Dokumentation in 3 Teilen, Folge 1–3

  • Folge 1
    Eine lange Reise geht zu Ende: Fast 30 Jahre, nachdem Anouschka Renzi mit ihrer Mutter Eva in einem Ford Transit nach Indien fuhr, bringt sie – noch immer das Mädchen auf dem Beifahrersitz – ihrer Ma das Auto zurück nach Berlin. Dabei passiert das Fahrzeug auf deutschen Autobahnen zahlreiche Orte, die an Ereignisse und Personen der 70er Jahre erinnern: Den letzten erkennbaren Baghwan-Kiosk in Köln, Hochhausblocks in Chorweiler, Gelsenkirchen (Heimat des Schalke 05!?!), das Kamener Kreuz (völlig verlassen am autofreien Sonntag), Braunschweig (erste Trikotwerbung im Profisport) und den ehemaligen DDR-Grenzübergang Helmstedt. Unterwegs überholt Anouschka mit dem Transit Krautrockbands auf dem Weg zum Auftritt in der Schulaula, hört Gitte und Willy Brandt im Autoradio, sinniert über das Schauma-Schönheitsideal und winkt den Hippies am Straßenrand.
    An den Abfahrten nach Dortmund und Hamburg warten zwei weitere Personen, die über ihr Leben in den Siebzigern berichten: Liedermacher Hannes Wader und Bühnentechniker Manfred Grashof. Der eine, Wader, schaut als singender Stargast bei einer Veranstaltung der DKP vorbei, seiner ehemaligen politischen Heimat, berichtet über das „Anders-sein-wollen“ seiner Generation und outet sich gleichzeitig als Fernsehjunkie. Der andere, Grashof, kehrt zurück vor das Haus, in dem sich 1972 nach einer Schießerei mit der Polizei sein ganzes Leben änderte: Als verurteilter RAF-Terrorist hörte er vom Rest des Jahrzehnts nur noch etwas im Radio, in seiner Zelle im Knast. Davon erzählt er – allein auf der Bühne des Berliner GRIPS-Theaters.
    Während Anouschka Renzi unterwegs alte Lieder singt, alte Spiele spielt und alte Klamotten trägt, resümiert ihre Mutter Eva daheim als Buchautorin über Kultur, Musik und Fernsehen dieser Zeit („Dalli Dalli“, „Daktari“, „Sportschau“, „Das Blaue Palais“, Pink Floyd, ABBA etc.). Un die Geschichte ihres eigenen Freiheitsdranges: Wie sie als Starschauspielerin und Moderatorin der ersten Eurovisionssendung („Gala-Abend der Schallplatte“) auf der Suche nach sich selbst vor der Presse floh. Und das, nachdem sie im Durbridge-Straßenfeger „Das Messer“ ausgerechnet eine Journalistin gespielt hatte.
    Was ist geblieben, von dem Wunsch nach Freiheit und Veränderung? Zum Ende bekommt Eva das Auto zurück und bricht wieder auf … (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 26.08.2003ZDF
  • Folge 2
    Ein roter Golf Cabrio führt zurück durch die 80er Jahre: die Zeit der großen Serien, der großen Shows, der Familien-Unterhaltung, der Anfang von „Wetten, dass …?“, die Zeit, von der Thomas Gottschalk in diesem Film behauptet, er sei dort steckengeblieben: „Ich mir ja sozusagen als typischer 80er-Jahre-Moderator bis ins Jahr 2003 treu geblieben – und die Wetten ebenso!“
    Der Schauspieler Uwe Bohm steuert den sprichwörtlichen Golf durch Hamburg und lässt wichtige Stationen seines Lebens Revue passieren: Hafenstraße, Schauspielhaus, Schanzenviertel, zurück zu seinem Stiefvater Hark Bohm, dessen große Kinofilme der Dekade immer wieder Deutschland neu erzählten. Auf einem Lotsenschiff im Hamburger Hafen sinnt er über seine Erlebnisse der 80er nach. „Wasser“ war sein bestimmendes Element jenes Jahrzehnts. Immer wieder Wasser: „Das Boot“ und „Cap Anamur“, Streik auf der Danziger Werft und der Untergang der Exxon Valdez, Uwe Barschel in der Badewanne, aber auch „Das Traumschiff“ und andere Endlos-Serien im Fernsehen. Die Sicht auf ein Jahrzehnt aus dem Blick zweier Generationen. In den letzten Einstellungen treffen sich Uwe und Hark Bohm am Hafen …
    Doch zuvor macht Uwe Bohm einen Abstecher nach Berlin, wohin er in den 80ern oft geflogen ist. Dort treffen wir Inge Humpe, damals Sängerin der „Neonbabies“ und mit DÖF die Nr. 1 („Düse im Sauseschritt“), heute in den Charts mit „2raumwohnung“ – und Bernd Michael Lade, den Leipziger Tatort-Kommissar und in den 80ern Ostpunker und Sänger/​Schlagzeuger der Band „Antifaschistischer Schutzwall“.
    Bernd Michael Lade, gelernter DDR-Bauarbeiter, verrät die Tricks, mit denen man sich als Jugendlicher in der DDR einen Krankenschein erschleichen und blau machen konnte. Er besucht am Prenzlauer Berg zum ersten Mal nach 20 Jahren wieder den alten Probenraum seiner Band. Dort gibt es noch die Graffitis, die er als 16-Jähriger an die Wand sprayte. Noch einmal fährt er an den Auftrittsorten seiner Punk-Band, den Ost-Berliner Kirchen, vorbei, dort, wo auch die „Toten Hosen“ gespielt haben. Noch einmal tummelt er sich auf dem Alexanderplatz, dort, wo er oft von den Volkspolizisten schikaniert und verhaftet wurde.
    Bernd Michael Lade findet es cooler, im Osten Punk gewesen zu sein als im Westen. „Im Westen durfte man zwar alles sagen, aber keiner hörte zu“. Im Osten war es so, wie es ein Song beschreibt, den er mit 16 schrieb: Überall, wohin’s dich führt, wird dein Ausweis kontrolliert./​Egal, wohin man schaut, sind Kameras aufgebaut./​Begleiten dich auf Schritt und Tritt./​Die Sicherheit geht mit.
    In einem Berliner Sushi-Laden treffen wir Inga Humpe, die in den 80er Jahren mit ihrer Schwester das Lied „Yamaha“, eine reine Aufzählung japanischer Markenwaren, sang. Sie verrät, dass die 80er Jahre das anstrengendste Jahrzehnt ihres Lebens war und sie es sich auf keinen Fall zurückwünscht. In der Automatenbar, einem Club im Stil der 80er Jahre, steht sie an den Turntables und mixt nicht nur ihre aktuelle Musik, sondern kramt ihre allererste Platte der „Neonbabies“ hervor, noch selbst beschriftet und das Cover aus schwarzer Pappe selbst gefaltet.
    Und Thomas Gottschalk erinnert, mit ungewohnter Nostalgie, seine Highlights in „Wetten, dass …?“, der Kultsendung der Generation Golf. Obwohl Gottschalk nie einen Golf fuhr. Sowohl bei Autos als auch bei Frauen bevorzugt er runde Formen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDo 28.08.2003ZDF
  • Folge 3
    Eine Reise durch die 90er Jahre per Smart, Moped und Eisenbahn. Sascha Berger fährt in einem Smart von Berlin, wo er seine Jugend verbracht hat, nach Zweibrücken, wo seine Eltern, Cindy und Bert, auf ihn warten.
    Sascha – ein Kind der 90er, liebt die Bücher „Generation X“ und „High Fidelity“, spielte Streetball, hörte Grunge, war computerspielsüchtig. Für ihn ging es in der 90ern bergauf. „Es ging eigentlich nur bergauf, alles klappte“. Sein Höhepunkt: seine Komposition für die Titelmusik zur zweiten Big Brother-Staffel „Zeig mir dein Gesicht!“ Sascha erinnert sich an die 90er in Berlin, zum Beispiel an die größte Loveparade aller Zeiten, 1997, mit über 1 Million Jugendlicher. Und er erinnert sich an den Fall der Mauer, an die ersten Ossis in seiner Klasse in Berlin.
    Für Cindy und Bert waren die 90er Jahre ein großartiges Jahrzehnt. Das Traumpaar der 70er, das sich schmerzlich in den 80ern trennte, feierte in den 90ern ihr Comeback. Dieter Thomas Heck war es, der die beiden auf der Bühne wieder zusammenbrachte. Die größte Fan-Gemeinde haben sie in den neuen Bundesländern. In ihren Schränken stapelt sich das Meißener Porzellan, von den Gagen alter Ost-Auftritte bezahlt.
    Cosma Shiva Hagen, das bekannte Kind der bekannten Mutter, lebte in den 90ern überwiegend auf Ibiza, der Freak-, Post-Hippie und DJ-Insel des letzten Jahrzehnts. Sie ist der Gegenpol zu Sascha: weiblich, ausgestiegen, kosmopolitisch, in Amerika geboren, aufgewachsen in London, Paris, Hamburg und auf Ibiza, damals noch ohne Erfolg. Cosma fährt wie in den 90ern mit einem Moped über die Insel – „ich war 12 und fuhr ohne Führerschein“ – zeigt uns die Strände ihrer Erinnerung: wo Mutter Nina Punkerhochzeit feierte, den Trommelstrand, wo sie malte, das Café del mar, die Buddha-Bar. Hier erinnert sie sich an Goa-Events und schrille Outfits der Techno-Szene. Jeder DJ, der etwas auf sich hielt, legte hier auf Ibiza auf.
    Kemal Akman alias Mixter führt in den Underground der 90er. Während Cosma sich in Discos herumtrieb, verbrachte Mixter seine Jugendzeit vor dem Rechner, angefangen mit dem klassischen C 64. Typisch für die 90er: Auch seine Eltern trennen sich, er wächst bei seiner Mutter auf, die ihren türkischen Mann verlässt. Mixters Geschichte zeigt, dass Kinder plötzlich ihren Eltern überlegen sind und ihnen im Computerzeitalter viel vormachen können. Mixter dringt in Datenbanken großer Firmen und Sender ein und wird 2000 vom Landgericht Hannover zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Man hält ihm zugute, dass es bei ihm keine kriminelle Energie war, die ihn zum Hacken verleitete, sondern spielerischer Ehrgeiz. Heute ist Kemal Akman auf der anderen Seite: Er entwirft Kryptograph Programme, die das Hacken in bestimmten Bereichen unmöglich machen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 02.09.2003ZDF

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Alles kommt wieder online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…