Dokumentation in 3 Teilen, Folge 1–3

  • Folge 1
    Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten – ein bis heute hoch brisantes Thema. In der DDR und den Staaten Osteuropas bis zur Wende ein Tabu, wurde es in der Bundesrepublik Deutschland von Beginn an instrumentalisiert. Vertriebenenverbände und Politiker forderten lautstark: ‚Schlesien ist unser‘, verlangten nach Entschädigung für Enteignungen. Zu kurz kam dabei das Schicksal der Menschen, die den langen Marsch nach Westen antreten mussten. Die dreiteilige Reihe ‚Die Vertriebenen‘ möchte gerade ihre Geschichte erzählen. Zeitzeugen berichten oft erstmals über ihre dramatischen Erlebnisse. Wichtig ist: Zu Wort kommen Deutsche und Polen, Deutsche und Tschechen, denn nur wer beide Seiten hört, wird erfahren, was geschah und warum es geschah. Und nur wer beide Seiten hört, entgeht der Gefahr, die Vorgeschichte der Vertreibung, die brutale deutsche Herrschaft im Osten, zu bagatellisieren.
    Herbst 1944. Kilometer um Kilometer hat die Rote Armee eigenes Territorium zurückerobert. Und die sowjetischen Soldaten sehen das, was die Wehrmacht bei ihrem Rückzug hinterlassen hat: verbrannte Erde, zerstörte Dörfer, Tod. Sie erreichen Deutschland, die ‚Höhle des faschistischen Tieres‘, wie die Propaganda tönt. Millionen Deutsche fliehen panisch aus dem Osten, aus Ostpreußen, aus Schlesien, aus dem Wartheland. Sie wissen: Hitlers Vernichtungskrieg wird sich jetzt gegen sie wenden. Die größte Massenflucht der Geschichte beginnt. Beispiel Königsberg: Die NS-Führung hat die Stadt zur Festung erklärt, sinnloser Widerstand gegen einen übermächtigen Feind.
    Die Menschen machen sich auf, sie erreichen die Häfen an der Ostsee, und die Kriegsmarine evakuiert sie in einer gigantischen und überstürzten Rettungsaktion. Der Untergang der ‚Wilhelm Gustloff‘ wird zum Fanal. Beispiel Lodz: Die polnische Stadt ist nach der Eroberung von den Nationalsozialisten kurzerhand in Litzmannstadt umbenannt worden. Polen werden vertrieben, Volksdeutsche in deren Wohnungen angesiedelt. 1945 fliehen die Deutschen. Die Geschichte der Vertreibung der Deutschen beginnt mit der Vertreibung der Polen.
    Beispiel Breslau: Auch diese Stadt wird zur Festung, auch von hier fliehen Hunderttausende gen Westen. Viele Menschen überleben die Flucht nicht. Sie verhungern, erfrieren. Vor allem Frauen werden zum Opfer. Vergewaltigungen durch Soldaten der Roten Armee – eines der dunkelsten Kapitel am Ende des Krieges. An dessen Ende wollen viele in ihre Heimat zurück – vergeblich. Die Flüchtlinge und Vertriebenen sind die letzten Opfer von Hitlers Krieg. Der Film schildert Ursachen und Begleitumstände der millionenfachen Flucht aus dem Osten. (Text: Das Erste)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.03.2001Das Erste
  • Folge 2
    „Vormittags kamen sie um 10:00 Uhr, umstellten das Dorf und da kam einer rein und sagte, wir sollen in einer halben Stunde fertig sein und wir sollen nichts abschließen, alles offen lassen …“ Erika Tomalla aus einem Dorf in Schlesien war im Mai 1945 elf Jahre alt, als sie mit der Familie ihr Zuhause für immer verlassen musste. Sie teilte dieses Schicksal mit insgesamt zwölf Millionen Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verloren. Der Verlust von Besitz und Heimat – oft nur der erste Schritt auf einem langen Marsch in die Ungewissheit. Für viele endete er irgendwo im Westen, jenseits der Oder-Neiße-Linie, für viele aber war er zu Ende, bevor er noch begonnen hatte.
    Erika Tomalla wurde in das Internierungslager Lamsdorf gesteckt und musste dort erleben, wie viele Deutsche zu Tode kamen. Sie starben an Hunger, Krankheit, Epidemien, aber auch durch Gewalt der polnischen Milizen. Für die Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei war die Situation 1945 besonders prekär. Die Gewalt, die Hitler 1938 in die Tschechoslowakei getragen hatte, kehrte sich nun mit ganzer Wucht gegen die besiegten Deutschen. Die so genannten „Roten Garden“ hatten schnell begonnen, das umzusetzen, was der tschechische Präsident Benes im Mai 1945 verkündet hatte: „Es ist klar, dass die Liquidierung der Deutschen hundertprozentig sein muss.“ Die Opfer: Soldaten und Kollaborateure, aber auch Zivilisten.
    Schuldige und Unschuldige. Mit der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 wurde die größte Umsiedlungsaktion der Geschichte festgeschrieben. Betroffen waren zwölf Millionen Deutsche und auch 1,5 Millionen Polen, die große Gebiete Ost-Polens, die Stalin beanspruchte, verlassen mussten. Der „Transfer“ sollte zu Ende geführt werden, fortan etwas geordneter und humaner. Die Alliierten setzten Kommissionen ein, die die Aussiedlungsaktionen überwachten und darauf achten sollten, dass die vereinbarten Mindeststandards eingehalten werden.
    Teil 2 der Dokumentationsreihe fragt nach den Umständen, Motiven und Hintergründen der Vertreibung, der Internierung und Ausweisung von Millionen Deutschen. Einige Orte, an denen sich die Vorgänge besonders deutlich machen lassen, werden ausführlicher behandelt: Lamsdorf, Breslau, Aussig, Brünn. Im Mittelpunkt stehen dabei die deutschen Zeitzeugen mit ihren Erlebnissen, Schicksalen, Biografien – aber nicht nur sie. Wichtig ist, dass polnische und tschechische Betroffene die Ereignisse auch aus ihrer Perspektive schildern. (Text: Das Erste)
    Deutsche TV-PremiereDo 22.03.2001Das Erste
  • Folge 3
    Rund zwölf Millionen Flüchtlinge und Vertriebene musste Deutschland nach dem Krieg aufnehmen. Es gehört zu den großen Leistungen Ost- wie Westdeutschlands, dass diese Integration ohne soziale Unruhen gelang – zu einer Zeit, in der das Land noch schwer vom Krieg gezeichnet war. Am schnellsten reagieren die Behörden in der sowjetisch besetzten Zone. Schon im Herbst 1945 verteilen sie das Land der Gutsbesitzer und der großen Bauern an die Menschen – insgesamt ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der SBZ. In den Westzonen versucht man, die Menschen in den vom Krieg kaum berührten Gebieten von Niedersachsen und Bayern unterzubringen.
    Neben dem Aufbauwillen der Vertriebenen waren es vor allem die Kredite des Marshallplans sowie die Leistungen durch den Lastenausgleich, die den vertriebenen Handwerkern und Unternehmern halfen, sich eine neue Existenz aufzubauen. Meist misstrauisch und auch neidisch beobachtet von den Einheimischen. Und umworben von Parteien und Vertriebenenverbänden, die in den Zeiten des Kalten Krieges das Rückkehrrecht in die Heimat hoch halten, allen politischen Realitäten zum Trotz. Der Film erzählt die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in Ost und West am Beispiel zweier Orte, dem Dorf Kliestow bei Frankfurt/​Oder und Neugablonz, einer Vertriebenensiedlung bei Kaufbeuren in Bayern.
    Und er wirft einen Blick nach Polen, in die schlesische Gemeinde Popielow bei Oppeln, heute Opole, in der noch heute viele Deutsche leben. Seit der Wende sind sie gleichberechtigt. Noch pflegen sie ihre alten Lieder und Bräuche, aber ihr Blick geht in den Westen. Weniger nach Deutschland als vielmehr nach Europa. Mit dem Beitritt Polens zur EU, so glauben viele von ihnen, werden die Wunden der Vergangenheit endgültig verheilt sein. (Text: Das Erste)
    Deutsche TV-PremiereFr 23.03.2001Das Erste

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