Dokumentation in 2 Teilen, Folge 1–2

  • Folge 1 (45 Min.)
    Zu den Vorboten des Frühjahrs gehört das Schneeglöckchen, das sich unbeirrbar ans Tageslicht müht. Doch erst wenn die Sonnenstunden merklich zunehmen und die Schneegrenze immer weiter in die Berggipfel zurückweicht, lässt sich der Frühling nicht mehr aufhalten. Die Flüsse schwellen an, das Grundwasser füllt sich. Im Reich der Tiere herrscht plötzlich rege Betriebsamkeit. Nach und nach legt die Landschaft ihr dunkles Winterkleid ab und präsentiert sich im leuchtend grünen Gewand. Die Zeit der Blüte setzt ein. Auch in der Atmosphäre tut sich etwas: Die Luft wird täglich milder und ist voll von neuartigen Gerüchen. Das Stimmungsbarometer steigt, die Menschen drängen nach draußen, in den Städten pulsiert das Leben.
    Einer, der die Anzeichen der Natur schon früh wahrnimmt, ist Schäfer Johannes Smietana von der Schwäbischen Alb. Er weiß, im Frühjahr ist das Gras am saftigsten und beschert den Lämmern eine besonders eiweißreiche Milch. Spätestens im März machen sich die Bauern ans Werk und bringen die Aussaat in die Erde. Um das Timing der einzelnen Arbeitseinsätze festzulegen, haben sich die Landwirte über Generationen an alten Bauernregeln und am „Hundertjährigen Kalender“ orientiert. Heute verlassen sie sich lieber auf die Vorhersagen des Deutschen Wetterdienstes.
    Lange haben die Wetterkundler nur zwischen meteorologischen und astronomischen Jahreszeiten unterschieden. Inzwischen hilft als dritte Disziplin die Phänologie. Sie sorgt für eine genauere Bestimmung der einzelnen Perioden. Dabei beobachten Forscher die Entwicklungen in der Natur anhand von so genannten Zeigerpflanzen. Sie haben festgestellt, dass in Deutschland und ganz Mitteleuropa nicht vier, sondern zehn Jahreszeiten greifen. Welchen Wert die Methode hat, zeigt sich bei der Berechnung des Frühlings mit Hilfe der Apfelblüte. Je nachdem, wann und wo der Baum anfängt zu blühen, sprechen die Wissenschaftler vom Vollfrühling. Und der beginnt seit geraumer Zeit immer früher und dauert länger, auch wenn jüngste Wetterkapriolen mit verheerenden Hochwassern eher das Gegenteil vermuten lassen.
    Der Sommer wird – zumindest aus astronomischer Sicht – mit der Sommersonnenwende am 21. Juni eingeläutet. Das ist der Tag, an dem die Sonne bei uns am höchsten steht und am längsten scheint. Entsprechend kurz fällt die Nacht aus. In vielen Regionen feiert die Bevölkerung das Ereignis mit einem lodernden Sonnwendfeuer. Juni, Juli, August gehören zur schönsten Zeit des Jahres. Die großen Ferien stehen vor der Tür, die Badesaison erreicht ihren Höhepunkt, und laue Abende laden zum Verweilen im Freien ein. So haben Generationen den Sommer in Erinnerung.
    Doch mit dem globalen Klimawandel haben sich auch die aktuellen Wetterlagen verändert. Einerseits zeigen sie sich weniger stabil, andererseits werden sie immer extremer. So wie 2003, als anhaltende Rekordtemperaturen den Supersommer in eine gesamteuropäische Hitzewelle mit hohen Ozonwerten und zahlreichen Waldbränden verwandelten. Zudem bedrohen immer häufiger heftige Unwetter, begleitet von Tornados und Hagel, weite Gebiete Deutschlands. Das „Terra X“-Team hat einen Piloten bei seinem Einsatz in eine Gewitterfront begleitet, der mit dem Versprühen von Silberjodid Hagelunwetter verhindern soll. Sturmjäger liefern schaurig schöne Bilder von Wirbelstürmen, wie man sie nur in der Karibik oder den USA anzutreffen glaubt. Fast niemand weiß, dass Deutschland mit rund 60 Tornados pro Jahr im internationalen Ranking bereits auf Platz zehn steht. Auch in Zukunft stehen den Deutschen stürmische Zeiten bevor.
    Ende August, nach rund 89 Tagen, kündigt sich bereits der Herbst an. Als Vorspiel entfaltet der Altweibersommer noch einmal seine ganze Kraft – traditionell mit viel Sonne und milden Temperaturen. Die Bauern haben ihre Ernte eingefahren, die Winzer in den Weinbergen fangen erst an. Dank des immer wärmer werdenden Klimas einige Wochen früher als noch vor zehn Jahren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 17.08.2013ZDFneo
  • Folge 2 (45 Min.)
    Die Monate des Herbsts heißen Scheidung, Gilbhart und Nebelung – September, Oktober und November. Sie sind die Monate des Abschieds, der goldgelben Farben, des Nebels. So wie sich der Frühling durch die einsetzende Schneeschmelze ankündigt, läuten die fallenden Blätter den Herbst ein. Damit beginnt in der Natur die größte Umbauaktion des Jahres. Das Gelb, Rot und Braun der Blätter dominiert plötzlich das Landschaftsbild. Die Farben sind die Folge eines Notprogramms im Stoffwechsel der Pflanzen. Damit reagiert die Vegetation auf die abnehmende Tageslänge und die schwindende Lichtausbeute. Das Grün der Photosynthese wird abgebaut. Übrig bleiben gelbe und braune Farbstoffe, die den typischen Look des Herbsts ausmachen. Aber das ist nur eine der vielen Facetten der dritten Jahreszeit.
    Eine andere ist die Landwirtschaft. Selbst im Herbst herrscht dort noch Hochbetrieb. Alle Hände werden gebraucht. Auch bei Winzern wie Kilian Franzen und Angelina Lenz am Calmont an der Mosel, am steilsten Weinberg Europas. Seit einigen Jahren fangen sie mit der Lese immer früher an. Die Klimaerwärmung macht es möglich. Sie sorgt nicht nur für eine zeitigere Fruchtreife, sondern vor allem für neue Rebsorten, wie sie eigentlich nur in Italien oder Frankreich wachsen.
    Ein verlässlicher Indikator, dass sich der Sommer verabschiedet hat, ist der Zug der Kraniche gen Süden. Auf der Ostseehalbinsel Darß fallen sie zu Tausenden ein, um Rast zu machen und Nahrung aufzunehmen. Weiter westlich an den Küsten ziehen langsam frische Winde auf. Manche wachsen zu Orkanen an und fegen über ganz Deutschland hinweg. Die höchste Windgeschwindigkeit mit 263 Stundenkilometern wurde am 24. November 1984 auf dem Brocken gemessen. „Kyrill“ im Jahr 2007 tobte so heftig, dass er Schäden in Höhe von 4,2 Milliarden Euro verursachte. Die Experten vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach prophezeien, dass die Herbststürme in Zukunft an Stärke zunehmen werden.
    Den Winter verbinden wir seit Generationen mit Schnee, Eis und Kälte. Egal ob als Plättchen, Prismen oder Sterne – Schnee fällt stets in anderer Gestalt vom Himmel. Es gibt über 6000 verschiedene Formen. Damit sich die Kristalle bilden können, müssen die Temperaturen in den Wolken zwischen minus vier und minus 20 Grad Celsius liegen. Die weiße Pracht bietet ein idyllisches Bild. Für die Natur ist sie ein willkommener Gast, der Schnee isoliert und schützt den Boden vor der klirrenden Kälte. Eine alte Bauernregel erklärt: „Die Erde muss ein Betttuch haben, soll sie der Winterschlummer laben.“
    Doch der Schein trügt: Der Winter ist der eigentliche Verlierer des Klimawandels. Auch wenn ein Großteil der Deutschen glaubt, der Winter dauere immer länger, ist das Gegenteil der Fall. Schon seit Langem fällt er merklich kürzer und milder aus. Die Entwicklung bleibt nicht ohne Konsequenzen. Der Erwärmungstrend lässt nicht nur das Eis der Arktis schmelzen, sondern auch den einzigen Gletscher in Deutschland – den Schneeferner auf der Zugspitze. Teile des Gletschers wurden 2012 zum letzten Mal im Sommer zum Schutz vor Sonne und Regen abgedeckt – man gibt den Kampf auf, denn retten kann man den Schneeferner nicht mehr. Die Temperaturen spielen dagegen: Im Jahr 2011 wurde an der Zugspitze die höchste Jahresdurchschnittstemperatur seit Aufzeichnungsbeginn, also seit 110 Jahren, gemessen. Richtige strenge Winter bleiben dort seit 20 Jahren aus.
    Die Jahreszeiten befinden sich im Wandel, sie werden wärmer, die Übergänge fließender und plötzliche Wechsel häufiger. Wie extrem die Veränderungen der einzelnen Perioden werden, welche Gewalten uns treffen – darüber streiten die Forscher noch. Ihren ursprünglichen Charakter aber werden Frühling, Sommer, Herbst und Winter trotzdem behalten, denn die Neigung der Erdachse sorgt auch weiterhin für einen verlässlichen Wechsel der Jahreszeiten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 24.08.2013ZDFneo

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