Dokumentation in 3 Teilen, Folge 1–3

  • Folge 1 (55 Min.)
    In der zweiten Hälfte der 70er Jahre stehen in Paris vier junge Modeschöpfer – Thierry Mugler, Claude Montana, Jean Paul Gaultier und Azzedine Alaïa – in den Startlöchern, um die französische Haute Couture zu revolutionieren. Durch sie wird Paris zur weltweit führenden Stilmetropole avancieren. Jean Paul Gaultier, der schon bald als Enfant terrible der Modewelt gilt, wird 1952 geboren und wächst im Pariser Vorort Arcueil auf. 1970 kommt er zum Modehaus Pierre Cardin. Ende der 70er Jahre macht er sich mit seinen unkonventionellen Kreationen selbstständig.
    Er bricht mit der überlieferten Kleiderordnung, mit den Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Unterschieden. Gaultier ist der erste Modeschöpfer, der sich selbst als Star inszeniert. Seine Ästhetik spiegelt sich in den Fotografien von Pierre et Gilles, in den Videoclips von Les Rita Mitsouko und in den Bühnenshows von Yvette Horner wider. Azzedine Alaïa wird in 1940 in Tunis geboren und kommt mit 17 Jahren nach Paris. Er arbeitet für verschiedene Modehäuser. Zu seinen treuen Kundinnen zählen Greta Garbo, Arletty, Andrée Putman und Louise de Vilmorin.
    Anfang der 80er Jahre bringt er seine eigene Kollektion heraus. Er kreiert eine körperbetonte Mode, die ihren Käuferinnen ein animalisch-katzenhaftes Aussehen verleiht. Claude Montana kommt 1949 zur Welt. Mit 20 Jahren entwirft er seine erste erfolgreiche Schmuckkollektion. 1976 schlägt seine erste Fashion-Show ein wie eine Bombe. Das begnadete Farbgenie legt seinen Schwerpunkt auf Uni-Töne. Von Malerei und Bildhauerei geradezu besessen, kreiert er Mode mit stark reduzierten Formen und sehr klarer Struktur. 1979 gründet er sein eigenes Unternehmen.
    Thierry Mugler wird 1948 in Straßburg geboren. Der Kunstgewerbestudent und Tänzer kommt mit Anfang 20 nach Paris. Seine Kreationen sind körper- und umrissbetont mit starker Akzentuierung der Weiblichkeit. Seine Models widersprechen jeglicher Norm mit ihren XXL-Schultern, ihrer Wespentaille und den endlos langen Beinen. Thierry Mugler zelebriert als einer der ersten Designer Modenschauen als visuelle Kunstform und Unterhaltung. Mit ihren Fashion-Events, die über eine Stunde dauern und bei denen scharenweise Models und Stars den Laufsteg bevölkern, entwickeln die vier Modeschöpfer eine betont erotische Mode als Hommage an den weiblichen Körper mit aggressiven, futuristischen, fast bedrohlichen Entwürfen.
    Diese Ästhetik prägt die gesamten 80er Jahre. Sie ergänzt perfekt die aufkommende Fitnesswelle und einen vom athletischen, leistungsfähigen Körper besessenen Trainingskult. Dank des Rückhalts im eigenen Land finden die vier Modeschöpfer auch im Ausland Anerkennung und Nachahmer. Den berühmten 80er-Jahre-Look findet man in fast allen Fernsehserien dieser Zeit.
    Auf der anderen Seite des Atlantiks verliert die Mode jedoch ihre ironische, rebellische Komponente, wirkt konservativ und verkörpert den Einfluss von Macht und Geld: Es ist die Symbolik der Reagan-Jahre. Ihre höheren Weihen erhalten die vier Modeschöpfer, als ihre Dienste von den weltweiten Ikonen der Popkultur in Anspruch genommen werden, zum Beispiel von Tina Turner, Grace Jones, Madonna und George Michael, der Thierry Mugler sogar die Regie für den Videoclip zur Single „Too Funky“ überlässt. Die französische Mode ist auf dem besten Weg, ihre Ästhetik in der ganzen Welt durchzusetzen … (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 20.10.2012arte
  • Folge 2 (55 Min.)
    Die jungen Absolventen der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen Ann Demeulemeester, Martin Margiela und Dries Van Noten geben in den 90er Jahren mit ihrer Vorstellung von Mode den Ton an und verwerfen die Vorstellungen von Sex und Glamour, die den Modeschöpfern des vorangehenden Jahrzehnts so sehr am Herzen lagen. Sie stehen für eine intellektuelle, ernsthafte und nüchterne Mode, die sich selbst als „Anti Fashion“ bezeichnet. Die belgischen Modedesigner lassen sich in Paris nieder und treffen dort auf eine weitere Verfechterin der Anti Fashion, die Japanerin Rei Kawakubo.
    Ihre Mode ist schwarz, die Schnitte sind streng, passend zur wirtschaftlichen, politischen (Erster Golfkrieg) und sozialen (Aids-Epidemie) Situation dieser Zeit. In den USA führt dieses Umfeld zur Entstehung des Grunge – vertreten durch Musikbands wie Nirvana und Pearl Jam -, der auf den Laufstegen seinen Niederschlag bei Marc Jacobs für Perry Ellis und bei Anna Sui findet. Gleichzeitig macht ein neuer Figurtyp von sich reden, der sich völlig von den wohlgeformten Proportionen der 80er Jahre unterscheidet.
    Kate Moss, ein gerade einmal 16 Jahre junges englisches Model mit androgynem Körper, wird zur Werbe-Ikone für Calvin Klein, dessen schlichte Kreationen von jungen Leuten mit blassem Teint und Augenringen getragen werden. An die Stelle von Grace Jones und Tina Turner, die das Superweib der 80er Jahre verkörperten, treten nun Popstars wie Kim Gordon von der Gruppe Sonic Youth und Patti Smith, die später auch Inspirationsquelle für Modeschöpferin Ann Demeulemeester werden soll. Minimalismus ist Trumpf, und das verkörpert in dieser Zeit niemand besser als Helmut Lang, dessen Kollektion „Trash and Elegance“ heißt.
    Lang verlässt Ende der 90er Jahre Paris und geht nach New York. Dort macht ihn sein skizzenhafter und umrissbetonter Stil zum Liebling der Amerikanerinnen. Er besitzt so viel Einfluss, dass es ihm sogar gelingt, den internationalen Fashion-Kalender für die Vorstellung der neuen Kollektionen so ändern zu lassen, dass die Saison fortan in New York eröffnet wird. Schon bald beginnen auch die großen Konzerne, sich für die junge Modeschöpfergeneration zu interessieren.
    Für eine stattliche Summe gehen die Labels von Helmut Lang und Jil Sander – eine weitere Vertreterin des Minimalismus – in den Besitz der Prada-Gruppe über, während die Jeans-Spezialisten von Diesel das Modehaus Margiela kaufen. Ganz und gar nicht minimalistisch, aber dafür genauso rebellisch, sind die jungen Talente des Central Saint Martins College of Art and Design in London, darunter John Galliano und Alexander McQueen, die mit ihrer sprühenden Kreativität frischen Wind in die Modewelt bringen.
    Der Aufstieg dieser Modeschöpfer, der in die gleiche Zeit fällt wie der Aufstieg der berühmten Gruppe Young British Artists – zu der etwa Damien Hirst, die Chapman-Brüder, Tracey Emin und Sam Taylor-Wood zählen – macht London zur führenden Talentschmiede, aus der sich die altehrwürdigen französischen Modehäuser auf der Suche nach frischem Blut gerne bedienen. So engagiert die LVMH-Gruppe zuerst John Galliano und später Alexander McQueen, um die Prêt-à-porter-Kollektionen von Dior beziehungsweise von Givenchy zu entwerfen. Die Industrialisierung der Mode ist nicht mehr aufzuhalten. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 20.10.2012arte
  • Folge 3 (55 Min.)
    1990 übernimmt der junge texanische Stylist Tom Ford das Design der Modelinien der fast schon in Vergessenheit geratenen italienischen Luxusmarke Gucci. In nur wenigen Jahren macht Tom Ford aus Gucci die Luxusmarke schlechthin. Seine Mode ist sexy, effektvoll, tragbar und verkauft sich durch gewagte Werbekampagnen, die die Ära des Porno-Chic einläuten. Zur gleichen Zeit entwickelt die Erbin eines anderen italienischen Luxus-Modehauses, Miuccia Prada, gemeinsam mit ihrem Ehemann eigene Prêt-à-porter-Linien und stürzt sich in einige äußerst kostspielige Akquisitionen (Helmut Lang, Jil Sander, Church’s, um nur einige zu nennen).
    In Frankreich bietet die LVMH-Gruppe dem New Yorker Stylisten Marc Jacobs an, eine eigene Prêt-à-porter-Linie bei dem Handtaschenhersteller Louis Vuitton zu entwerfen. Anders als noch in den 80er Jahren mit ihren Einzelkämpfern ist Mode nun zu einem echten Business geworden, das auch bei Unternehmensgruppen wie dem Großhandelskonzern PPR, Richemont oder LVMH Begehrlichkeiten weckt. Denn im Modesektor lassen sich maximale Profite erwirtschaften, und die Konzerne liefern sich einen gnadenlosen Kampf um ihren Anteil am großen Kuchen. Überall entstehen mit Hilfe von Finanzinvestoren neue Modehäuser.
    Luxusmarken versuchen, neue Käuferschichten zu erschließen, und werden für die breite Masse erschwinglich, indem sie Produkte als Aushängeschild der Marke auf den Markt bringen, die nur noch sehr entfernt etwas mit Luxus zu tun haben wie zum Beispiel T-Shirts mit dem Aufdruck „J’adore Dior“, das in den 2000er Jahren sehr beliebt war. Dem Sektor geht es blendend, nicht nur in kreativer Hinsicht, sondern vor allem in wirtschaftlicher: Auf den Fashion-Shows stellt er seine Macht und seine finanzielle Gesundheit zur Schau, es werden immer neue Boutiquen eröffnet, die Umsätze und Gewinnspannen erreichen schwindelerregende Höhen.
    Doch welche Rolle spielt der Modeschöpfer noch in dieser Welt? Paradoxerweise ist er nicht mehr Herr im eigenen Haus, seine Vorstellungen werden den Erwartungen von Finanzinvestoren untergeordnet, die ganz eigene Ziele verfolgen. Karl Lagerfeld passt sich an und wird zu seinem eigenen Markenzeichen. Er designt für drei verschiedene Modehäuser, ohne sich wirklich Gedanken um sein Erbe zu machen. Andere werden der Sache überdrüssig und ziehen sich für eine gewisse Zeit aus der Modewelt zurück, so Tom Ford, der 2004 Gucci und Yves Saint Laurent den Rücken kehrte.
    Wieder andere scheitern: Christian Lacroix ist das traurige Beispiel für ein Lebenswerk, das in Frankreich wie im Ausland Anerkennung findet, dem aber aus rein wirtschaftlichen Erwägungen keine Chance blieb. Nur wenige Monate nach Lacroix verschwand auch Yves Saint Laurent von der Bildfläche. Eine Ära neigt sich dem Ende zu. Die allgegenwärtige Mode oder vielmehr die Luxusgüterindustrie hat die Schlacht gewonnen, doch die Modeschöpfer blieben dabei auf der Strecke und sind heute nicht viel mehr als kleine Rädchen im Getriebe der großen Konzerne. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 27.10.2012arte

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