2015/2016, Folge 460–478

  • Folge 460
    Deutschland und Europa erleben einen Ansturm von Flüchtlingen. Fast täglich werden neue Rekordzahlen gemeldet. Bis Jahresende werden von Experten weit über 500 000 Asylbewerber erwartet. Politik und Gesellschaft scheinen überfordert. Die Debatte spitzt sich weiter zu. Eine lautstarke Minderheit macht Front gegen die Flüchtlinge, auch mit Gewalt. Ist die Aufnahme von Flüchtlingen nicht nur humanitäre Pflicht, sondern schlicht und einfach geboten, weil wir dringend viele Arbeitskräfte brauchen?
    Gäste: Anja Reschke (ARD-Moderatorin), Til Schweiger (Produzent /​ Schauspieler), Andreas Scheuer (CSU-Generalsekretär), Heribert Prantl (Journalist), Roland Tichy (Wirtschaftsjournalist), Kazim Mohammadi (Asylbewerber und Altenpflegehelfer), Sabine Domhan (Leiterin Alten- und Pflegeheim)
    Anja Reschke
    Ihr jüngster „Tagesthemen“-Kommentar zu der Hetze gegen Flüchtlinge sorgte für Aufsehen. Die NDR-Journalistin („Panorama“), die einen „Aufstand der Anständigen“ forderte, erhielt danach große Zustimmung, aber auch offene Anfeindungen und unflätige Beschimpfungen. Anja Reschke kritisiert die Untätigkeit der Politik: „Wenn Leute vor dem Flüchtlingsheim in Freital ‚Weg mit dem Dreck‘ schreien, dann erwarte ich schon, dass dort auch mal die Kanzlerin hinfährt und ‚Finito‘ sagt.“
    Til Schweiger
    „Ihr seid zum Kotzen! Wirklich! Verpisst Euch von meiner Seite, empathieloses Pack! Mir wird schlecht!“ So heftig reagierte der Schauspieler und Filmproduzent auf fremdenfeindliche Kommentare, nachdem er einen Spendenaufruf für Flüchtlinge auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte. Mit seiner Ankündigung, gemeinsam mit Freunden ein „Vorzeige-Flüchtlingsheim“ im Harz zu bauen, überraschte Til Schweiger jetzt die Öffentlichkeit.
    Andreas Scheuer
    „Wir können nicht die ganze Welt retten“, sagt der CSU-Politiker und beklagt, dass der Druck durch Flüchtlinge kaum noch auszuhalten sei. In seinem Wahlkreis in Passau kämen täglich 200 bis 300 Asylbewerber an, was deutlich über die Belastungsgrenze gehe, sagt Andreas Scheurer. Um die Zahl der Flüchtlinge zu verringern, fordert er ein rigoroses Abschieben von Wirtschaftsflüchtlingen aus den Balkanstaaten: „Wer abgelehnt ist, muss ausreisen oder wird abgeschoben!“ Wer das in Frage stelle, gefährde den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
    Heribert Prantl
    „Die Flüchtlinge fliehen, weil sie nicht krepieren wollen; sie werden behandelt wie Einbrecher. Europa schützt seine Grenzen, aber nicht die Flüchtlinge“, sagt der „Innenpolitik“-Ressortchef der Süddeutschen Zeitung. Heribert Prantl fordert ein radikales Umdenken in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik und kritisiert scharf Abschottungs- und Abschreckungsversuche, wie sie etwa der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán betreibe, der einen hohen Zaun an der Grenze zu Serbien hochziehen ließ: „Es ist Zeit dafür, im Einwanderer nicht den Störer, sondern den neuen Staatsbürger zu sehen“, so der Journalist.
    Roland Tichy
    „Wir müssen unterscheiden zwischen echten Flüchtlingen und Wirtschafts-Einwanderern“, fordert der langjährige Chefredakteur (u.a. „Wirtschaftswoche“). Die Frage sei erlaubt: „Können wir die Leute, die zu uns wollen, auch wirklich brauchen? Wollen sie sich integrieren?“ Für Roland Tichy steht fest: „Wir müssen den Flüchtlingen helfen – die Wirtschafts-Einwanderer müssen uns helfen. Wer hier arbeiten will, muss sein Können nachweisen, und das schon vor Abreise und ohne Schlepper.“
    Kazim Mohammadi und Sabine Domhan
    Als Jugendlicher floh der Afghane aus seiner Heimat. Vor sechs Jahren kam Kazim Mohammadi nach Deutschland und landete in Schwäbisch Gmünd. Dort hat er Deutsch gelernt, einen Hauptschulabschluss gemacht und mit Hilfe von Sabine Domhan eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer gemacht. Für die Leiterin des Alten- und Pflegeheims ist der 23-Jährige unersetzlich geworden. „Es ist wichtig für uns, dass wir Pflegekräfte haben und Kazim ist mit Herzblut dabei. Die Bewohner mögen ihn sehr. Deswegen hat er von mir einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen.“ Doch Kazim droht die Abschiebung. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.08.2015Das Erste
  • Folge 461
    Der „Islamische Staat“ terrorisiert weiter die arabische Welt, erklärte der Türkei und dem „Teufel Erdogan“ jetzt den Krieg. In Syrien tobt seit Jahren ein brutaler Bürgerkrieg. Millionen Menschen sind auf der Flucht, viele wollen nach Europa. Die Kurden – aufgerieben zwischen IS und Türkei – wehren sich mit Waffen und Anschlägen. Droht auf Jahrzehnte die Selbstvernichtung einer ganzen Region, in der die Staaten zerfallen? Sandra Maischberger diskutiert nach einem „Weltspiegel extra“ mit ihren Gästen. Für den 15-minütigen „Weltspiegel extra: Terror, Krieg und der Traum vom Kurdenstaat“ legte ARD-Korrespondent Volker Schwenk zusammen mit seinem Team über 1000 Kilometer in den kurdischen Gebieten zurück. Er traf den operativen Führer der kurdischen Untergrundorganisation PKK. Er begleitete Kämpfer an die Front nach Sindschar, das immer noch zum großen Teil von der Terrormiliz IS gehalten wird. Und er besuchte das befreite Kobane. Die Gäste bei „Menschen bei Maischberger“ sind:
    Ulrich Kienzle (Journalist und ehem. ARD-Korrespondent), Jürgen Todenhöfer (Bestsellerautor), Düzen Tekkal (Fernsehjournalistin), Remzi Aru, Union Europäisch Türkische Demokraten (Unternehmer)
    Ulrich Kienzle
    Dem türkischen Staatspräsidenten gehe es um den Machterhalt, so die Einschätzung des früheren ARD-Korrespondenten für die arabische Welt. „Seine Vereinbarung mit den USA, einen Krieg gegen den Terrorismus zu führen, hat Erdogan in erster Linie dazu ausgenutzt, gegen die PKK vorzugehen.“ Mit diesen Bombardierungen hoffe er, Unsicherheit zu schüren. Seine düstere Prognose für den Mittleren Osten: „Die Region wird unruhig bleiben, es wird weiter Gewalt und es wird weiter Krieg geben.“
    Jürgen Todenhöfer
    „Der ‚Islamische Staat‘ ist nicht mit Krieg zu besiegen“, sagt der Publizist, der mit seinen Reiseberichten aus Afghanistan, Syrien, aus dem Iran oder zuletzt aus dem „Islamischen Staat“ die Debatte über den Mittleren Osten prägt. Der IS beherrsche mittlerweile ein Gebiet, das größer sei als Großbritannien, und plane die „größte religiöse ‚Säuberungsaktion‘ der Geschichte“. Im nordirakischen Mossul etwa, einer der Hochburgen des IS, wo Jürgen Todenhöfer sich einige Tage aufhielt, seien tausende Jesiden vertrieben oder getötet worden, ebenso tausende Schiiten.
    Düzen Tekkal
    „Der Zustand meiner Religionsgemeinschaft hat mich zur Kriegsreporterin gemacht“, sagt die Jesidin kurdischer Abstammung. Düzen Tekkal reiste mehrmals ins IS-Kriegsgebiet im Nordirak und Syrien. Dort sprach sie unter anderem mit Frauen, die von IS-Kämpfern verschleppt und vergewaltigt wurden. Mit Sorge beobachtet sie den eskalierenden Konflikt zwischen der Türkei und den Kurden. „Ausgerechnet der IS profitiert davon“, fürchtet die Filmemacherin.
    Remzi Aru
    „Mit Erdogan hat sich die Türkei sehr gut entwickelt. Das Land ist demokratisch und die Presse ist freier als in Deutschland. Die Türkei ist für viele Länder der arabischen Welt ein Vorbild“, meint der türkisch-deutsche Unternehmer, der im letzten Jahr den umstrittenen Wahlkampfauftritt Erdogans in Köln und Berlin organisierte. Der 47-Jährige ist sich sicher, dass „die AKP und Erdogan auf unbestimmte Zeit weiter die türkische Politik bestimmen werden“. Die jüngsten Angriffe gegen die kurdische PKK befürwortet der AKP-Wähler. „Das war zwingend notwendig. Man hat lange genug mit der Terrororganisation gesprochen. Die haben die Friedensgespräche beendet, indem sie Menschen umgebracht haben.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 25.08.2015Das Erste
  • Folge 462
    Gäste: Margot Käßmann (Theologin und ehem. Landesbischöfin), Julia Klöckner (CDU, stellv. Parteivorsitzende), Volker Beck (B’90/​Grüne, innenpolitischer Sprecher), Alexander Gauland (AfD, stellv. Vorstandssprecher), Detlef D! Soost (Tänzer und Choreograph), Olaf Sundermeyer (Rechtsextremismus-Experte)
    „Mir ist das egal, wenn sie mich Nazi nennen, aber ich will keine Ausländer hier“ oder „Politiker sind Volksverräter“. Die Stimmung in der Flüchtlingsdebatte ist längst eskaliert, Krawalle vor Flüchtlingsunterkünften sind inzwischen Alltag. Ist der rechte Mob nur eine lautstarke, aber kleine Minderheit? Oder vergiftet Fremdenhass unser ganzes Land? Und muss sich jeder, der vor den Problemen eines wachsenden Flüchtlingsstroms warnt, dem Vorwurf aussetzen, ein Rechtsradikaler zu sein?
    Margot Käßmann
    „Manchmal schäme ich mich in diesen Tagen für unseren Kontinent, der nur noch eine Bedrohung seines Wohlstandes sieht und nicht die Flüchtlinge, die Beistand brauchen“, sagt die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende. Margot Käßmann wünscht sich, „dass jede einzelne Person, die grölend vor Flüchtlingsheimen steht und Menschen Angst macht, mindestens eine Stunde zuhören muss, woher die Menschen kommen und was sie erlebt haben. Das würde sie wohl dazu bringen, sich zu fragen, was sie da denn tun.“ Es könne nicht sein, dass es nur eine Globalisierung für das Kapital und keine für die Menschen gebe, so die Theologin.
    Julia Klöckner
    Die stellvertretende CDU-Vorsitzende verurteilt fremdenfeindliche Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime in Sachsen. „Wenn Menschen, die Tod und Elend entkommen sind, an unsere Tür klopfen, dürfen wir denen nicht mit fremdenfeindlicher Ablehnung begegnen.“ Allerdings müsse den Menschen aus Balkanstaaten auch deutlich gemacht werden, „dass es sich nicht lohnt, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen“, sagt die Merkel-Vertraute.
    Volker Beck
    Der Grünen-Politiker fordert von der Bundesregierung, mit Nachdruck gegen die neue Welle der Ausländerfeindlichkeit in Deutschland vorzugehen. „Volksverhetzung ist keine Meinungsfreiheit!“, schimpft der Innenpolitische Sprecher der Grünen. Man dürfe nicht mit Verständnisgesäusel reagieren, so der Bundestagsabgeordnete: „Die Gewalt des rassistischen Mobs kann man nur mit Polizei und klarer Positionierung eindämmen und bekämpfen.“
    Alexander Gauland
    Der AfD-Vize macht die „Altparteien“ mitverantwortlich für die Eskalation. Bürger würden in Entscheidungen nicht einbezogen werden. „Man kann Fremdenfeindlichkeit nicht dadurch reduzieren, dass man die Menschen zu etwas zwingt. Und wenn die Menschen sich gegen eine Willkommenskultur entscheiden, muss man das auch akzeptieren“, sagt Alexander Gauland, der als einer der wenigen deutschen Politiker den ungarischen Grenzzaun rechtfertigt, „um den Flüchtlingen zu verdeutlichen, dass ihr Asylgesuch in den meisten Fällen aussichtslos ist“.
    Detlef D! Soost
    „In den neuen Bundesländern gibt es mehr Verdruss und Frust. Viele fühlen sich vom Schicksal betrogen. Dann wird gegen vermeintlich Schwächere ausgeteilt, die noch weniger haben“, sagt der erfolgreiche Choreograph und Fitness-Coach, der als Sohn eines Arztes aus Ghana in der DDR aufwuchs. Hier erlebte Detlef D! Soost in seiner Jugend weniger rassistische Übergriffe als heute in den neuen Bundesländern. Als Grund vermutet der Unternehmer die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich: „Die vielen Flüchtlinge verunsichern diejenigen, die durch die Entwicklung der letzten 25 Jahre schon verunsichert sind, noch mehr.“
    Olaf Sundermeyer
    „Das fremdenfeindliche Feuer ist aus der Hitze, die Pegida, die AfD und rechtsextreme Gruppen über Monate verbreitet haben, entstanden. Davon fühlen sich die Täter anerkannt“, sagt der Journalist und Autor („Rechter Terror in Deutschland“). Seit zwölf Jahren setzt sich der 42-Jährige mit der rechten Szene auseinander und sieht deutliche Unterschiede zwischen Rechtsextremismus in Ost- und Westdeutschland. „Im Osten ist die NPD anschlussfähig an die Mitte der Gesellschaft, im Westen geht bei Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime niemand mit auf die Straße.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 01.09.2015Das Erste
  • Folge 463
    Gäste: Claudia Roth (B’90/​Grüne, Bundestags-Vizepräsidentin), Wolfgang Bosbach (CDU, Bundestagsabgeordneter), Rolf-Dieter Krause (ARD-Studioleiter Brüssel), Michel Friedman (Fernsehmoderator), Roger Köppel (Schweizer Journalist), Richard Sulík (Slowakischer Europa-Abgeordneter)
    „Das Problem ist nicht ein europäisches Problem, es ist ein deutsches Problem.“ Die Polemik des ungarischen Ministerpräsidenten Orbán zeigt: In der Flüchtlingsfrage ist Europa tief zerstritten. Während Deutschland in diesem Jahr bis zu 800.000 Flüchtlinge aufnehmen wird, verweigern sich andere EU-Staaten wie Polen, Ungarn, aber auch Großbritannien weitgehend dieser humanitären Aufgabe. Sind diese Länder egoistisch und unsolidarisch oder handeln sie nur pragmatisch? Ist die viel beschworene europäische Wertegemeinschaft nur ein leeres Bekenntnis? Droht Europa an der Flüchtlingsfrage zu zerbrechen?
    Claudia Roth
    „Wie Europa agiert, ist ein Wettlauf an Schäbigkeit. Es kann nicht sein, dass von 28 EU-Staaten nur sechs bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Dann stirbt der europäische Gedanke“, fürchtet die Grünen-Politikerin. Die Regierungen müssten endlich eine Antwort auf das Flüchtlingselend finden. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages zeigt sich entsetzt über die fehlende Hilfsbereitschaft mancher Staaten: „Der Bau eines Grenzzauns wie in Ungarn ist die Bankrotterklärung eines EU-Landes.“
    Wolfgang Bosbach
    „Deutschland nimmt über 40 Prozent aller Flüchtlinge auf, die nach Europa gelangen. Das sind fast so viele, wie die anderen 27 EU-Länder zusammen“, kritisiert der Unionspolitiker und Noch-Vorsitzende des Innenausschusses. Die Versorgung hunderttausender Flüchtlinge sei eine Herausforderung für die ganze EU und nicht nur für Deutschland. „Alle Länder der Europäischen Union – auch die großen Länder, die sich bislang geweigert haben – müssen mehr Flüchtlinge aufnehmen“, sagt Wolfgang Bosbach.
    Rolf-Dieter Krause
    Die Flüchtlingskrise sei „eine große Belastungsprobe für die EU“, sagt der langjährige Brüssel-Korrespondent der ARD. „Es zeigt sich, dass gemeinsame Vereinbarungen einfach nicht eingehalten werden – ähnlich wie in der Euro-Politik.“ Vereinbarungen würden von vielen Ländern „offenbar nur noch eingehalten, wenn es ihnen passt“. Das liege daran, so Rolf-Dieter Krause, dass viele Jahrzehnte die EU nur Wohltaten zu vergeben hatte: „Jetzt hat sie Lasten zu verteilen, und da sieht man, dass einige die Lasten nicht teilen wollen.“
    Michel Friedman
    „Europas Verhalten in der Flüchtlingskrise ist eine einzige Kapitulation“, sagt der Fernsehmoderator, der einen Rückfall Europas in alte nationalistische Verhaltensmuster befürchtet. „Eigentlich steht die EU für Menschenrechte und Solidarität, aber derzeit sehe ich weder das eine gegenüber Flüchtlingen noch das andere bei den Mitgliedsstaaten untereinander“, sagt Michel Friedman, der als Neunjähriger nach Deutschland kam, fast ohne ein Wort Deutsch zu sprechen – eine Erfahrung, die er mit vielen der jetzt ankommenden Flüchtlingen teilt.
    Roger Köppel
    „Die EU kapituliert vor der Völkerwanderung“, sagt der Herausgeber der Schweizer „Die Weltwoche“. Die „gesetzlich verankerte Unterscheidung zwischen echten Flüchtlingen nach der Genfer Konvention und illegalen Wirtschaftsmigranten“ löse sich auf. „Stillschweigend dehnen die Behörden den Asylbegriff auf alle Ankommenden aus. Die EU ist ein riesiger Magnet für illegale Migration geworden“, kritisiert Roger Köppel, der bei den kommenden Schweizer Nationalratswahlen als SVP-Kandidat antritt.
    Richard Sulík
    „Es gibt keine Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen“, sagte der liberale Politiker kürzlich dem „Deutschlandfunk“. Der slowakische Europa-Abgeordnete wirft der EU ein Versagen bei der Sicherung ihrer Grenzen vor und fordert ein zentrales Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika, in dem vor Ort über Asylanträge entschieden werden solle. Die Entscheidung der slowakischen Regierung, keine Muslime aufzunehmen, sei deren gutes Recht. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 08.09.2015Das Erste
  • Folge 464
    Gäste: Karl Dall (Entertainer), Gertrud Höhler (Autorin und Unternehmensberaterin), Leni Breymaier (SPD, Ver.di-Landeschefin), Heidi Steenbock (Rentnerin), Abraham Teuter (Zwangspensionierter Lehrer), Wolfgang Prosinger (Journalist)
    Die Rente mit 63 ist seit etwa einem Jahr in Kraft. Rund 300.000 Arbeitnehmer haben sie mittlerweile beantragt. Das sind weit mehr, als viele Experten erwartet haben. Doch was erwartet Rentner im „wohlverdienten Ruhestand“? Mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass ein Leben ohne Arbeit viele Menschen unglücklich macht. Die Rente könne auch der Gesundheit schaden, schrieb kürzlich die „Zeit“. Ist der anhaltende Trend, immer früher in Rente zu gehen, der falsche Weg?
    Karl Dall
    „Mir geht es gut. Ich muss nicht mehr, aber ich möchte arbeiten“, sagt der 74-Jährige, der nach fast 50 Jahren auf der Bühne jetzt mit seinem neuen Stück „Der alte Mann will noch mehr“ auf Tournee geht. Es war ein Schock für viele Fans, als der beliebte Komiker vor zwei Jahren in der Schweiz wegen Vergewaltigung verhaftet und vor Gericht gestellt wurde.
    Gertrud Höhler
    „Unsere Ruhestandsregeln sind eine Katastrophe.“ Die Unternehmensberaterin wirft der Regierung eine völlig fehlgeleitete Rentenpolitik vor. Statt der Rente mit 63 solle man das Potenzial an Erfahrungen nutzen. „In der Rente erleben die wenigsten Menschen ihre Erfüllung“, glaubt Gertrud Höhler. Auch in ihrem eigenen Umfeld erfahre sie, dass ältere Menschen immer weniger gefragt werden. „Jeder redet von Fachkräftemangel. Aber als Ingenieur mit 55 bekommt man trotzdem keinen Job.“
    Leni Breymaier
    „Es gibt ein Recht auf Faulheit“, stellt die Gewerkschafterin klar. Wer sein Leben lang gearbeitet habe, dürfe ohne schlechtes Gewissen in den Ruhestand gehen. Die ehemalige Verkäuferin warnt davor, das Rentenalter aufzuweichen, anzuheben oder flexibel zu gestalten. „Natürlich kann der Professor mit 75 Jahren auf seiner Terrasse noch schlaue Aufsätze schreiben. Aber bei Schichtarbeitern und Verkäufern mit harten, eher schlecht bezahlten Jobs ist das anders, zumal sie im Schnitt deutlich früher sterben“, so Leni Breymaier.
    Heidi Steenbock
    „Ich muss arbeiten, bis ich umfalle“, sagt die 66-Jährige. Wenn sie von ihrer Rente die Miete und alle Fixkosten abzieht, bleiben ihr 170 Euro im Monat. „Davon kann man nicht leben, also muss ich hinzuverdienen.“ Die Bäckereifachverkäuferin arbeitete über 30 Jahre, lange Zeit davon als Filialleiterin. „Ich habe immer gut verdient und in die Rentenkasse einbezahlt.“ Doch nach zweijähriger Selbständigkeit musste Heidi Steenbock in die Insolvenz. Arbeitslosigkeit und Hartz IV folgten. Heute jobbt sie wieder in einer Bäckerei, steht jeden Morgen um 3:30 Uhr auf. Beschweren will sich die Berlinerin nicht: „Den Gedanken an die Zukunft verdränge ich.“
    Abraham Teuter
    Mit 65 Schluss? Das wollte der Frankfurter Lehrer nicht akzeptieren. Vor zwei Jahren musste der 67-Jährige gegen seinen Willen in Pension. Sein Antrag auf Dienstverlängerung war abgelehnt worden. Abraham Teuter klagte wegen Altersdiskriminierung. Unterstützt wurde er von Schülern und Eltern. Der streitbare Pädagoge verlor jetzt in zweiter Instanz, findet sich aber mit dem Urteil nicht ab, sondern will vor dem Europäischen Gerichtshof gegen seine Pensionierung kämpfen. „Ich habe keine Lust auf den Ruhestand. Ich halte das nicht für einen erstrebenswerten Zustand“, sagt er.
    Wolfgang Prosinger
    „Wäre die Rente ein Medikament, würde man sie verbieten, wegen der Nebenwirkungen“, sagt der 67-Jährige Autor. Es gebe mehr Selbstmorde, mehr Depressionen, mehr Alkoholismus, nachdem die Rente begonnen habe. Neben der Gesundheit leide auch die Partnerschaft unter dem Ruhestand. „Nur zugeben wollen die wenigsten diese Schwierigkeiten“, sagt Wolfgang Prosinger, der bei Recherchen zu seinem Buch „In Rente“ festgestellt hat: „Bei kaum einem Thema wird so viel gelogen.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 15.09.2015Das Erste
  • Folge 465
    Gäste: Britta von Lojewski (TV-Moderatorin), Florian Homm (Ex-Finanzspekulant), Dieter Eckstein (Ex-Bundesligaprofi), Martina Leisten (Ex-Gastronomin)
    Wer als millionenschwerer Finanzinvestor, als TV-Star oder Bundesligaprofi – verschuldet oder unverschuldet – in finanzielle Schwierigkeiten gerät, steht zu Beginn vielleicht besser da als jene 6,7 Millionen Deutschen, die laut der Wirtschaftsauskunftei „Creditreform“ 2014 überschuldet waren. Aber droht am Ende jedem Schuldner dieselbe Abwärtsspirale aus Mahnungen, Pfändungen, Privatinsolvenz und Hartz IV?
    Britta von Lojewski
    „Jahrelange Existenzängste haben mich krank gemacht“, sagt die Wahlkölnerin, die seit diesem Jahr zwei Schicksalsschläge verkraften muss: Im Mai bekommt sie die Diagnose Brustkrebs, im August muss sie Privatinsolvenz anmelden. Vor zehn Jahren hatte die TV-Moderatorin („Kochduell“) als Altersvorsorge ihr gesamtes Vermögen von etwa 500.000 Euro in Ost-Immobilien investiert. Die vermeintlichen Luxuswohnungen entpuppen sich als Bruchbuden mit hohen Unterhaltskosten. Als sie die Kredite nicht mehr bedienen kann, werden die Wohnungen zwangsversteigert. Schulden aber bleiben. Inkassounternehmen und Gerichtsvollzieher stehen vor ihrer Tür. Schließlich muss die 52-Jährige Hartz IV beantragen. „Wenn du pleite bist, bist du Freiwild“, sagt Britta von Lojewski.
    Florian Homm
    Er galt jahrelang als Inbegriff des eiskalten „Finanzjongleurs“, verdiente als Hedgefonds-Manager mit umstrittenen Geldgeschäften ein Vermögen. 2007 tauchte Florian Homm plötzlich ab, blieb fünf Jahre verschwunden. Als er 2012 wieder an die Öffentlichkeit tritt, wird er in Italien im Auftrag der US-Justiz verhaftet. Der Vorwurf: Kursmanipulation und Anlagebetrug. Nach 15-monatiger Auslieferungshaft in einem italienischen Gefängnis kommt er überraschend frei und setzt sich nach Deutschland ab. Von seinem Vermögen sei fast nichts geblieben, so der ehemalige Großaktionär von Borussia Dortmund. Rückblickend sagt Homm: „Jahrzehntelang habe ich die falschen Götter verehrt und als Folge daraus meine Macht, mein Vermögen und meine Familie verloren.“
    Dieter Eckstein
    Während der Autofahrt zu einem Länderspiel unterschreibt der damals 24-jährige Fußballprofi auf Rat seines Beraters angeblich gewinnbringende Verträge für zwei Einfamilienhäuser im Wert von 1,3 Millionen Mark. Die unüberlegte Entscheidung hat schwerwiegende Folgen: Am Karriereende übersteigen die monatlichen Raten bei weitem Dieter Ecksteins Einkommen. Der legendäre Bundesliga-Stürmer steht vor einem Schuldenberg. „Jetzt fing die richtig harte Zeit an. Ich hatte mein ganzes Kapital in die Häuser gesteckt und schuldete der Bank noch 600.000 Mark. Plötzlich führte ich ein Leben als Arbeitsloser“, erinnert sich der ehemalige Nationalspieler. Heute ist Eckstein schuldenfrei, hat die Privatinsolvenz überstanden.
    Martina Leisten
    Ein Jahr betrieb die studierte Sozialwirtin ein Café in Berlin, danach hatten sie knapp 40.000 Euro Schulden. „Für mich ist dieser kleine Schuldenhaufen, der unüberwindbar ist, viel schlimmer. Ich hätte lieber Millionenschulden, dann hätte ich es wenigstens mal krachen lassen“, sagt die 37-Jährige. 2011 meldete sie Privatinsolvenz an, die sie gerne abgewendet hätte: „Es ist wie in einem Alptraum, der sich immer wiederholt. Man tritt auf der Stelle. Es ist ein Brandmal, das man nicht mehr los wird.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 22.09.2015Das Erste
  • Folge 466
    Gäste: Fritz Pleitgen (ARD-Korrespondente in Moskau und Washington), Michael Wolffsohn (Historiker), Antonia Rados (RTL-Kriegsreporterin), Werner Schulz (B’90/​Grüne, ehem. Europaparlamentarier)
    Seit dem Ukrainekrieg war er außerhalb Russlands politisch geächtet. Wird Wladimir Putin jetzt mit seinen Militärplänen zum Weltenretter, nachdem er angekündigt hat, in einer Koalition mit dem Westen das millionenfache Leid im Syrien zu stoppen? Warum haben Europa und die USA so lange nicht gehandelt? Können wir dem russischen Präsidenten trauen? Ist es richtig, mit Diktator Assad zu reden? Werden Bomben gegen den IS den Frieden bringen und damit auch ein Ende des Flüchtlingselends? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 29.09.2015Das Erste
  • Folge 467
    Die Kanzlerin verströmte kürzlich noch Zuversicht: „Wir schaffen das!“ Der Bundespräsident dagegen warnt: „Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Und der Innenminister fordert jetzt von den Flüchtlingen eine „Ankommenskultur“. Tatsächlich bereitet der Flüchtlingsandrang laut dem ARD-Deutschlandtrend einer Mehrheit der Deutschen mittlerweile Angst: Werden Wohnungen knapp? Steigen die Arbeitslosenzahlen? Akzeptiert die Mehrheit der vielen Neuankömmlinge Werte wie Gleichberechtigung und Toleranz?
    Heinz Buschkowsky
    Der langjährige Bürgermeister von Neukölln plädiert dafür, den Zustrom der Flüchtlinge zu begrenzen: „Wir können nicht jedes Jahr eine Million Flüchtlinge verkraften.“ Dazu gehöre die rasche Rückführung der Asylbewerber ohne Bleibeperspektive. „Wenn wir Integration ernst nehmen, müssen wir uns auf diejenigen konzentrieren, die eine Perspektive haben“, sagt der SPD-Politiker. „Die Zeit der La-Ola-Wellen der Willkommenskultur ist vorbei. Der graue Alltag der Integration wird kommen. Das heißt Sprache, Wohnung und dann einen Job – und dazu gehört auch eine Grundqualifikation, die ganz viele Flüchtlinge nicht mitbringen“, beklagt Heinz Buschkowsky.
    Renate Künast
    Die frühere Bundesvorsitzende der Grünen fordert, dass Deutschland im Zuge der Flüchtlingsintegration seine „Identität weiterentwickelt“. Zwar werde Deutschland sich dadurch ein Stück verändern, aber diese Anstrengung werde sich lohnen, so Künast. Die frühere Bundesministerin mahnt, „nicht die Fehler, die wir damals mit den Gastarbeitern gemacht haben, zu wiederholen“.
    Jakob Augstein
    „Jeder Mensch ist integrierbar unter den richtigen Umständen. Doch für diese Umstände sind wir verantwortlich, nicht der Flüchtling“, sagt der „Freitag“-Herausgeber. Jakob Augstein ist überzeugt: „Wer sich zurücklehnt und denkt, meine Heimat bleibt wie sie ist, der hat nicht verstanden: Die Flüchtlingsproblematik ist eine nationale Aufgabe, die uns alle angeht.“ Die Identität Deutschlands werde sich verändern, glaubt der „Spiegel“-Kolumnist. „Daher brauchen wir eine Leitkultur für beide Seiten, für In- und Ausländer.“
    Tania Kambouri
    Vor zwei Jahren wurde die griechischstämmige Polizistin mit einem wütenden Leserbrief bundesweit bekannt, in dem sie über ihre Erfahrungen mit aggressiven Einwanderern berichtete. Tania Kambouri bekam Unterstützung von Kollegen in ganz Deutschland. Gebessert habe sich nichts, stellt sie ernüchtert fest: „Wir Polizisten erleben bei Einsätzen immer häufiger Pöbeleien, Beleidigungen und kriminelles Verhalten. Wir werden weder als Staatsmacht noch als Menschen respektiert.“ Sie fürchtet, mit der steigenden Zahl an Flüchtlingen eine Verschärfung der Lage.
    Marie-Luise Balk-Egger
    „Menschen in Not zu helfen ist eine Sache. Dies völlig unkontrolliert zu tun, ist naiv und nicht dienlich für die gesamte Stadtgemeinschaft“, kritisiert die pensionierte Pädagogin die aktuelle Flüchtlingspolitik. Die Sprecherin einer Bürgerinitiative im baden-württembergischen Weinheim fordert deshalb „Nächstenliebe sowohl für Flüchtlinge als auch für unsere Bürger“. Man fühle sich von der Politik überrollt und gerade die Sorgen älterer Menschen würden nicht ernst genommen, fürchtet Marie-Luise Balk-Egger.
    Richard Arnold
    „Die Begegnungen mit den Flüchtlingen werden die Sichtweisen von uns Deutschen verändern“, glaubt der Unionspolitiker. Er ist sich sicher: „Zum einen besinnen wir uns wieder auf unsere eigenen Werte wie Verlässlichkeit, zum anderen lernen wir von den Kulturen der Flüchtlinge.“ Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd setzt sich persönlich dafür ein, dass die Asylbewerber Teil der Stadtgemeinschaft werden. Vom ersten Tag ihrer Ankunft an organisiert Richard Arnold Sprachkurse, bindet sie in ehrenamtliche Mitarbeit ein und bittet seine Mitbürger um Wohnraum. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 06.10.2015Das Erste
  • Folge 468
    Geistreich, schlagfertig, demagogisch: 25 Jahre lange prägte er die deutsche Oppositionspolitik wie kein Zweiter. Jetzt gibt Gregor Gysi den Fraktionsvorsitz ab. Sein Rückzug aus der ersten Reihe ist auch eine Zäsur für das wiedervereinigte Deutschland, das gerade 25 Jahre alt geworden ist. Zeit für eine Bilanz in politisch turbulenten Zeiten.
    Gregor Gysi
    „Ich will nicht als Tattergreis durch die Reihen schlurfen. Ich habe erlebt, dass die meisten Politiker erst aussteigen, wenn sie ihren Zenit überschritten haben. „Auch so begründete der 67-Jährige seine Entscheidung, den Fraktionsvorsitz seiner Partei abzugeben. Was plant er nach dem Rückzug? Welche seiner politischen Träume haben sich in den letzten 25 Jahren erfüllt. Ist ein Comeback ausgeschlossen? Ob er noch einmal für den Bundestag kandidiert, hat die Ikone der Linkspartei jedenfalls noch offen gelassen.
    Uwe Steimle
    „Ich bin traurig, dass Gregor Gysi geht. Er ist für die Linke unersetzlich“, glaubt der Dresdner Kabarettist. Gysi habe mit Verstand und Warmherzigkeit dafür gekämpft, Deutschland gerechter zu machen.“Er sollte ein Jahr Pause machen und dann als Bundespräsident zurückkommen“, rät Uwe Steimle dem scheidenden Fraktions-Chef der Linken.
    Rainer Brüderle
    „Gregor Gysi ist ein charmanter Populist“, sagt der frühere FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Viele würden wegen seiner netten Ausstrahlung leider nicht merken, wie falsch seine Botschaften seien – zum Beispiel die Einführung einer Reichensteuer: „Es den Großen nehmen und den Kleinen geben – das sind am Ende nur sozialromantische Vorstellungen.“ Richtige Lösungsansätze für unser Land habe Gysi nicht, meint der ehemalige Bundeswirtschaftsminister.
    Dorothee Bär, CSU
    Sie gehört einer anderen Politikergeneration an und einer Partei, die bis heute am schärfsten mit der Linken als SED-Nachfolgerin ins Gericht geht. „Wahrscheinlich ist Gregor Gysi in der falschen Partei, da er kein utopischer Spinner ist wie die meisten bei den Linken“, glaubt die 37-Jährige Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium. Allerdings, so Dorothee Bär, neige auch er zu „einfachen Wahrheiten“. Gerade in der aktuellen Flüchtlingspolitik gehe es darum, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen. Und dass sich Gysi nach wie vor schwer damit tue, die DDR als „Unrechtsstaat“ zu bezeichnen, ärgert die CSU-Politikerin.
    Barbara Erdmann
    Seit über 50 Jahren sind sie eng befreundet: Die Berlinerin lernte Gregor Gysi in der Schule kennen, gemeinsam absolvierten sie die Rinderzüchterausbildung und das Jurastudium, wurden Anwaltskollegen. Gysis Schritt in die Politik sah Barbara Erdmann bereits vor 25 Jahren kritisch: „Es gab zahlreiche Drohungen, ich hatte Todesangst um ihn.“ So überrascht ihr Resümee nicht: „Gregor hätte auch ein anderes Leben führen können. Er ist ein brillanter Anwalt. Er wäre ein glücklicherer Mensch geworden ohne Politik.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 13.10.2015Das Erste
  • Folge 469
    Das Flüchtlings-Chaos hat die EU in eine ihrer tiefsten Krisen gestürzt. Es herrscht ein „kollektives Staatsversagen“, schreibt die „Welt“. Das Klima zwischen den Mitgliedsländern ist vergiftet. Die EU kann weder Außengrenzen schützen noch Flüchtlingsströme steuern. Zäune zwischen den EU-Ländern sind längst kein Tabu mehr. Jedes Land scheint nur noch an sich zu denken. Verhindert der nationale Egoismus jede europäische Lösung?
    Simone Peter
    „Wir können nicht einfach die Schotten dicht machen, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen“, so die Grünen-Chefin. Das Gerede von Obergrenzen und Überforderung müsse ein Ende haben, fordert Simone Peter und ist überzeugt: „Drohungen und Ultimaten stärken höchstens den rechten politischen Rand. Die geplanten Transitzonen an deutschen Grenzen lehnt Simone Peter ab: „Es ist ein Unding, Menschen in Haft zu nehmen, nur weil sie von ihrem Grundrecht auf Asyl Gebrauch machen.“
    Norbert Blüm
    „Wer jetzt noch in Europa die Lösung im Nationalstaat sucht, hat 100 Jahre Geschichte verschlafen und die Zeichen der Zeit nicht erkannt“, sagt der langjährige Bundesminister. Mit Zäunen oder Asylgesetzen lasse sich nicht eine Welt ordnen, die im Chaos zu versinken drohe, so Norbert Blüm, der Angela Merkels Politik verteidigt. „Flüchtlinge sind nicht gekommen, weil die Kanzlerin sagt: ‚Wir schaffen das‘. Die waren vorher schon unterwegs. Das sind doch keine Touristen, sondern Menschen in Lebensnot.“
    Stephan Mayer
    Der CSU-Bundestagsabgeordnete verteidigt die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge an den deutschen Grenzen: „Es wäre eine klare Signalwirkung. Und es wäre eine enorme Entlastung für die Behörden, die betroffenen Kommunen und für uns insgesamt, diejenigen, die kein Recht auf Asyl haben, unmittelbar von der Transitzone aus zurückzuweisen.“ Mehr als fünfzig Prozent aller, die zurzeit nach Deutschland kämen, würden weder als Flüchtling noch als Asylbewerber anerkannt werden, sagt der CSU-Innenpolitiker.
    Richard Sulik
    Der frühere slowakische Parlamentspräsident wirft der EU ein Versagen bei der Sicherung ihrer Grenzen vor. „Es gibt keine Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt der liberale Politiker. Seine Forderung: Zentrale Auffanglager für Flüchtlinge außerhalb der EU in Afrika und Syrien, in dem vor Ort über Asylanträge entschieden wird. Jedes Land entscheide dann selbst, wem es Asyl gewähre und wem nicht. Für das Flüchtlingschaos in der EU macht Richard Sulik die deutsche Bundeskanzlerin verantwortlich.
    Ulf Küch
    Deutschland könne nur jenen Flüchtlingen Schutz gewähren, die wirklich Schutz brauchen, sagte Angela Merkel vor wenigen Tagen. „Mit den anderen müssen wir viel strenger sein und sie schneller abschieben.“ Wie realitätsnah ist diese politische Absichtserklärung? Viele abgelehnte Asylbewerber blieben im Land, weiß Ulf Küch vom Bund Deutscher Kriminalbeamte: „Da kann jeder Politiker erzählen, was er will – wir werden Menschen, von denen wir nicht wissen, wo sie herkommen, in kein Land dieser Welt abschieben können.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 03.11.2015Das Erste
  • Folge 470
    Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt ist im Alter von 96 Jahren in seiner Heimatstadt Hamburg gestorben. Der SPD-Politiker war von 1974 bis 1982 Regierungschef. Er galt vielen als größtes deutsches Vorbild: Jahrgang 1918, Ex-Bundeskanzler, einflussreicher Publizist. „Menschen bei Maischberger“ widmet Helmut Schmidt eine Sondersendung, die seine wichtigsten und berührendsten Auftritte bei Sandra Maischberger zusammenfasst. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDi 10.11.2015Das Erste
  • Folge 471
    „Wir werden gnadenlos reagieren“, sagt der französische Staatspräsident Francois Hollande und spricht von einem Krieg gegen den „Islamischen Staat“. Sind Bomben auf Syrien die richtige Antwort auf die Anschläge von Paris? Sind wir trotz einer Verschärfung von Sicherheitsgesetzen ohnmächtig gegen den Terror? Gäste sind u.a. Cem Özdemir, Parteivorsitzender von B’90/​Grüne, Nahostexperte Ulrich Kienzle, CDU-Politiker Wolfgang Bosbach und der Islamismus-Experte Asiem El-Difraoui. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.11.2015Das Erste
  • Folge 472
    Terrorwarnungen nach den Anschlägen von Paris, eine erbittert geführte Debatte um Flüchtlinge, die auch die Kanzlerin auf dem CSU-Parteitag zu spüren bekam. Wie stabil ist unser Gemeinwesen in diesen Tagen? Könnte das Ziel der IS-Terrormiliz, Unfrieden und Chaos in unsere Gesellschaft zu tragen, jetzt schon fruchten?
    Gäste: Katrin Göring-Eckardt, B’90/​Grüne (Fraktionsvorsitzende), Jens Spahn, CDU (Staatssekretär), Güner Balci (Autorin), Peter Neumann (Terrorismus-Experte), Jakob Augstein (Publizist), Filiz Celik (Mutter eines Islamisten)
    Katrin Göring-Eckardt
    „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch“, sagte die Fraktionsvorsitzende am Wochenende beim Parteitag der Grünen. Den Zuzug Hunderttausender Flüchtlinge sieht Katrin Göring-Eckardt optimistisch. Durch die Zuwanderung werde Deutschland nicht nur „religiöser, bunter, vielfältiger und jünger“, sie brächte den Unternehmen auch die benötigten Fachkräfte.
    Jens Spahn
    Der CDU-Politiker sieht Deutschland angesichts der Flüchtlingszahlen „mitten in einer wahren Bewährungsprobe“, spricht von „einer Art Staatsversagen“. „Die Grenze kann nicht gesichert, Recht nicht durchgesetzt, Tausende von Asylanträgen nicht bearbeitet werden.“ Ordnung müsse her, fordert der Finanz-Staatssekretär und betont, dass es weder fair noch richtig wäre, Flüchtlinge jetzt pauschal unter Generalverdacht zu stellen: „Viele derjenigen, die bei uns Schutz suchen, fliehen vor genau den Terroristen, die da in Paris gewütet haben.“
    Güner Balci
    „Religion kann eine Waffe sein“, sagt die Berliner Autorin nach den Pariser Anschlägen im Januar. Der Islam sei „eine geladene Waffe“, weil es in der muslimischen Welt an einer kritischen Auseinandersetzung mit überkommenen Traditionen mangele. Die große Mehrheit der Muslime in Berlin-Neukölln, wo Güner Balci seit Jahren recherchiert, lehne den IS-Terror ab. Gleichwohl gebe es ein „Wir und die anderen“-Haltung, weil junge Muslime sich und ihre Religion stigmatisiert fühlten.
    Peter Neumann
    „Die massenhafte Einschleusung von als Flüchtlingen getarnten IS-Kämpfern droht nicht“, sagt der Terror-Forscher vom renommierten Londoner King’s College. „Diese Gefahr wurde bisher häufig übertrieben.“ Natürlich könne es sein, dass der IS auf diesem Wege vereinzelt Leute nach Europa schleuse. Aber das sei schon vor der Flüchtlingskrise möglich gewesen. „Der IS hat auf unserem Kontinent ohnehin schon genügend Anhänger. Er muss keine mehr hierher exportieren“, sagt der Politikwissenschaftler.
    Jakob Augstein
    Der „Freitag“-Herausgeber hält die Angst vor Terroranschlägen in Deutschland für übertrieben. Die Anschlagswelle von Paris sei primär ein französisches und belgisches Problem. Die Täter seien muslimische Migranten in der zweiten und dritten Generation, die nicht integriert worden seien. Der „Spiegel“-Kolumnist kritisiert die Notstandsgesetze, die Frankreich erlassen habe: „Das ist alles hysterische Symbolpolitik, die das Bedrohungsgefühl verstärkt.“ Frankreich sei jetzt ein Polizeistaat.
    Filiz Celik (Mutter eines Islamisten)
    „Mein Sohn hat sich dem IS angeschlossen“, berichtet die Berlinerin. „Schon als Kind interessierte er sich viel mehr für die Religion als ich“, sagt die gläubige Muslima, die einen „liberalen Islam ohne Zwang“ lebt. Seit 2007 steigt der 20-Jährige Gökhan immer tiefer in die Islamisten-Szene Hamburgs, radikalisiert sich mehr und mehr. Seine Mutter Filiz kann ihn nicht davon abhalten. Als er vom „Dschihad“, dem sogenannten heiligen Krieg, spricht, zeigt sie ihren Sohn aus Angst an. Doch nichts habe geholfen. Im Sommer 2013 reist Gökhan ins syrische Kriegsgebiet. Wenige Monate später melden deutsche Behörden: Der 25-Jährige sei ums Leben gekommen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 24.11.2015Das Erste
  • Folge 473
    Über eine Million Flüchtlinge werden bis Ende des Jahres zu uns kommen. Optimisten halten die Neuankömmlinge für eine Bereicherung, Pessimisten dagegen fürchten erhebliche Konflikte für die deutsche Gesellschaft. Aber wie ist es umgekehrt: Was erwarten die Flüchtlinge von Deutschland? Welche ihrer Hoffnungen erfüllen sich, welche Erwartungen werden enttäuscht? Und welchen Vorurteilen begegnen sie? In „Menschen bei Maischberger“ berichten Flüchtlinge über ihre Erfahrungen und diskutieren mit Politikern.
    Die Gäste: Majd al Hosaini (Syrischer Flüchtling), Jasmin Taylor (Unternehmerin und ehem. Iran-Flüchtling), Dr. Dilovan Alnouri (Syrischer Arzt), Franz Wasmeier (Flüchtlingsheimleiter), Simone Peter (B’90/​Die Grünen, Bundesvorsitzende), Paul Ziemiak (Junge Union, Bundesvorsitzender)
    Majd al Hosaini
    Er war ein hochtalentierter Nachwuchsfußballer, stand kurz vor seinem Schulabschluss, als er auf der Straße von Soldaten der syrischen Armee mit einem Schuss schwer verletzt wurde. Gerade mal 17 Jahre alt, entschloss sich Majd al Hosaini, aus Damaskus zu fliehen und seine Familie zurück zu lassen. Eine lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer in einem überfüllten Boot und die anschließende Reise durch Europa führten ihn schließlich nach München. „Deutschland war mein großer Traum“, sagt der heute 19-Jährige. Er lernte Deutsch, machte seinen Schulabschluss und fand einen Ausbildungsplatz.
    Jasmin Taylor
    Mitte der achtziger Jahre floh sie vor dem ersten Golfkrieg aus dem Iran nach Deutschland. Die damals 17-Jährige träumte von einem freien, selbstbestimmten Leben. „Doch wenn der Krieg nicht gewesen wäre, hätte ich nicht den Mut aufgebracht, dieses Wagnis einzugehen“, sagt Jasmin Taylor. Mit den Flüchtlingen von heute identifiziert sich die Touristikunternehmerin: „Ich würde lieber in einem Boot auf dem Wasser sterben, als Sklavin dieser fanatischen IS-Typen zu werden.“
    Dr. Dilovan Alnouri
    Seit einem Monat behandelt der syrische Arzt Patienten in Deutschlands erster Flüchtlingsambulanz in Neumünster. Der Mediziner ist Flüchtling, floh nach einem verheerenden Bombenattentat aus seinem Krankenhaus in Damaskus. Als Verfolgter des Assad-Regimes sah er für sich und seine Familie keine Zukunft in seiner Heimat: „In Syrien gibt es nur Schießereien und zu viele Tote. Derzeit gibt es im ganzen Land keinen sicheren Ort. Ich will, dass meine Tochter und mein Sohn in Sicherheit aufwachsen.“
    Franz Wasmeier
    „Nur Mitleid und Sozialromantik bringen uns nicht weiter“, sagt der Leiter mehrerer Flüchtlingsheime in Niederbayern mit insgesamt 100 Flüchtlingen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und dem Kongo. Von früh bis spät kümmert sich der gelernte Schreiner um die Belange der Flüchtlinge: „Da muss man schon ein dickes Fell haben. Wegtanzen lassen sich die Probleme nicht.“ Schon das Einhalten der Hausordnung sei ein echtes Problem. „Das Schlimmste für die Asylbewerber ist das ewige Warten. Die Verfahren dauern über ein Jahr, und in der Zeit kommt oft Langeweile und Missmut auf“, so Franz Wasmeier, der von der Politik beherztere Lösungen in der Flüchtlingskrise fordert.
    Simone Peter
    „Wir können nicht einfach die Schotten dicht machen, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen“, so die Grünen-Chefin. Das Gerede von Obergrenzen und Überforderung müsse ein Ende haben, fordert Simone Peter und sagt: „Drohungen und Ultimaten stärken höchstens den rechten politischen Rand, ändern an der Situation aber gar nichts.“ Sie ist überzeugt: „Die Einwanderer sind eine Chance für die Wirtschaft des Landes und die Kultur.“
    Paul Ziemiak
    Der junge CDU-Politiker kam als Aussiedlerkind 1988 nach Deutschland. Seine ersten Monate verbrachte er in Erstaufnahmelagern und kann deshalb „nachempfinden, wie die Flüchtlinge sich jetzt hier fühlen“. Den meisten derzeitigen Flüchtlingen fehle allerdings ein Faktor, der für seine Integration zentral war: die christliche Religion. Der Vorsitzende der Jungen Union warnt deshalb davor, die deutsche Gesellschaft zu „überfordern“ und fordert eine Obergrenze bei der Aufnahme von Asylbewerbern: „Die Kapazitäten in Deutschland sind endlich.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 01.12.2015Das Erste
  • Folge 474
    Sie galt im zehnten Jahr ihrer Kanzlerschaft als unangefochten: in ihrer Partei, in Deutschland, in Europa – bis zur Flüchtlingskrise. Jetzt scheint der Nimbus der souveränen Kanzlerin, die unaufgeregt politische Lösungen sucht, zu schwinden. Die Front der Merkel-Kritiker, auch in der Union, hat sich formiert. Steht die „mächtigste Frau der Welt“ („Forbes“) vor dem schwierigsten Parteitag ihrer Karriere?
    Gäste: Julia Klöckner, CDU (Stellv. Parteivorsitzende), Jürgen Trittin, B’90/​Die Grünen (Ex-Fraktionschef), Hans-Hermann Tiedje (Journalist und Politikberater), Markus Feldenkirchen („Spiegel“-Autor), David Bendels, CSU („Konservativer Aufbruch“)
    Julia Klöckner
    „Angela Merkel beweist Gradlinigkeit und Haltung in ihrem Amt“, sagt die rheinland-pfälzische CDU-Chefin. Die Kanzlerin habe es geschafft, weltweit ein Deutschlandbild der Mitmenschlichkeit zu prägen. Julia Klöckner verteidigt den Kurs Merkels in der Flüchtlingskrise und fordert ein Gesetz zur Integrationsverpflichtung für Asylbewerber. „Eine Diskriminierung von Frauen, Homosexuellen und Andersgläubigen darf nicht als Ausdruck religiöser Vielfalt akzeptiert werden“, so die Vize-Chefin der CDU.
    Jürgen Trittin
    „Angela Merkel hat den eigenen Laden nicht mehr im Griff. Sie hat die Richtlinienkompetenz verloren.“ Der Oppositionspolitiker der Grünen sieht die Regierung in einem katastrophalen Zustand. Zeichnet sich das Ende Merkels als Kanzlerin ab? „Solange sie nicht selbst ihre Amtszeit beendet, wird sie Regierungschefin bleiben. In der Union wird niemand aufstehen und sie stürzen. Denn in einem Punkt ist die Union prinzipienfest: Sie will regieren. Wenn aber die CDU/​CSU Merkel stürzt, verliert sie die Macht“, lautet die Analyse von Jürgen Trittin.
    Hans-Hermann Tiedje
    „Aus der ‚mächtigsten Frau der Welt‘ wurde über Nacht eine internationale Bittstellerin“, schrieb der ehemalige „Bild“-Chefredakteur jüngst in einem Gastkommentar der „Neuen Zürcher Zeitung“. Die Bundeskanzlerin sei angezählt, die Stimmung kippe jeden Tag mehr. Merkel, die zehn Jahre die Politik dominiert habe, erweise sich als überfordert und blende die Realitäten aus. „Sie müsste zugeben, dass sie in der Flüchtlingskrise einen Fehler gemacht hat. Es wäre ihr politisches Ende, aber dieses rückt auch so näher“, glaubt der ehemalige persönliche Berater Helmut Kohls – es herrsche „Merkeldämmerung“.
    Markus Feldenkirchen
    „Zum ersten Mal in ihrer Karriere offenbart Angela Merkel eine innere Überzeugung und Leidenschaft für ihre Politik“, sagt der Hauptstadtjournalist über die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. „Es ist möglich, dass sie damit ihre Wiederwahl aufs Spiel setzt. Aber anders als ihre wütenden Gegner scheint sie dieser Tage sehr mit sich im Reinen zu sein.“ Ihren Kurs hält Markus Feldenkirchen im Kern für richtig, denn „das Deutschland, auf das ich stolz bin, verfolgt nicht die Politik eines nationalistischen Hardliners wie Viktor Orbán“.
    David Bendels
    „Die chaotische Flüchtlingspolitik der Kanzlerin schadet Deutschland, Europa und nicht zuletzt auch der Union“, sagt der Mitbegründer des „Konservativen Aufbruchs“, einer Basisbewegung innerhalb der CSU. „Wenn Angela Merkel ihre Politik nicht ändert, sollte die CSU ihre Minister aus der Bundesregierung abziehen.“ Sie solle beim CDU-Parteitag endlich sagen: „Liebe Menschen, es geht nicht mehr! Unsere Aufnahmekapazitäten sind einfach erschöpft“, fordert der frühere Mitarbeiter von CSU-Politikerin Monika Hohlmeier. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 08.12.2015Das Erste
  • Folge 475
    Merkels Credo „Wir schaffen das“ in der Flüchtlingsdebatte, Schäubles Drohung an die griechische Regierung „Um 24 Uhr isch game over“ , Gabriels Diktum „Das ist Pack“ über die Rechtsradikalen – 2015 war das Jahr zugespitzter Aussagen und das Jahr der Krisen, die uns unerwartet heftig trafen. Zeit für eine Bestandsaufnahme mit einer meinungsstarken Runde. Welche Lehren müssen wir aus 2015 ziehen? Was hat die Menschen bewegt? Wie zuversichtlich fällt der Ausblick für 2016 aus?
    Gäste: Thomas Gottschalk (Fernsehmoderator), Alice Schwarzer (Publizistin), Daniel Cohn-Bendit, B’90/​Die Grünen (Politiker), Heiner Geißler, CDU (Ehem. Bundesminister)
    Thomas Gottschalk
    „Meine Generation ist unter der Fahne von „Love & Peace“ angetreten. Nach diesem Jahr habe ich diese Illusion endgültig aufgegeben“, sagt der Entertainer. Mit seiner Autobiographie „Herbstblond“ hat Thomas Gottschalk einen der Bestseller des Jahres geschrieben. Er vermisst darin politische Figuren wie Konrad Adenauer, Willy Brandt oder Helmut Schmidt, „die zu wissen schienen, was der Nation gut tat“. Dass öffentliche Debatten immer stärker durch Shitstorms in den digitalen Medien aufgeheizt werden, wie auch in diesem Jahr in der Flüchtlingsfrage, beklagt der Moderator, der sich intensiv mit der Zukunft des Fernsehens beschäftigt.
    Alice Schwarzer
    Mit den beiden Terroranschlägen in Paris sei 2015 der Krieg nach Europa gekommen, schreibt Alice Schwarzer, die in der französischen Hauptstadt studiert hat und bis heute viel Zeit dort verbringt. Seit Anfang der 70er Jahre mischt sich die Autorin („Der kleine Unterschied – und seine großen Folgen“) und „Emma“-Herausgeberin immer wieder in alle großen Debatten ein. Fast ebenso lang warnt die Publizistin vor dem Islamismus und glaubt, dass Angela Merkel sich jetzt in einem Punkt irre:“ Die Kanzlerin hat vieles richtig gemacht in ihrer zehnjährigen Amtszeit, aber auch einen großen Fehler: die chronische Unterschätzung der Gefahr, die vom politisierten Islam ausgeht.“
    Daniel Cohn-Bendit
    Er ist europaweit seit fast 50 Jahren einer der prägenden Figuren im politischen Diskurs: Als Anführer der Pariser Studentenrevolte, als erster Dezernent für multikulturelle Angelegenheiten und zwei Jahrzehnte lang bis 2014 als Europaparlamentarier. Auf Parteilinie ließ sich die Leitfigur der Grünen nie bringen. In diesem Jahr änderte Daniel Cohn-Bendit seine Meinung zu Angela Merkel, die er wegen ihrer Gangart in der Eurorettung scharf kritisiert hatte, und lobt die Kanzlerin für ihre Flüchtlingspolitik.
    Heiner Geißler
    Als langjähriger CDU-Generalsekretär war er einer der umstrittensten Politiker Deutschlands. Er wurde beschimpft als „politischer Sittenstrolch“, „Rosenkranz-Marxist“ und von Willy Brandt sogar als „schlimmster Hetzer in diesem Land seit Goebbels“. Auch in der Partei ging er keinem Streit aus dem Weg. Heiner Geißler gilt auch nach seiner politischen Karriere als einer der streitbarsten und eigensinnigsten Köpfe der CDU. Dazu gehört auch, dass er aus Protest gegen den „Siegeszug eines unsittlichen Kapitalismus“ der Bewegung Attac beitrat. Die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel unterstützt der 85-Jährige uneingeschränkt: „Die CDU hat eine moralische Pflicht, den Flüchtlingen zu helfen.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 15.12.2015Das Erste
  • Folge 476
    Nach 12 erfolgreichen Jahren ihrer Gesprächsrunde hat Sandra Maischberger ihre Sendung für den neuen Sendeplatz weiterentwickelt. Die Sendung wird sich zukünftig noch stärker mit politischen Themen befassen. Das Thema: „Flüchtlinge verdächtigt, Bürger verunsichert: Angstrepublik Deutschland“
    Die Kölner Silvesternacht hat das Vertrauen vieler Menschen in den Rechtsstaat zutiefst erschüttert. Massenweise wurden Frauen attackiert – vor den Augen hunderter Polizisten. Zeigt dieser Kontrollverlust, wie ohnmächtig unser Rechtsstaat ist? Das Klima im Land erscheint seither vergiftet: Weicht die Willkommenskultur jetzt tumber Fremdenfeindlichkeit? Gerät die Integration hunderttausender Zuwanderer durch die Tat einzelner Krimineller in Gefahr? Oder haben wir die Augen davor verschlossen, welche Probleme die Einwanderung vor allem muslimisch geprägter junger Männer für unsere Gesellschaft mit sich bringen kann?
    Die Gäste: Andreas Scheuer, CSU (Generalsekretär), Volker Beck, B’90/​Grüne (Innenpolitischer Sprecher), Chantal Louis (Publizistin, „Emma“-Redakteurin), Christian Pfeiffer (Kriminologe), Michelle (Studentin), Aiman Mazyek (Zentralrat der Muslime)
    Andreas Scheuer
    „Sollte sich herausstellen, dass Flüchtlinge die Täter waren, dann haben sie ihr Gastrecht verwirkt und müssen abgeschoben werden.“ Flüchtlinge müssten akzeptieren, dass „die deutsche Leitkultur tonangebend“ sei. Und bei der Leitkultur gebe es nur eine Richtung: „Unsere Werte akzeptieren“. Der CSU-Generalsekretär unterstützt die aktuelle Forderung seines Parteivorsitzenden Horst Seehofer nach einer Obergrenze für Flüchtlinge. Mehr als 200.000 Menschen im Jahr könne Deutschland nicht verkraften.
    Volker Beck
    „Ich warne vor einer Instrumentalisierung dieser schlimmen Taten für rassistische Zwecke. Wir haben bei Veranstaltungen von Oktoberfest bis Karneval immer wieder Übergriffe, auch aus anderen Bevölkerungsgruppen“, sagt der Kölner Grünen-Politiker. Man müsse deutlich machen, dass das keine Kavaliersdelikte sind, und dafür sorgen, dass die Strafe schnell auf dem Fuß folgt. Die Forderungen nach schnelleren Abschiebungen krimineller Ausländer bezeichnet der Innenexperte als Scheindiskussion. „Das Problem von Straftaten löst man nicht über Abschiebungen.“
    Chantal Louis
    „Hat der Staat sein Gewaltmonopol verloren, gibt es in Deutschland rechtsfreie Räume?“, fragte „Emma“ nach der Silvesternacht in Köln. Chantal Louis, seit über zwanzig Jahren Redakteurin des Frauenmagazins, fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, endlich das Problem zu benennen, das durch den Zuzug vieler junger Männer aus einem anderen Kulturkreis entstanden sei. Die Menschen würden das „Wir schaffen das“-Mantra nach den Ereignissen von Köln nicht mehr ernst nehmen, meint die Publizistin.
    Christian Pfeiffer
    Für den ehemaliger Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen steht fest: „Das war eine Ausnahmesituation der alkoholisierten Silvesternacht. Solch ein Kesseltreiben von Frauen gibt es sonst nicht.“ Die Täter seien Machos gewesen, die sich am Rausch der Macht erfreut hätten. „Natürlich haben wir das bei deutschen Männern auch, aber wir wissen aus unseren Forschungen, dass Männer aus arabischen Ländern die Machokultur sehr viel stärker verinnerlicht haben.“ Dennoch glaubt Christian Pfeiffer an deren Integrierbarkeit und verweist auf die türkischen Migranten: „Türken hatten früher ein ?Machoproblem’ – heute nicht mehr. Dieser Wandel macht uns Mut für die Zukunft“, sagt der frühere niedersächsische Justizminister.
    Michelle
    Die 18-Jährige und ihre Freunde wollten Silvester am Kölner Rhein feiern, als sie zwischen Hauptbahnhof und Dom von dutzenden Männern arabischer Herkunft umzingelt wurden. Dann ging alles sehr schnell. „Man konnte sich gar nicht wehren. Die haben uns Frauen überall begrabscht“, berichtet die Studentin. Mit Not kann die Gruppe den Angreifern entkommen. Als sie sich an die Polizei wendet, wird nur der Raub ihres Smartphones in die Strafanzeige aufgenommen. „Für sexuelle Übergriffe haben sich die Beamten überhaupt nicht interessiert“, klagt die junge Kölnerin, deren Nachname aus Gründen des persönlichen Schutzes nicht öffentlich werden soll.
    Aiman Mazyek
    „Wir erleben eine neue Dimension des Hasses“, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime. Seit Jahresanfang habe die Zahl der Anfeindungen und Drohungen gegen seinen Verband stark zugenommen. „Ereignisse wie in Köln fachen die Islamfeindlichkeit nochmals weiter an, weil Muslime dann unter Generalverdacht gestellt werden. Der braune Mob sieht seine Vorurteile bestätigt und endlich die Chance, seinen Hass auf Muslime, Ausländer, Andersaussehende und Andersdenkende freien Lauf zu lassen“, sagt Aiman Mazyek. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.01.2016Das Erste
  • Folge 477
    Der preisgekrönte ARD-Film „Operation Zucker“ ließ vor drei Jahren viele Zuschauer ratlos und erschüttert zurück. Kindesmissbrauch als einträgliches Geschäft des organisierten Verbrechens, mitten in Deutschland – ist das möglich? Auch die Fortsetzung des brisanten Dramas unter dem Titel „Operation Zucker. Jagdgesellschaft“ wird viele Fragen aufwerfen: Warum ist es so schwierig, die Straftaten zu ahnden, Täter und Hintermänner zu belangen? Wie kann man Kinder schützen? Kann man als Außenstehender erkennen, wenn ein Kind zum Missbrauchsopfer krimineller Banden wird?
    Gäste: Julia von Weiler (Psychologin, „Innocence in danger“), Manfred Paulus (Ex-Kriminalhauptkommissar), Gisela Friedrichsen (Gerichtsreporterin), Andreas Huckele (ehem. Odenwaldschüler und Autor), Johannes-Wilhelm Rörig (Beauftragter der Bundesregierung) (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 20.01.2016Das Erste
  • Folge 478
    „Die AfD ist drauf und dran, die politische Topographie Deutschlands umzupflügen“, kommentiert aktuell die „Welt am Sonntag“. Noch im vergangenen Sommer war die AfD auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit und dümpelte in Umfragen unter der Fünfprozentgrenze. Jetzt ist sie laut Demoskopen zur bundesweit drittstärksten politischen Kraft aufgestiegen. Ist das nur ein Strohfeuer oder wird die AfD sich dauerhaft als politische Kraft etablieren? Und wie sollten andere Parteien mit den Rechtspopulisten umgehen – einfach ignorieren oder mit ihnen streiten und ihnen damit ein Forum geben?
    Die Gäste: Frauke Petry, AfD (Parteivorsitzende), Ralf Stegner, SPD (Stellv. Parteivorsitzender), Hans-Olaf Henkel, Alfa (Europa-Abgeordneter), Roger Köppel (Journalist und SVP-Politiker), Jakob Augstein (Journalist), Reinhard Schlinkert (Infratest dimap)
    Frauke Petry
    „Die Bürger begrüßen es, dass eine Partei endlich Klartext redet“, kommentiert die Bundesvorsitzende der AfD die hohen Umfragewerte und sagt bereits einen „Durchmarsch bei den Landtagswahlen im März“ voraus. Ihre Strategie zur Eroberung von Wählerstimmen hatte sie im November ausgegeben: „Wir brauchen die Ängstlichen, um Mehrheiten zu bewegen.“ Viele trauten sich nur noch nicht zuzugeben, dass sie „unsere Ideen teilen“, so die gelernte Chemikerin. Dabei versichert sie: „Wir wollen diese Partei keinesfalls weiter nach rechts rücken.“
    Ralf Stegner
    Der Vizevorsitzende der SPD fordert eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Jemand wie der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sei „von Neonazis nicht mehr zu unterscheiden“, sagt Stegner. Die Partei zähle für ihn zu den Feinden der Demokratie, die keinen Zutritt zu den Parlamenten erlangen dürften. „Mit Frau Petry als neuer Vorsitzender zeigt sich, wie sehr die AfD anschlussfähig ist bei Pegida und der NPD“, warnt der SPD-Landeschef von Schleswig-Holstein.
    Hans-Olaf Henkel
    „Es macht mir Kummer, dass ich mitgeholfen habe, ein richtiges Monster zu erschaffen“, sagt der ehemalige AfD-Spitzenmann. Er verurteilt die Entwicklung seiner ehemaligen Partei: „Mit der Wahl Petrys haben sich die Mitglieder für einen scharfen Rechtsaußenkurs, Pöbelei und Protest entschieden. Die AfD wird zu einer NPD im Schafspelz.“ Im Juli 2015 hatte sich der frühere BDI-Präsident der neuen Partei Alfa des gestürzten AfD-Gründers Bernd Lucke angeschlossen.
    Roger Köppel
    „Als Deutscher würde ich eine Partei wie die AfD begrüßen“, sagt der Chefredakteur des Schweizer Magazins „Weltwoche“ und sieht in deren Erfolg „eine heilsame Retourkutsche der Demokratie.“ Immer weniger Menschen seien bereit, „sich die Anmaßungen ihrer Führungsschichten gefallen zu lassen“, so Roger Köppel, der im vergangenen Herbst für die nationalkonservative SVP in den Schweizer Nationalrat einzog.
    Jakob Augstein
    „Die AfD wird dauerhaft bleiben, denn sie ist eine logische Konsequenz aus der Modernisierung der CDU“, sagt der Herausgeber der Wochenzeitung „Freitag“. „Angela Merkel hat die CDU in allen Bereichen modernisiert – die Ausländerfrage war die letzte Bastion des deutschen Konservativismus und auch diese wurde nun geschleift.“ Deshalb suchten ehemalige CDU-Anhänger nun eine neue politische Heimat, glaubt der „Spiegel“-Kolumnist.
    Reinhard Schlinkert
    Wird die AfD die öffentliche Debattenkultur und das Parteiengefüge nachhaltig verändern? Wird sie 2016 nicht nur in weitere Landesparlamente ziehen, sondern 2017 auch in den Bundestag? Oder wird sie wie die „Republikaner“ und andere Parteien aus dem rechten Spektrum wieder in der Versenkung verschwinden? Der Chef des Umfrageinstituts Infratest dimap bezweifelt, dass die AfD sich zu einer Volkspartei entwickeln kann: „Die AfD ist die Partei der Unzufriedenen und hat nur ein einziges Thema: die Zuwanderung.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 27.01.2016Das Erste

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