sechs Nächte Todesangst. Dabei ist die Flucht aus Syrien eine Flucht in die Heimat: Maya ist in Essen aufgewachsen und ging nach dem Abitur nach Syrien zurück, weil man ihr in Deutschland keine Zukunft bot. Sie hatte nur eine Duldung und das hieß für sie: kein Studium und keine Arbeit. Nicht weit von Essen – in Solingen lebt heute Gerhard Rothe.
    Maya und er könnten Nachbarn sein. Er weiß wovon Maya spricht, wenn sie sagt: „Nur, wer eine Flucht selbst durchgestanden hat, kann dieses schreckliche Gefühl nachempfinden“. Diese quälende Entscheidung, ob man das eigene Leben und vor allem das der Kinder aufs Spiel setzen soll durch eine Todesfahrt ins Ungewisse. Rothe war selbst noch ein Kind, als seine Familie vor etwa 70 Jahren aus dem zerbombten Danzig nach Westen flieht. „Unsere ganzen Vorräte gingen aus“, berichtet Gerhard Rothe in seinem Häuschen in Solingen, „nie mehr wieder habe ich solch einen Hunger erlebt.“ Aufgebrochen aus ganz unterschiedlichen Leben und Zeiten, verbunden durch die Erlebnisse auf der Flucht: der 75 Jahre alte Gerhard Rothe aus Danzig und die 31jährige Maya aus Syrien.
    Wie ist das, wenn der Krieg Menschen zwingt, die Heimat zu verlassen? Familie? Freunde? Wie ist es, aufzubrechen in ein Leben ohne Sicherheit? Maya begibt sich mit ihrer Familie in die Hände skrupelloser Schleuser, die die maroden Flüchtlingsboote mit Hunderten anderer Syrer vollstopfen. Und sie erlebt, wie eine junge Frau neben ihr auf dem Schiff stirbt, weil sie die Kraft verließ. Auch Gerhard Rothe haben sich die Bilder der Flucht tief eingebrannt. Er erinnert sich bis heute daran, dass die Familie an einem Militärflughafen vorbeikam. „Da waren zerschossene Flugzeugwracks und an den Flügeln hingen tote Soldaten“, berichtet er, „das könnte ich Ihnen heute noch zeichnen, so ein grausames Bild.“ Beide sind irgendwann erschöpft und erleichtert angekommen. Beide müssen spüren, dass Flüchtlinge nicht überall willkommen sind.
    Maya Alkhechen kämpft tagsüber um eine eigene Wohnung und Kindergartenplätze, nachts hat sie Alpträume und durchlebt die Flucht wieder und wieder. Gerhard Rothe hat sich nach vielen Jahren in Solingen mit Frau, Tochter und Enkelkind eine kleine Welt erschaffen, in der er sich sicher fühlt. „Aber es macht mich traurig“, sagt er, „wenn ich heute sehe, dass immer noch so viele das Gleiche durchstehen müssen wie wir damals. Wird die Menschheit denn nie vernünftig?“ „Menschen hautnah“ erzählt die Geschichten zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein können, aber verbunden sind durch ein Schicksal, das jeden ereilen kann – zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 19.02.2015WDR
    ursprünglich für den 26.02.2015 angekündigt
  • Folge 2 (45 Min.)
    Stefan ist gerade mal 43 Jahre alt, hat aber schon fast alle Zähne verloren. Sein Kiefer verformt sich ständig, neue Prothesen passen schon nach ein paar Wochen nicht mehr. Er verträgt nur noch wenige Lebensmittel, hat andauernd Durchfall, dazu Gliederschmerzen, Herzrasen, Hautausschlag. Vor genau fünf Jahren haben die Beschwerden von heute auf morgen begonnen und sie sind immer schlimmer geworden. Bis dahin war er topfit, spielte erfolgreich bei Kreismeisterschaften im Tischtennis. Inzwischen ist der Gärtner längst arbeitsunfähig, traut sich selten aus der Wohnung, denn immer wieder mal kollabiert er. Exakt gezählt hat Stefan 40 Ärzte und zehn Kliniken in ganz Deutschland durch. Alle stellen fest, sein Körper steckt voller Entzündungen, aber die Ursache hat bisher noch keiner gefunden.
    Stefan ist am Ende und seine letzte Hoffnung heißt ZuK, das „Zentrum für unerkannte Krankheiten“ an der Universitätsklinik Marburg, eingerichtet Ende 2013. Dort versucht Professor Jürgen Schäfer den rätselhaftesten Fällen auf die Spur zu kommen. Und das gelingt ihm erstaunlich oft, weil er Zeit hat für intensive Diagnosearbeit. Die räumt ihm die Uni-Klinik Marburg ein. So kann er es sich leisten, lange Gespräche mit Patienten zu führen, aufwändige Untersuchungen und Labortests machen zu lassen, „um die Ecke zu denken“. Dazu berät ihn ein Team von Spezialisten, das sich einmal pro Woche zum diagnostischen Brainstorming trifft. Vom ZuK erhofft sich jetzt auch Stefan endlich eine Diagnose und dadurch vielleicht eine Linderung seiner Beschwerden.
    Denn, so sagt er, alle anderen finden seit langem, dass er einen „an der Klatsche“ habe, er wird abgestempelt als Simulant, als Querulant. Das passiert vielen Menschen, die lange an Krankheiten leiden, bei denen niemand die Ursache findet. Wie hoch der Bedarf an Diagnosen unerkannter Krankheiten ist, sieht man im Sekretariat von Professor Schäfer. Da stapeln sich in Umzugskisten Krankenakten aus ganz Deutschland. Ein Jahr nach der Gründung hat das ZuK rund 3.000 Anfragen von hilfesuchenden Patienten auf der Warteliste. Tenor: „Sie sind meine letzte Hoffnung“. Und die Fälle klingen unglaublich und rätselhaft: Evi, die nicht schlafen kann und an unerträglichen Kopfschmerzen leidet. So schlimm, dass sie ihre kleinen Kinder nicht versorgen kann. Oder der Mann aus Linz, der jeden Tag um 17 Uhr für rund eine Stunde in eine Art Wachkoma fällt.
    Professor Jürgen Schneider kümmert sich um diese Fälle, dämpft aber allzu hohe Erwartungen. Sie seien in Marburg keine Wunderheiler. In beharrlicher Puzzlearbeit und mit ungewöhnlichen Einfällen findet er mit seinem Team aber bei manchen Patienten schließlich eine Ursache für unerklärliche Erkrankungen. Unabhängig von Behandel- und Heilbarkeit bedeute das für viele schon Erlösung: endlich eine Diagnose! (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 26.02.2015WDR
    ursprünglich für den 19.02.2015 angekündigt
  • Folge 3 (45 Min.)
    „Irgendwas muss mit meinem Papa sein – ich konnte es mir einfach nicht erklären! Ich wäre nie auf Samenspenden gekommen.“ Anja erfuhr erst vor zwei Jahren von ihren Eltern, dass sie ein Samenspenderkind ist. Anonym gezeugt – mit dem Samen eines Fremden. Diese Information verändert ihr ganzes Leben. Das vertraute Familienbild der 25-Jährigen ist zerstört. „Dieses Blonde, Helle von meinem Papa, plötzlich ist es nicht mehr von ihm, das ist von einem anderen Menschen.“ Sie macht sich auf die Suche nach dem Fremden, ihrem biologischen Vater. Auch Sunny wurde anonym gezeugt und will ihren Samenspender finden. Das Problem: Damals hatten die Ärzte den Spendern Anonymität zugesichert. Für ihr Wunschkind ließen sich viele Eltern auf diese Vereinbarung ein. Eine Absprache, die in einer rechtlichen Grauzone getroffen wurde.
    Anja und Sunny stoßen bei ihrer Suche auf große Hindernisse. Die Unterlagen über die Behandlung und die Spender scheinen vernichtet worden zu sein. Juristisch steht ihnen aber diese Information sogar zu. Denn 1989 beschloss das Bundesverfassungsgericht das Recht auf „Kenntnis der eigenen Abstammung“. Anja klagt gegen den Reproduktionsmediziner ihrer Mutter. Um ihn zu zwingen, den Namen ihres Samenspenders preiszugeben. Sie möchte ihren biologischen Vater einfach nur kennenlernen, an Unterhaltsansprüche denkt sie nicht. Die könnten aber auf ihren Samenspender zukommen. Schätzungsweise 100.000 Kinder wurden wie Sunny und Anja anonym in Deutschland gezeugt. Eine Lawine von Anfragen könnte auf die Reproduktionskliniken zukommen. Und zahlreiche Gerichtsverfahren. Denn eindeutige Gesetze, wie z.B. ein Fortpflanzungsmedizingesetz, fehlen in Deutschland bis heute. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 05.03.2015WDR
  • Folge 4 (45 Min.)
    Klaus S. ist ein Mann, der niemals aufgibt. Und er und seine Freundin Ursula M. sind ein Liebespaar ganz besonderer Art. Er war, als sie sich kennen lernten, 70 Jahre alt und steckte mit seiner Batteriefirma in großen finanziellen Schwierigkeiten. Die drei Jahre jüngere Ursula wurde sein rettender Engel. Doch ihre Liebe wird seither durch immer neue Schwierigkeiten auf die Probe gestellt. Seine Firma machte Verluste, die Sparkasse kündigte Kredite, verlangte, dass Klaus S. wegen seines Alters einen Nachfolger für seine Firma suchte – vergeblich. Es folgten: Insolvenz, Kontopfändung, Aufforderung zur Vermögensauskunft, die drohende Zwangsversteigerung seines Privathauses. All das will sich Klaus S. nicht gefallen lassen. Er kämpft – mit Gerichtsprozessen, Beschwerden und Anzeigen. Finanziert mit dem Geld seiner Freundin. Denn er hat nichts mehr.
    Ursula M. ist bereit, fast alles für ihn zu tun, hat ihm zuliebe sogar eine neue Firma gegründet. Denn nicht mehr zu arbeiten, das ist für Klaus S. auch mit 75 unvorstellbar. Er ist ein Dickschädel – von Kindesbeinen an. Sein Vater hat ihn oft gedemütigt, erniedrigt, sagte immer wieder: „Alles, was du mal wirst, das fängt mit ‚Hilfs-‘ an: Hilfsarbeiter, Hilfszeitungsausträger und, und, und …“ Der Vater schlug ihn grün und blau. Einmal hat er ihm ein Brett mit Nägeln in den Rücken gerammt, so dass er blutete. Die Angst, vernichtet zu werden, sitzt tief und ist allgegenwärtig. Ursula glaubt, dass das der Grund dafür ist, dass er immer weiter kämpfen muss. „Er kämpft und kämpft. Wahrscheinlich bis er tot umfällt. Aber ich stehe zu ihm. Wenn ich ihn jetzt hängen lasse, dann steht er da ganz alleine.
    Wir müssen da jetzt einfach durch.“ (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 12.03.2015WDR
  • Folge 5 (45 Min.)
    Gunda S. ist auf dem Weg in ein neues Leben. Mit 75 Jahren. Denn sie hat einen Traum – und dafür ist sie bereit ihr Zuhause aufzugeben. Dreißig Jahre lang hat Gunda in ihrer Wohnung gelebt. Alleine. Sie kennt es nicht anders. Als junges Mädchen war sie oft krank, die Pubertät habe sie verpasst, sagt sie selbst. Wie es ist, in einer Beziehung zu leben, hat sie nie erfahren. Ihr Beruf als Psychiaterin bedeutete ihr viel – und ihre Eigenständigkeit. „Es war das ganze Ehesystem, das mir nicht so liegt.“ Doch für ihren letzten Lebensabschnitt wünscht sich Gunda mehr Nähe zu anderen Menschen. Und weniger Einsamkeit. „Und jetzt krieg ich eine Familie. Ich find das schön.“ Lisa M. ist zwanzig Jahre jünger.
    Auch sie gibt ihr bisheriges Leben auf – ein zweites Mal: Mit ihrem Mann, ihren zwei Töchtern und den Schwiegereltern hatte sie 20 Jahre lang in einer Großfamilie gelebt, als sie sich in einen anderen Mann verliebt. Doch ihr neuer Lebensgefährte stirbt unerwartet. Noch einmal ihr Glück in einer Beziehung zu finden, daran glaubt Lisa heute nicht mehr. Gundas und Lisas neue Familie sollen jetzt die „Beginen“ werden – ihr Zuhause der Kölner Beginenhof. Ein gemeinsames Haus für 27 Frauen. Die „Beginen“ haben ihre Wurzeln im Mittelalter. Damals taten sich Frauen, die weder heiraten noch ins Kloster gehen wollten, in spirituellen Gemeinschaften zusammen: selbstbestimmt, unter Frauen, wirtschaftlich autark und sozial engagiert. Ein Modell, das Jahrhunderte später offenbar wieder äußerst attraktiv erscheint.
    Denn Beginenhöfe sprießen in ganz Deutschland aus dem Boden. Die Kölnerinnen haben eine Genossenschaft gegründet und über fünf Millionen Euro gesammelt, um einen Hof mit 27 Wohnungen zu bauen. In Eigenregie. Männer dürfen weder Anteile an der Genossenschaft erwerben – noch einziehen. Und dann, im Dezember 2013 ist es soweit. Die ersten Frauen beziehen ihre Wohnungen im gerade fertiggestellten neuen Beginenhof – am äußersten Stadtrand von Köln, mitten im größten Neubaugebiet. Auch Gunda. Kann ihr Traum hier wahr werden? Lisas Erwartungen an die Gemeinschaft sind weniger hoch. Vielleicht, weil sie ein Familienleben gehabt hat und sich auch heute noch ein großer Teil ihres Lebens außerhalb des Hofes abspielt. Sie akzeptiert schnell, dass es selbst um den Standort einer Wäschespinne oder des neuen Gartenhauses hartnäckige Diskussionen gibt.
    Gunda tut sich da schwerer … „Menschen hautnah“ begleitet drei Frauen über ein Jahr lang bei ihrem Sprung ins Ungewisse. Bewährt sich der tolerante Lebensentwurf der Beginen im Alltag? Wie kommen Frauen, die zum Teil jahrzehntelang alleine gelebt haben, mit der plötzlichen Nähe und sozialen Kontrolle einer Frauengemeinschaft zurecht? Kann das Leben unter Frauen eine Familie ersetzen? (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 19.03.2015WDR
  • Folge 6 (45 Min.)
    „Immer, wenn ich mir die Haare wasche, stelle ich mir vor, wie ich jede einzelne Sorge in Schaumbläschen rein packe und aus dem Kopf raus wasche in den Abfluss rein.“ Diese Strategie hilft Clarissa schon seit ihrer Kindheit. Denn ihre Mutter hatte Krebs und der Tod schwebte jahrelang wie ein Damoklesschwert über ihr. Als die Mutter starb, war Clarissa vierzehn. Inzwischen hat die junge Frau aus Ingolstadt selbst einen lebensbedrohlichen Tumor überstanden: Mit solchen „inneren Bildern“ und ihrem unerschütterlichen Glauben an eine Zukunft.
    Was unterscheidet Clarissa von den vielen Menschen, die sich von Schicksalsschlägen nicht so schnell erholen können? Die sich von der Angst unterkriegen lassen? Es ist die Resilienz, eine seelische Widerstandskraft, die uns Menschen hilft, nach einem Unglück, einem Verlust oder einer schweren Krankheit rasch wieder aufzustehen und an dieser Erfahrung vielleicht sogar zu wachsen. Was resiliente Menschen offenbar eint, ist ein grundfröhliches Temperament von frühester Kindheit an. Das hat nicht jeder. Die gute Nachricht: Widerstandskraft kann man trainieren. Pascale hat nicht so Glück wie Clarissa. Die Französin aus Lauf bei Nürnberg hat zwar in den vergangenen Jahren mehrere schwere Erkrankungen überstanden, doch nun hat sie Angst. „Angst, dass der Krebs wieder kommt, Angst der Krankheit ausgeliefert zu sein, Angst zu leiden.
    “ Ständig malt sie sich aus, was noch Schreckliches passieren kann, und diese Angst lähmt sie und droht, ihr Leben zu bestimmen. Da wünscht sie sich mehr Widerstandskraft und Gelassenheit. Neue Erkenntnisse über diese außerordentliche seelische Kraft und Zähigkeit des Menschen erhofft sich das Deutsche Resilienzzentrum an der Universität Mainz durch Forschung am Gehirn: Studenten werden mit Bildsymbolen und kleinen Stromschlägen einem Stresstest ausgesetzt. Am resilientesten gilt, wer am ehesten lernt, welche Bilder tatsächlich mit einem Schmerzreiz verkoppelt sind und wie man diese Konditionierung wieder auflöst. Solche Menschen, davon geht man aus, geraten nach einem schlimmen Ereignis nicht in einen traumatischen Dauerzustand, sondern sie richten sich bald wieder auf – eben wie Stehauf-Menschen. So eine ist Iris aus Düsseldorf.
    Sie sagt von sich selbst, dass sie so schnell nichts mehr umhaut. Und wenn doch, dann hat sie die Fähigkeit, sich rasch wieder aufzurappeln, wie nach dem Burnout vor zehn Jahren. Erste heftige Krisen hat sie in frühester Kindheit erlebt, als ihre Mutter den gewalttätigen Vater verlassen hat und die vierjährige Iris ein paar Tage bei ihm bleiben musste, ohne zu wissen, ob sie je ihre Mutter wiedersehen würde. Zum Glück gab es Mutterersatz: die Oma. Auf sie konnte sich Iris immer verlassen. Nun lässt sich die krisenerprobte Frau selbst zur Resilienztrainerin ausbilden, weil sie gelernt hat, gestärkt aus Krisen heraus zu kommen. Sie hat wirksame Strategien entwickelt, mit Schicksalsschlägen umzugehen. Das will sie weiter geben.
    „Menschen hautnah“ zeigt am Beispiel dieser drei Frauen, wie unterschiedlich stark uns die Fähigkeit zur Resilienz in die Wiege gelegt wird, aber wie lohnenswert es sein kann, daran zu arbeiten. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 26.03.2015WDR
  • Folge 7 (45 Min.)
    Schon sieben Jahre pflegt Jeannette ihren schwer kranken Mann, als sie sich mit Anfang 30 neu verliebt. Für Jeannette, die bereits als Kind im Heim gelernt hat, was Verantwortung und Liebe füreinander bedeutet, ist klar, ihren Mann lässt sie nicht im Stich. Dann macht ihr Freund einen ungewöhnlichen Vorschlag: ein Leben zu dritt. „Du fehlst mir jetzt schon.“ Diese Worte berühren Jeannette im Innersten. Mehr als sieben Jahre pflegt die knapp 30-Jährige ihren Mann, als sie sich während einer Reha in einen anderen verliebt. Mit 19 Jahren heiratet Jeannette ihre große Liebe Jürgen. Nach drei Jahren Ehe erkrankt er schwer an Borreliose und FSME. Ihren Mann in ein Pflegeheim abzuschieben, kommt für Jeanette nicht infrage. Sie weiß, wie sich verlassen sein anfühlt.
    Sie selbst war mit vier Jahren in ein Kinderheim gekommen und erfährt erst durch die Liebe und Fürsorge ihrer Erzieherin, was Familie ist, und wie sich „Heimat“ anfühlt. Der Vorschlag ihres neuen Freundes, eine Lebensgemeinschaft zu dritt zu führen, braucht bei allen Bedenkzeit. Doch dann wagen sie das Experiment. Jeannette zieht gemeinsam mit ihrem Ehemann Jürgen zu ihrem Partner nach Mecklenburg-Vorpommern. Es ist Jürgen, der schließlich vorschlägt, dass die beiden doch Kinder haben sollten. Heute ist für die zweijährige Vreni und den vierjährigen Theo das Leben mit Mama, Papa und Jürgen ganz normal. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 02.04.2015WDR
  • Folge 8 (45 Min.)
    Händeringend suchen Kindergärten und Kitas nach ErzieherInnen. Warum also nicht aus der Not eine Tugend machen? Ministerin Ursula von der Leyen schlug vor drei Jahren vor, Arbeitslose zu ErzieherInnen umzuschulen und in die Kindergärten zu stecken. Hörte sich an, als sei das ein Kinderspiel, aber ist jeder Arbeitslose als Erzieher geeignet? Claudia hat schon fast alles probiert in ihrem Leben: Sie war Altenpflegerin, Dekorateurin, Aerobic- und Balletttrainerin, Eventmanagerin, Filialleiterin und Ergänzungskraft im Kindergarten. Dann war sie arbeitslos. Die 45-Jährige aus Herne hat aber Glück und darf an einer Umschulung zur Erzieherin teilnehmen. Doch an die staatlichen Schulen dürfen die Arbeitslosen nicht. In 19 Monaten soll sie an einer privaten Schule lernen, wofür reguläre Schüler an staatlichen Schulen 24 Monate Zeit haben.
    Die Durchfallquoten an den privaten Schulen sind hoch, dreiviertel der Schüler fallen durch. Claudia hat Angst, glaubt aber, dass sie es schaffen kann. Erzieherin war schon immer ihr Traumberuf. Sie hat aber ein großes Problem: Prüfungsangst. Claudia nimmt sich deshalb einen Coach. Der rät ihr, bei der Prüfung ihre riesigen Tattoos abzudecken, denn Claudia sieht nicht so aus, wie man sich gemeinhin eine Erzieherin vorstellt. Sie ist privat in der Technoszene unterwegs, tätowiert und gepierct. Soldat im Kindergarten? Früher Afghanistan, heute „Reise nach Jerusalem“. So hat sich das Leben von Assad E. verändert. Der ehemalige Soldat will Erzieher werden. 12 Jahre lang hat er gedient, aber einen unbefristeten Vertrag als Berufssoldat hat er nicht bekommen. Er stand vor der Arbeitslosigkeit.
    Nun zahlt ihm die Bundeswehr eine Umschulung zum Erzieher in Köln. Vor seinem ersten Praktikum sagt er: „ Also da habe ich mindestens genauso Bammel davor wie damals vor meinem ersten Einsatz in Afghanistan.“ Kann ein ehemaliger Soldat überhaupt mit Kindern umgehen oder müssen die Kinder bei ihm stramm stehen? Assad glaubt, der Rollenwechsel sei kein Problem. Nur seine Freunde finden Assads Berufswunsch etwas seltsam. Panik vor der Prüfung Andre ist der Typ „netter Teddybär“. Das finden auch die Kinder und kuscheln sich gern an den 43-Jährigen. Sein Sozialpädagogikstudium hat er für einen Job im Warenlager eines Modekonzerns hingeschmissen. Doch nach 15 Jahren sieht er dort für sich keine Perspektive mehr und kündigt.
    Jetzt plagen ihn finanzielle Sorgen, denn seine Frau verdient als Altenpflegerin nicht genug, um die Familie zu ernähren und das Geld von der Arbeitsagentur reicht auch nicht. Trotzdem will er die Umschulung auf sich nehmen. Auf die Frage, was passiert, wenn er durchfällt, sagt Andre: „Das darf nicht mal gedacht werden!“ Vor seinen Prüfungen bekommt er plötzlich Panik, taucht ab und ist wochenlang nicht mehr erreichbar. Was ist passiert? „Menschen hautnah“ begleitet die drei Arbeitslosen zwei Jahre lang auf ihrem Weg zum Erzieher und zeigt, wer es am Ende in den Kindergarten schafft. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 16.04.2015WDR
  • Folge 9
    Manchmal sind es Freunde, Bekannte oder Nachbarn – manchmal sind es Fremde, die sich vermeintlich um einen hilflosen Menschen kümmern und sich dann selbst bereichern. Die 56-jährige Gertraud wirft ihrer Studienfreundin und einem ehemaligen Kollegen vor, sich ihr Erbe erschlichen zu haben. 2011 kehrte Gertraud mit Atemnot aus einem Marokko-Urlaub zurück, fällt ins Koma und erblindet. Ihr Ehemann verlässt sie zur selben Zeit, da er mit seiner Geliebten ein Kind erwartet. Er bringt sie in einem Pflegeheim unter. Als die Wirtschaftsjuristin wieder bei klarem Verstand ist, entzieht sie ihrem Mann die Vorsorgevollmacht und schlägt die Studienfreundin und den ehemaligen Kollegen als Betreuer vor. Das Gericht benennt diese als gesetzliche Betreuer. Nach einem Jahr wird Gertraud vom Pflegeheim in ein Blindenheim verlegt.
    Gertraud fühlt sich dort von der Außenwelt isoliert. Sie erhält nicht einmal Post. Ehemann und Schwiegermutter bekommen sogar Besuchsverbot. Gertraud möchte unbedingt aus dem Heim raus. Sie sagt, ihre Betreuer hätten diese Bitte ignoriert und sich kaum um sie gekümmert. Die Betreuer überzeugen Gertraud schließlich, das Testament zu ihren Gunsten zu ändern. Zudem wird die Betreuung ohne ihr Wissen noch einmal um sieben Jahre verlängert. Gertraud fühlt sich machtlos, doch dann kehrt ihr Ehemann zu seiner Frau zurück. Nun kämpft Robert an Gertrauds Seite um ihr Recht. Die eigene Tochter enterbt Die Künstlerin Lotte, ihr Ehemann Jochen und die drei Kinder fühlen sich nicht nur um ihr materielles Erbe betrogen, sondern auch um Erinnerungen wie Fotos, Stammbücher, Andenken.
    Nach dem Tod von Lottes Vater kümmert sich plötzlich ein befreundetes Ehepaar ihrer Eltern um Lottes Mutter. Lotte hat zu diesem Zeitpunkt ein schwieriges Verhältnis zur Mutter und ist zunächst dankbar für die Hilfe. Laut Lotte werden im Laufe der Zeit weder sie, noch ihr Ehemann oder ihre Pflegeschwester Ines zur Mutter vorgelassen. Die Schlösser des Elternhauses sollen mehrfach ausgetauscht worden sein und Lotte bekommt einen Brief, in dem steht, dass ihre Mutter sie nicht mehr sehen möchte. Ohne Lottes Wissen erhält das Ehepaar später eine Generalvollmacht, das Testament wird zu ihrem Nachteil geändert und Lottes Elternhaus auf das Ehepaar überschrieben. Lotte kann es nicht fassen. Vieles erfährt sie erst nach dem Tod ihrer Mutter.
    Mit Hilfe ihres Rechtsanwaltes ficht Lotte das Testament juristisch an, ein langer Gerichtsprozess steht ihr bevor. „Menschen hautnah“ Autorin Katharina Wulff-Bräutigam zeigt, wie Betreuer zu Feinden werden können, wenn es ums Erbe geht. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 23.04.2015WDR
  • Folge 10
    An einem Januartag 2012 geschieht in der Eifel in einer Autowerkstatt ein Mord: zwei Schüsse, eine Leiche, aber bitte keine Polizei. Stattdessen helfen bis dahin unbescholtene Dorfbewohner dem Täter, die Sache zu vertuschen. Mehr als zwei Wochen lang. Leiche im Keller verstecken, Tatort reinigen, Waffe verschwinden lassen, Leiche auf Anhänger wuchten und im Dorf abstellen – und dann ab auf die Mülldeponie. Erst als ein Bein des Toten aus dem Müllberg ragt, fliegt alles auf. Wie ist das möglich? „Also, man hilft sich hier, Steine schleppen, Gartenarbeit und so“, meint die Schwester des Täters, „aber damit ist doch nicht gemeint, eine Leiche auf den Hänger zu packen.“ Sie kam gerade aus dem Urlaub, als ihr Bruder festgenommen wurde. Sie ahnte nicht, dass er seinen besten Freund umgebracht hatte, einen vorbestraften Schrotthändler.
    „Warum lässt er sich auf so einen Menschen ein?“, fragt sich die Schwester. Und welche Rolle spielt der Vater, der auch am Tatort gewesen sein musste? Seitdem versucht sie, mit ihm darüber zu reden – er bleibt wortkarg. Die Autowerkstatt leitet die Schwester weiter, allerdings kommen viel weniger Kunden als vorher. Dafür gibt es Drohungen und Rachegelüste vom Familienclan des Opfers. Dieser Mord und seine Vertuschung haben vieles in dem kleinen, idyllischen Eifeldorf verändert. Die Mitwisser bekamen zum Teil Bewährungsstrafen und sind weggezogen. Der Täter sitzt lebenslänglich in Haft und hadert damit, sein Leben, die Nachbarn, die Familie in der Eifel verloren zu haben – und seinen Freund, den er umgebracht hat und an dem er doch sehr hing.
    Wie brachte er so viele Menschen dazu, ein Kapitalverbrechen zu verschleiern? „Ich habe nur eine Frage gestellt, und mir wurde geholfen“, erzählt er im Gefängnis. „Ich habe meinem Mann geholfen, weil ich Angst hatte“, schildert die Ehefrau, die den Tatort sauber machte. Fast zwei Jahre lang haben die WDR-Autoren immer wieder die Bewohner in ihrem Eifeldorf besucht und mit der Zeit ihr Vertrauen erworben. Sie haben genau zugehört, wie sie ihre Fragen nach der Tat und ihrer Vertuschung beantworten: die Nachbarn, die Ehefrau, der Freund aus der Werkstatt und auch der Vater, einer Schlüsselfigur für diese Mordsgeschichte. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 30.04.2015WDR
  • Folge 11
    Vor drei Jahren hat sich Simone von ihrem Mann Matthias getrennt. Sie wollte frei sein für Michael, einen Arbeitskollegen, in den sie sich sehr verliebt hat. Ihre Kinder Marta, 9, und Joris, 11, leben seither eine Woche bei ihr und ihrem neuen Partner, die nächste Woche bei ihrem Vater, Simones Ex. Aber die Patchwork-Beziehung funktioniert nicht gut, ein richtiges Familiengefühl empfindet Simone an keinem Ort mehr, sie ist todunglücklich. „Das Gefühl, das wir damals hatten, um aus unserem Leben auszubrechen, um gemeinsam zusammenzukommen, ist jetzt im Alltag sehr untergegangen. Ich glaube, wir haben zwar mit Problemen gerechnet. Aber wir kannten die ja vorher nicht. Freunde sagen dann zum Beispiel, „das hättet ihr doch vorher wissen müssen …“ Auch Michael hat seine Familie verlassen.
    Seine Tochter hat ihm das nicht verziehen und den Kontakt nahezu angebrochen. „Man weiß dass es schwierig wird, aber man weiß absolut nicht, wie es sich anfühlt. Das kommt erst hinterher. Und zwar knüppeldick, teilweise.“ Für Simones Exmann Matthias ist nach der Trennung eine Welt zusammengebrochen: „Sowohl partnerschaftlich – als auch familiär gesehen. Für mich ist halt Familie alles. Da gehört der Partner genauso dazu wie die Kinder. Und das fehlte mir dann plötzlich sehr stark. Und es fehlt mir nach wie vor.“ Immer mehr zieht sich Simone von Michael zurück, die Beziehung zu ihrem Ex-Mann Matthias wird dagegen wieder enger. Sie fühlt sich zerrissen, sitzt zwischen allen Stühlen und sehnt sich nach der Klarheit und Sicherheit ihrer alten Familiensituation.
    Als die Trennung von Michael unvermeidbar scheint, überlegt Simone sogar, ganz zurück zu ihrer Familie zu gehen. Doch da beginnt Michael um Simone zu kämpfen: Er will die Beziehung trotz aller Schwierigkeiten noch nicht aufgeben. Wie wird Simone sich entscheiden? (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 07.05.2015WDR
  • Folge 12
    Als Kriminalkommissar Carlos Benede zum ersten Mal Vater wird, ist er alleinstehend und sein Kind 11 Jahre alt. Alex ist Carlos Adoptivsohn. Der Junge hat mehr erlebt, als in einer Kinderseele Platz hat: Seine Mutter ist von seinem Vater erstochen worden, der Sohn hat sie kurze Zeit später auf dem Küchenboden gefunden. Er ist ein typischer „Übriggebliebener“, wie Benede sagt. Carlos Benede hat beruflich mit dem Fall zu tun, weil er damals als Kommissar beim Opferschutzdezernat arbeitet. Nach dem Mord kommt Alex zunächst zu Verwandten und dann in eine Pflegefamilie. Der Kontakt zu Carlos Benede bleibt jedoch bestehen. Als Alex plötzlich aus der Pflegefamilie heraus muss, bittet der Junge den Kommissar, sein Vater zu werden. Carlos Benede adoptiert ihn.
    Jahre später sagt Carlos Benede ein zweites Mal „ja“ zu einem Kind: Polizisten bringen ihm einen vierjährigen Jungen, dessen Mutter auf offener Straße getötet wurde, auch diesmal vom eigenen Vater. Benede, voll berufstätig und Single, ist nun Vater von zwei Söhnen. „Solche Kinder brauchen dringend ein sicheres Zuhause“, weiß der Kommissar aus Erfahrung. Doch immer wieder erlebt er, dass sie das nicht bekommen. Da er nicht allen Kindern bei sich ein Zuhause geben kann, gründet er 2012 eine Jugendhilfeeinrichtung für gestrandete Jungs. Die etwa 20 Jugendlichen, die inzwischen im „Weitblick“ leben, sehen in ihrem Heimleiter Carlos einen „Vater“. Benede hat einen besonderen Draht zu ihnen. Der Kommissar weiß, wovon er spricht. Er ist selbst in einem Heim aufgewachsen.
    Seine Mutter, eine spanische Gastarbeiterin, hatte ihn als Baby bei den Franziskanerinnen abgegeben, seinen Vater kennt er nicht. Die Nonnen von damals, aus seinem Kinderheim, hält er für Heldinnen. Von ihnen habe er „Hingabe“, „Bedingungslosigkeit“ und „Zuversicht“ gelernt. Von Freunden hört Carlos Benede seit Jahren denselben Rat: „Du musst mal mehr auf Dich schauen und nicht immer nur auf die Anderen“. Doch damit kann Benede bis heute nichts anfangen. Menschen hautnah Autorin Beate Greindl („Sektenkinder“) zeigt in ihrem Film, was den ungewöhnlichen Kommissar bewegt und motiviert. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 11.06.2015WDR
    • Alternativtitel: Versicherungsvertreter 2 - Mehmet Göker macht weiter
    Folge 13 (45 Min.)
    „Wollen wir Geld verdienen oder wollen wir Geld verdienen?!“ schreit Mehmet Göker (36) auf dem Balkon eines flachen Bürogebäudes heiser in sein Handy. Unten schnüffeln streunende Hunde durch den heißen Staub. Ein paar Meter weiter, in einem ehemaligen Steinbruch, werden zum Opferfest Hammel geschlachtet. Derweil tut Mehmet Göker unter südlicher Sonne an der türkischen Ägäisküste das, was er am besten kann: Über deutsche Makler verkauft er private Krankenversicherungen von deutschen Versicherungskonzernen. Obwohl er ihnen Millionen schuldet. Und obwohl er seit September 2012 mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Göker macht weiter – er ist ein beständiger Mann. Gökers MEG-AG in Kassel war einmal der zweitgrößte Vermittler privater Krankenversicherungen in Deutschland und hatte rund 1.000 Mitarbeiter.
    Die Versicherungskonzerne wie AXA und Alte Leipziger/​Hallesche zahlten gewaltige Provisionen. Bis zu 8.000 € für einen Neuabschluss. Und noch gewaltigere Vorschüsse auf noch nicht abgeschlossene Geschäfte. 2009 ging die MEG AG Pleite, die Staatsanwaltschaft ermittelte und erhob schließlich Anklage. Im Jahr darauf „verlegte“ Göker seinen Lebensmittelpunkt in die Türkei. Er, der einmal den größten Finanzkonzern der Welt schaffen wollte, kann heute nur noch nach Burkina Faso und Nordkorea reisen. Diese Länder haben, wie die Türkei, kein Auslieferungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. Seine Mitarbeiter findet Göker über Facebook. Er lockt mit großen Versprechen von Luxus und Reichtum ans Mittelmeer, heizt ein, beschimpft und lässt sich feiern. Die Fluktuation ist hoch.
    Göker nennt die neue Firma liebevoll seine „23-Mann-Klitsche“. Derweil sitzen ihm Staatsanwalt und Insolvenzverwalter im Nacken. Und die großen Versicherungskonzerne in Deutschland beteuern, nie wieder mit ihm Geschäfte machen zu wollen. Doch Göker ist sicher: Das Geschäft mit Versicherungen wird ihm auch künftig das Einkommen sichern. Denn die Konzerne bräuchten Verkäufer wie ihn. Er könnte Recht behalten. Der Dokumentarfilm-Autor Klaus Stern hat Mehmet Göker bereits im Jahr 2012 in einem vielfach prämierten Film ( Helmut Schmidt-Journalistenpreis, Nominierung Deutscher Fernsehpreis, Nominierung Grimme-Preis, Ernst-Schneider-Preis der Deutschen Wirtschaft) portraitiert.
    Für seinen neuen Film „Versicherungsvertreter 2 – Die neuen Geschäfte des Mehmet Göker“ hat Stern den einstigen Shooting-Star der Versicherungswirtschaft über 18 Monate begleitet und liefert ein weiteres Mal intime Einblicke in die Welt der Versicherungsverkäufer. Und in das einzigartige System Göker. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 25.06.2015WDR
  • Folge 14
    Marion ist 19 Jahre alt, als sie ihren Freund kennenlernt. Es ist bei beiden die erste große Liebe. Obwohl Markus zwei Jahre jünger ist, steht das Machtgefüge innerhalb der Beziehung schnell fest. Der Mann hat das Sagen, Marion ordnet sich unter. Die beiden bekommen zwei Söhne, Wunschkinder. Nach der Geburt des zweiten Sohnes fängt Markus an, sich zu verändern. Er geht viel und lange aus, betrinkt sich mit Kumpels. Marion streitet häufig mit ihrem Freund, es kommt zu Handgreiflichkeiten. Trotzdem kämpft Marion um ihre Beziehung, weil sie am Traum einer Familie festhält. Schließlich eskaliert die Situation und die junge Mutter zieht den Schlussstrich. Als eine Wohnung in dem Mietshaus, in dem ihre Eltern leben, frei wird, verlässt sie ihren Lebensgefährten. Die Kinder nimmt sie mit. Marions Ex-Freund akzeptiert die Trennung nicht.
    Immer wieder beschimpft, bedroht, und belästigt er die kleine Familie. Die Kinder können nicht mehr schlafen und sind verstört. Marion erwirkt eine einstweilige Verfügung. Markus darf sich ihr und den Kindern nicht mehr nähern. Das Mietshaus, in dem Marion jetzt lebt, zeigt eindeutige Spuren seiner Aktionen, an der Hausfassade kleben Eier, Schieferplatten sind zerstört und der Vermieter droht mit Kündigung. Die Kinder hängen sehr an ihrem Vater, gleichzeitig haben sie Angst. Sie wollen ihre Mutter beschützen und verstehen nicht, warum ihr Vater, der sich früher liebevoll um sie gekümmert hatte, plötzlich zum Feind der Mutter geworden ist. Erst als ein Gericht Markus zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt, scheint Ruhe einzukehren. Marion versucht, das Geschehene aufzuarbeiten.
    Die Kinder dürfen ihren Vater nun wieder sehen, alle drei Wochen, in Begleitung einer Aufsichtsperson des Familiengerichts. Doch der Schein trügt. Ihr Ex-Freund lässt einige Umgangsrechtstermine platzen und bricht die Regeln. Die Polizei muss wieder kommen, der Terror beginnt von neuem. Menschen hautnah hat die Familie fast ein Jahr lang begleitet und miterlebt, wie sehr Angst, Bedrohung und Unsicherheit das Familienleben beherrschen. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 02.07.2015WDR
  • Folge 15
    Juni 2012. Zwei Tage nach ihrem 50. Geburtstag fällt Jeanette K. plötzlich in Ohnmacht. Als sie im Krankenhaus erwacht, ist nichts mehr wie zuvor. Sie hat alles vergessen, was bisher in ihrem Leben geschehen ist. Alles gelöscht. Selbst ihr Sohn ist für sie ein Fremder: „Ich weiß noch, der kam zur Tür herein und ich habe nur gedacht, ach, das ist aber ein netter junger Mann, ich dachte das ist ein Pfleger oder irgendwie. Ich habe den gar nicht erkannt.“ Ihren eigenen Namen erfährt sie von den Ärzten. Bald steht die Diagnose fest: Amnesie. Eine rastlose Suche nach der Vergangenheit beginnt. Bekannte, Freunde, Familie – alle Menschen, die um sie sind, muss sie neu kennenlernen. Nicht nur ihr autobiografisches Gedächtnis spielt ihr einen bösen Streich. Sie hat auch viele Fakten vergessen.
    Weiß nichts von der DDR, in der sie fast dreißig Jahre lebte. Ihre Englischkenntnisse sind nur noch bruchstückhaft. Für ihren Beruf als Klinikreferentin fehlt ihr jegliches Wissen. Doch das Leben geht weiter. Sie muss den Alltag bewältigen. Ihr Arbeitgeber kündigt, die Krankengeldzahlung endet. Sie landet in Hartz IV und ist auf Lebensmittelspenden von der Berliner Tafel angewiesen. Ein Kampf auf allen Ebenen. Ihre Freundin Katharina beschreibt die erster Begegnung mit Jeanette so: „Es hat mich entsetzt. Ich habe sofort geweint. Es ist mir so nahe gegangen. Ich hatte das Gefühl, sie hat ja so massive Probleme jetzt: Keine Freunde mehr, keine Familie, keine Vergangenheit, keine Arbeit, kein Geld, kein Zuhause. Das ist ja das volle Paket, das kann man ja gar nicht aushalten. …“ Jeanette K. fehlt die Erinnerung und damit ihre Identität.
    Aber liegt in dem Fluch der Amnesie vielleicht auch ein Segen, in der Krise eine Chance? Ganz frei von Erinnerungen das neue Leben gestalten und das tun, was man wirklich möchte? Der Film begleitet Jeanette K. auf der Suche nach sich selbst. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 09.07.2015WDR

weiter

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Menschen hautnah online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…