2007, Folge 32–37

  • Folge 32
    Seit der Antike ist die Religion eine Begleiterin aller Reichsbildungen und politischen Umordnungen. Die politische Theologie hat ein immer wiederkehrendes Motiv: es besteht in dem Versuch, den Gott oder die Götter als Alliierte der irdischen Machthaber zu verpflichten. Das Jenseits soll die Erfolgsgeschichte der diesseitigen Macht beglaubigen und verlängern. Ein Phänomen, das heute zumeist in islamischen Ländern zu beobachten ist. Darf man Gott für seine Politik einsetzen? Kritische Theologen bestreiten den Anspruch der Herrschenden, Gott auf ihrer Seite zu haben. Sie wollen Gott höher ansetzen und ihn aus der Allianz mit konkreten imperialen Gebilden befreien – ob sie nun im alten Ägypten und im Mesopotamien Nebukadnezars liegen oder in den Vereinigten Staaten von heute.
    Darf Gott als Parteigänger eines bevorzugten Volkes oder Imperiums erklärt werden? Ist die politisch eingesetzte Religion Mittel der Unterdrückung oder gar Mittel zur Befreiung? Ist es ein Fortschritt, wenn Glaube und Politik getrennt werden? Oder lassen sich kulturelle Werte nur über den Glauben vermitteln? Über diese Fragen diskutieren Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit der Politikerin und Theologin Antje Vollmer und dem Religions- und Kulturwissenschaftler Jan Assmann. Sie werden auch darüber sprechen, ob sich die politische Theologie zur Lösung politischer Probleme im Mittleren und Nahen Osten eignet. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 25.02.2007ZDF
    Mit Dr. Antje Vollmer (Theologin und Politikerin) und Prof. Dr. Dr. Jan Assmann (Religions- und Kulturwissenschaftler)
  • Folge 33
    Über „Nutzen und Nachteil guter Manieren“ diskutiert das „Philosophische Quartett“ am Sonntag, 29. April 2007, 23:50 Uhr im ZDF. Zu Gast bei den Philosophen Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski sind der „Manieren“-Autor Prinz Asfa-Wossen Asserate sowie der Essayist und Schriftsteller Fritz J. Raddatz. Küss die Hand! Bitte nach Ihnen! Darf ich Ihnen weiterhelfen? – Offenbaren sich in solchen Floskeln schon gute Manieren, weiß da einer, „was sich gehört“? Wozu können, wozu sollen gute Manieren heute taugen? Sind sie ein Verhaltenskorsett, das die Entfaltung des Individuums einengt, oder eine Vereinbarung, die den Menschen erst zum gesellschaftlichen Wesen macht? Helfen Anstandsregeln, den zivilen Umgang der Menschen untereinander flexibel zu machen? Und was bedeuten und bewirken offenkundige Verletzungen dieser Übereinkünfte? „Wo die guten Sitten aufhören“, so lehrt Machiavelli, „müssen die Gesetze anfangen“.
    Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski sehen gute Manieren und Respekt füreinander dort, wo der öffentliche Raum in Ansehen steht. Doch für viele haben inzwischen Hemmungslosigkeit und schlechter Geschmack ein gutes Gewissen bekommen. Wird es in Zeiten zunehmender Populationsdichte zu einer Überlebensfrage, ob Manieren und Höflichkeit wieder eine Chance bekommen? Die Diskussion bereichern mit Asfa-Wossen Asserate und Fritz J. Raddatz zwei Experten, die sich der Dialektik des Themas zwischen Wohltat und Provokation bewusst sind: der eine ein kaiserlicher Prinz aus dem einstigen äthiopischen Herrscherhaus, der einen Bestseller zum Thema veröffentlicht hat und die Manieren wieder zum Gegenstand öffentlicher Aufmerksamkeit machte, der andere einer der einflussreichsten deutschen Literaturkritiker, von dem zuletzt die Romantrilogie „Eine Erziehung in Deutschland“ erschienen ist. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 29.04.2007ZDF
    Mit Prof. Dr. Fritz J. Raddatz (Essayist und Schriftsteller) und Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate (Unternehmensberater und Schriftsteller)
  • Folge 34
    Bundespräsident Horst Köhler hat sich entschieden, den wegen vielfachen Mordes einsitzenden, ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar nicht zu begnadigen. Mit der Verweigerung des Gnadenerweises hat der Bundespräsident die Stimmung im größten Teil der deutschen Bevölkerung getroffen, die sich, Umfragen zufolge, bei einer Begnadigung in ihrem Gerechtigkeitsempfinden grob irritiert gesehen hätte. Nun scheint der Rechtsfrieden gewahrt, ein spätes Kapitel in der deutschen Justizgeschichte scheint abgeschlossen. Der unvermittelt auftauchende Schatten jener „bleiernen Zeit“ des Terrors, der sich genau 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ zeigte, scheint nun fast wieder verflogen.
    Aber ist das wirklich so? Ist die deutsche Gesellschaft nicht immer noch befangen in der Aufarbeitung des Symboljahres 1968, auf das sich auch die RAF bezog? Darüber diskutieren zum 40. Jahrestag der Erschießung des Berliner Studenten Benno Ohnesorg, dessen Tod am 2. Juni 1967 zum Fanal des gewaltbereiten studentischen Protestes wurde, Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit Filmregisseur Volker Schlöndorff und „Spiegel“-Kulturchef Matthias Matussek. Schlöndorff, 1939 geboren, hat mit Filmen wie „Deutschland im Herbst“ oder „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ Position bezogen.
    Für Matussek, Jahrgang 1954, Verkünder eines neuen deutschen Patriotismus und Angehöriger einer jüngeren Generation, haben die achtundsechziger Phänomene weitgehend historische Aspekte. Noch immer ist die Bedeutung der 68er-Bewegung umstritten, obwohl deutliche Spuren ihrer Wirkung in der gesellschaftlichen Wirklichkeit deutlich sind. War aber die 68er-Bewegung wirklich Akteur dieser Veränderungen oder nur deren Symptom? Die damaligen Visionen und Utopien, ob töricht oder nicht, sprechen auch für eine Jugendbewegung mit großem romantischen Überschuss, so Safranski und Sloterdijk. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 03.06.2007ZDF
    Mit Matthias Matussek („Spiegel“ – Kulturchef) und Volker Schlöndorff (Filmregisseur)
  • Folge 35
    Aufgeschreckt durch Alarm-Meldungen deutscher Sicherheitsbehörden und Medien, betrachten immer mehr Menschen in unserem Land mit Sorge die Sicherheitspolitik der Bundesregierung. Sie scheint unter der Vorgabe, das Volk vor den überall lauernden Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus schützen zu müssen, Einschränkungen der demokratischen Bürgerrechte für unabdingbar zu halten. Wird bald jeder Bürger zum Verdächtigen werden? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.09.2007ZDF
    Mit Otto Schily (Politiker) und Frank A. Meyer (Journalist)
  • Folge 36
    Das Problem der Einwanderung von Ausländern in Deutschland ist in zweifacher Hinsicht eine Schicksalsfrage der Nation. An der nur zäh vorankommenden Integration ist nicht nur der über lange Zeit konzeptionslose Umgang mit den so genannten Gastarbeitern schuld und die Annahme, dass sich Integration über Jahre automatisch ergeben werde. Hinderlich für eine Einwanderungsgesellschaft ist auch, dass wir Deutsche uns nur schwer zu einem Selbstgefühl durchringen können. „Das ist aber“, so Peter Sloterdijk, „Voraussetzung dafür, Menschen aus anderen Kulturkreisen zu integrieren“.
    Deutschland hat allmählich Abschied genommen von „Multikulti“, das sich zunehmend als Lebenslüge und unbrauchbares, klassenloses Utopia erwiesen hat. Viele Bürger registrieren mit Skepsis den stillen Vormarsch des Islam in unserem Land. 15,3 Millionen Ausländer – in der Mehrheit Türken – leben unter uns. Ihre Integration in unseren Staat ist die zentrale Herausforderung der Gesellschaft. Warum tun sich die Deutschen so schwer mit der Integration? Warum ist immer noch das Gefühl unterentwickelt, dass Einwanderer eine Bereicherung unserer Gesellschaft sein können? Darüber diskutieren im „Philosophischen Quartett“ die Moderatoren Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit zwei Zuwanderern: der Sozialwissenschaftlerin und prominenten Frauenrechtlerin Necla Kelek, die in der Türkei geboren wurde, sowie dem Schriftsteller Maxim Biller, der in einer jüdischen Familie in Prag aufwuchs.
    Der soziale Konfliktstoff lässt sich leicht an ein paar beunruhigenden Fakten ablesen.
    Die Sozialhilfequote bei den Deutschen liegt bei etwa 2,5 Prozent, bei den in Deutschland lebenden Ausländern hingegen bei rund 9 Prozent. Und: bei den 15- bis 29-jährigen Deutschen sind derzeit etwa 8 Prozent ohne Ausbildung, bei den ausländischen Jugendlichen jedoch rund 30 Prozent. Bei einem derartigen Missverhältnis darf eine Hochrechnung durchaus als alarmierend empfunden werden, der zufolge im Jahre 2015 der Ausländeranteil unter den Jugendlichen in deutschen Großstädten 50 Prozent ausmachen wird.
    Viel zu lange hat es die Bundesrepublik versäumt, aktiv die Bildungschancen der Migranten zu fördern, um damit überhaupt eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen. Trotz der spürbaren Anstrengung der Regierung, den Migrantinnen und Migranten mit Hilfsprogrammen und Dialog-Angeboten die Aufnahme zu erleichtern, will die wechselseitige Annäherung von Mehrheitsgesellschaft und Migranten nicht glücken. Der Prozess der Absonderung hat zu Ghettobildung und Parallelgesellschaften geführt; das Kopftuch ist eines der bewusst gesetzten Abgrenzungssymbole, so Peter Sloterdijk.
    Viele Zuwanderer tun sich schwer, die deutsche Sprache zu lernen. Dabei ist erwiesen, dass Sprachkenntnisse stärker als alles andere für die Integration ausschlaggebend sind. Sicher ist jedenfalls, dass der Wunsch, die deutsche Sprache zu lernen, ein Beweis für die Integrationsfähigkeit ist. So lässt sich auch der mit einer heftigen Diskussion begleitete Moschee-Bau in Köln interpretieren. Als Integrationsanstrengung und als hoffnungsvolle Aussage der Eingewanderten: Wir wollen sesshaft werden! (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 28.10.2007ZDF
    Mit Necla Kelek (Schriftstellerin) und Maxim Biller (Journalist)
  • Folge 37
    Deutsche TV-PremiereSo 25.11.2007ZDF
    Mit Monika Maron (Schriftstellerin) und Prof. Dr. Wilhelm Schmid (Philosoph und Glücksforscher)

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